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Serie: Zahl des Tages (19) 30 Tage nach der Wahl

Eric Matt

Manchmal sagen Zahlen mehr als Worte: Die mitmischen.de-Zahl des Tages zeigt euch den Bundestag aus einem ganz anderen Blickwinkel – und nebenbei erfahrt ihr interessantes Schlaumeier-Wissen. Heute geht’s um den ersten Monat nach der Wahl.

Grafik der Zahl 30, darunter ein Rednerpult und Zuhörer_innen

© DBT, Grafik: Ronny Pietsch

Politik, Medien und Gesellschaft: Fast jeder spricht gerade über den 26. September – den Tag der Bundestagswahl. Viele rätseln, wer wohl das Rennen für sich entscheidet. Aber was dann? Wie geht es danach weiter? Wann trifft sich der neue Bundestag zum ersten Mal? Wann steht die neue Regierung? Bei all diesen Fragen spielt der 30. Tag nach der Wahl eine entscheidende Rolle – unsere Zahl des Tages.

Wer hat es geschafft?

Bevor der neue Bundestag seine Arbeit aufnehmen kann, muss erst mal geklärt werden, welche Parteien es überhaupt ins Parlament geschafft haben. Dies steht einen Tag nach der Wahl endgültig fest – also am 27. September. Wichtig ist dabei die sogenannte Fünfprozenthürde. Sie bedeutet, dass eine Partei mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen benötigt, um in den Bundestag einzuziehen.

Politikwissenschaftler bezeichnen diese Hürde auch als „Sperrklausel“. Wenn eine Partei also nur 4,9 Prozent der Stimmen holt, darf sie keine Abgeordneten in den Bundestag entsenden. Erste Ausnahme: Wenn eine Partei drei Direktmandate über die Erststimme holt, kann sie auch in den Bundestag einziehen. Zweite Ausnahme: Die Partei ist eine gewählte Minderheitenpartei, für die die Sperrklausel entfällt.

Exkurs: Video zur Erst- und Zweitstimme

© DBT/mitmischen.de

Erstes Treffen innerhalb von 30 Tagen

Können die Gewählten gleich loslegen? Nein. In den ersten Tagen nach der Bundestagswahl ändert sich zunächst einmal nichts. Beispielsweise bleibt Angela Merkel (CDU) vorübergehend sowohl Abgeordnete als auch Bundeskanzlerin, obwohl sie für beides nicht mehr kandidiert. In Artikel 39 Absatz 2 des Grundgesetzes steht: „Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach der Wahl zusammen.“ Und bis es so weit ist, bleibt sowohl beim Bundestag als auch im Kabinett, der Bundesregierung, alles beim Alten. Selbst Abgeordnete, die nicht mehr antreten oder den erneuten Einzug in den Bundestag verpassen, bleiben in dieser Zeit unsere Volksvertreter.

Spätestens am 30. Tag nach der Wahl treffen sich die neuen Abgeordneten dann zum ersten Mal, die alten verlieren ihr Mandat. Dieses erste Zusammentreffen der Parlamentarier nennt man konstituierende Sitzung.

To-do-Liste für Tag 1

Eröffnet wird die erste Sitzung durch einen sehr erfahrenen Politiker beziehungsweise eine sehr erfahrene Politikerin: den sogenannten Alterspräsidenten – oder eben die Alterspräsidentin. Diese Person ist das dienstälteste Mitglied des Bundestages, also jemand, der schon sehr viel Parlamentserfahrung hat – und natürlich die Aufgabe auch übernehmen möchte. Der Alterspräsident bzw. die Alterspräsidentin leitet dann die erste Sitzung.

Und dort finden zunächst einmal einige Wahlen statt: Die Mitglieder des neuen Bundestages wählen

  • erstens einen Bundestagspräsidenten oder eine Bundestagspräsidentin, also sozusagen die Person, die an der Spitze des Hohen Hauses steht,

  • zweitens Stellvertreter

  • und drittens Schriftführer.

Außerdem gibt sich der neue Bundestag eine Geschäftsordnung. Das sind die Regeln, nach denen in den darauffolgenden Jahren im Parlament gearbeitet wird.

Hinter den Kulissen geht’s rund

Zu dieser Zeit tut sich hinter den Kulissen ebenfalls eine ganze Menge. Parteien, die eventuell eine gemeinsame Regierung bilden möchten, führen sogenannte Sondierungsgespräche. Diese Gespräche könnt ihr euch ein bisschen wie Speeddating vorstellen: Sie sind unverbindlich und potenzielle Koalitionspartner lernen sich näher kennen. Dabei versuchen die Parteien, Gemeinsamkeiten aber auch Streitpunkte herauszufinden und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Sie suchen Kompromisse für ein etwaiges Bündnis.

Sondierungsgespräche können sich über mehrere Wochen ziehen. Als zum Beispiel die gut vierwöchigen Sondierungsgespräche 2017 zwischen CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen scheiterten, lag die Wahl schon knapp zwei Monate zurück.

Erst Verhandeln, dann Vertrag(en)

Während die Sondierungsgespräche noch ein gegenseitiges Beschnuppern sind, geht es bei den anschließenden Koalitionsverhandlungen richtig zur Sache. Immerhin haben dort alle Parteien ein klares Ziel vor Augen: den Koalitionsvertrag. Die Spitzenpolitiker, die am Tisch sitzen, gehen ins Detail. Sie handeln aus, welche konkreten Ziele sie gemeinsam anstreben, welche Gesetze sie planen, wer welchen Ministerposten besetzen wird und – logisch – wer Regierungschef oder -chefin werden soll. Dies alles kann dann noch mal ordentlich Zeit kosten.

Steht eine Koalition, trifft sich der Bundestag zur Wahl des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin. Dann kann die neue Regierung loslegen.

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
Mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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