Regierungsbefragung „Extremismus in allen Bereichen entschlossen bekämpfen“
Der Krieg in der Ukraine habe massive Auswirkungen auf die innere Sicherheit, erklärte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gestern im Bundestag. Das betreffe den „Kraftakt“ der Aufnahme von mehr als einer Million Geflüchteten ebenso wie Cyber-Angriffe und Desinformationskampagnen.
Sitzungswochen im Bundestag beginnen in der Regel am Mittwoch mit einer Regierungsbefragung im Plenarsaal. Dafür stehen neuerdings immer zwei Mitglieder der Bundesregierung zur Verfügung. Diese Woche beantworteten Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) die Fragen der Abgeordneten.
Innenministerin: „Hass und Hetze konsequent den Nährboden entziehen“
In ihrem Eingangsstatement betonte Faeser, der Krieg in der Ukraine habe Auswirkungen auf „nahezu alle Bereiche der inneren Sicherheit“. Mehr als eine Million Menschen seien aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet, „vor allem Frauen und Kinder“. Es sei ein „Kraftakt“ gewesen, sie aufzunehmen. Sie habe aber eine „gewaltige Solidarität“ wahrgenommen, für die sie dankbar sei.
Die Cyber-Angriffe auf Deutschland hätten seit Kriegsbeginn eine „komplett neue Dimension“ bekommen: „Angriffe pro-russischer Hacker haben massiv zugenommen.“ Deshalb brauche es „starke und handlungsfähige Sicherheitsbehörden“. Der Angriff Russlands bedrohe die Demokratie, etwa durch Desinformationskampagnen. Es sei ihr Ziel, so die Ministerin, „Extremismus in allen Bereichen entschlossen zu bekämpfen“ und „Hass und Hetze konsequent den Nährboden zu entziehen“. Ein wichtiger Schritt sei das Demokratiefördergesetz. Der Entwurf dafür wird diese Woche in erster Lesung im Bundestag beraten.
Entwicklungsministerin: „Unser Ziel ist nachhaltige Sicherheit“
„Entwicklungspolitik ist nachhaltige Sicherheitspolitik“, erklärte Schulze im Bundestag. Ihr Ministerium habe die Ukraine mit mehr als 650 Millionen Euro unterstützt. Das Geld sei etwa in Medikamente, Wasser, Stromversorgung und Schutzausrüstung geflossen: „Dadurch konnten Menschenleben gerettet werden.“
„Wir denken die Sofortprogramme und den Wiederaufbau der Ukraine schon zusammen“, erklärte die Ministerin. „Die Ukraine glaubt an eine bessere Zukunft und Deutschland steht ihr solidarisch zur Seite, denn unser Ziel ist nachhaltige Sicherheit.“
Union: „Warum ignorieren Sie die Hilfeschreie der Kommunen?“
Stephan Mayer (CDU/CSU) erklärte, die Kommunen seien mit der Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine überfordert. „Warum ignorieren Sie die Hilfeschreie der Kommunen?“, wollte er von der Innenministerin wissen.
Dieser Darstellung widersprach Faeser. Sie ignoriere die Kommunen keineswegs: „Im Gegenteil, wir handeln.“ Der Bund übernehme viele der Kosten und unterstütze die Kommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten.
Grüne thematisieren Integrationskurse
Filiz Polat (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßte es, dass beim Flüchtlingsgipfel der Innenministerin auch die Integrationsminister und -ministerinnen der Länder dabei gewesen seien. Die Sprach- und Integrationskurse, die der Bund finanziere, seien „eine wichtige Grundvoraussetzung für den Start in Deutschland“. Allerdings gebe es für Integrationskurse mit Kinderbetreuung hohe bürokratische Hürden, so Polat.
Faeser versprach, „offene Fragen“ bei den Integrationskursen anzugehen und Hürden abzubauen.
AfD kritisiert den „enttäuschenden“ Flüchtlingsgipfel
Gottfried Curio (AfD) hingegen vertrat die Ansicht, der Flüchtlingsgipfel sei „enttäuschend“ gewesen, da er auf die „explodierenden Flüchtlingszahlen“, die Finanzierung der „Menschenmassen“ und die illegale Einwanderung keine Antworten gegeben habe.
Faeser forderte Curio auf, seinen Sprachgebrauch bei diesem Thema zu überdenken. Der Hauptgrund für die Überlastung der Kommunen, stellte sie klar, sei der Krieg in der Ukraine, nicht etwa illegale Einwanderung. Acht von zehn Geflüchteten kämen derzeit aus der Ukraine. Die Probleme, die sich daraus ergeben würden, gehe ihr Ministerium an.
SPD fragt nach Reform des Bundespolizei-Gesetzes
Uli Grötsch (SPD) wollte wissen, wie weit die Bundesregierung mit der geplanten Reform des Bundespolizei-Gesetzes sei und wann der erste Entwurf im Bundestag besprochen werden könne.
Faeser antwortete, die Bundespolizei verdiene „ein zeitgemäßes Gesetz“. Sie sei „zuversichtlich“, dass der Entwurf „zeitnah“ in den Bundestag kommen werde. Es gehe darin um technische Rahmenbedingungen, aber auch darum, den Beamten den Rücken freizuhalten.
Linke thematisiert Tarifverhandlungen
Janine Wissler (Die Linke) sprach die aktuellen Streiks des öffentlichen Dienstes an. Man habe den „systemrelevanten“ Berufsgruppen in der Pandemie „mehr Respekt“ versprochen. Nun bekämen sie für das aktuelle Jahr gerade mal eine Lohnerhöhung von drei Prozent angeboten. Das sei „faktisch eine Lohnsenkung“, weil die Erhöhung „unterhalb des Inflationsausgleichs“ liege. Wissler wollte wissen, wie sich das mit dem „Versprechen auf mehr Respekt“ in Einklang bringen lasse.
Die Innenministerin erklärte, es werde „hohe Einmalzahlungen“ geben, um die Inflation auszugleichen. Sie gehe nicht davon aus, dass die Inflation dauerhaft so hoch bleiben werde.
FDP spricht europäische Migrationspolitik an
Ann-Veruschka Jurisch (FDP) sprach Faeser auf das Treffen der EU-Innenminister an. Sie wollte wissen, wie es um die freiwillige Solidarität der EU-Staaten in Sachen Geflüchtetenaufnahme stehe und ob Frankreich Deutschland in grenznahen Regionen entlasten könne.
Faeser antwortete, es sei ein wichtiges Ziel der EU, ein gemeinsames Asylsystem zu entwickeln. Ihr sei dabei unter anderem die einheitliche Registrierung und das Screening von Geflüchteten an der EU-Grenze wichtig.
Fragen an die Entwicklungsministerin
Alle drei Koalitionsfraktionen sprachen die Entwicklungsministerin auf das Thema feministische Entwicklungspolitik an.
Schulze nannte es „ein Gebot der Vernunft“, Frauen „und ihr Know-how“ in der Entwicklungspolitik einzubeziehen. Das führe nachweislich zu besseren Entwicklungen in Ländern des globalen Südens. Ihr Ministerium habe deshalb das Ziel, die Rechte von Frauen in diesen Ländern zu stärken, dafür zu sorgen, dass ihnen Mittel der Entwicklungshilfe zukämen, und ihre Repräsentanz zu stärken.
Hier seht ihr die Regierungsbefragung im Video: