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Richter Wer darf entscheiden bei „Alarmstufe rot“?

Eric Matt

Feuerrot sind ihre Roben und das ist kein Zufall. Es droht Gefahr, wenn sie gerufen werden: Gefahr für unsere Grundrechte oder die Regeln, nach denen unser Staat funktioniert. Die Rede ist von den Richtern des Bundesverfassungsgerichts. Wie werden sie gewählt? Das erfahrt ihr hier.

Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichtes in roten Roben

16 Richterinnen und Richter gehören dem Bundesverfassungsgericht an. © picture alliance/dpa/Uli Deck

Bestimmt kennt ihr die Bilder von Richterinnen und Richtern in roten Roben. Das sind die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts. Und die sind wichtig, sehr wichtig sogar. Neben dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung und dem Bundespräsidenten ist das Bundesverfassungsgericht das fünfte Bundesverfassungsorgan.

Warum sind die so wichtig?

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist das höchste und wichtigste Gericht in Deutschland. Es hat seinen Sitz im badischen Karlsruhe – und ist somit ziemlich weit weg vom politischen Berlin. Das ist auch gut so, denn das BVerfG ist unabhängig von den Politikerinnen und Politikern sowie deren Parteien. Wer dort arbeitet, hält sich nicht an Ideologien, Meinungen, Stimmungen oder Gefühle. Sondern an Regeln, und zwar die, die im wichtigsten Gesetz Deutschlands stehen: dem Grundgesetz.

Das höchste Gericht hat durch seine Entscheidungen sehr viel Macht in Deutschland. Seit seiner Gründung im Jahre 1951 ist es ein wichtiger Bestandteil der sogenannten Gewaltenteilung. Soll heißen: Die Macht ist in Deutschland auf drei Bereiche verteilt, einer davon ist die Rechtsprechung und dazu gehört das BVerfG.

Das machtvolle Gericht besteht aus insgesamt 16 Richterinnen und Richtern, die sich in zwei Senate aufteilen. Die zwei Senate sind für unterschiedliche Fragestellungen zuständig.

Was sind die Aufgaben?

Wie der Name vermuten lässt, passen die Verfassungsrichter auf unsere Verfassung auf – also auf das Grundgesetz. Warum muss man darauf aufpassen, mag der eine oder die andere sich fragen. Ganz einfach: Im Grundgesetz stehen unser aller Grundrechte, die Meinungsfreiheit zum Beispiel oder die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Außerdem steht darin, wie der Staat organisiert ist. Beides soll niemand so leicht über den Haufen werfen können.

Dabei hat das Gericht zwei Hauptaufgaben:

  • Bei der ersten geht's um die Bürger. Das Gericht entscheidet über sogenannte Verfassungsbeschwerden. Hierbei kann jede Bürgerin und jeder Bürger beim Gericht eine Beschwerde einreichen, wenn er glaubt, in seinen Grundrechten verletzt worden zu sein. Jährlich gibt es rund 6000 Verfassungsbeschwerden – wovon aber 99 Prozent scheitern, da das Gericht gar nicht zuständig ist.

  • Bei der zweiten geht's um neue Regeln. Das Gericht entscheidet über sogenannte abstrakte Normenkontrollen. Dies sind Kontrollen, ob ein bereits verabschiedetes Gesetz verfassungsgemäß ist. Falls das Gericht entscheidet, dass das Gesetz verfassungswidrig ist, kann es das Gesetz für ungültig erklären.

Übrigens: An einem Urteil des Verfassungsgerichtes kann niemand etwas ändern – auch Parlament und Regierung nicht. Denn die Entscheidungen sind unanfechtbar und jedes Verfassungsorgan ist daran gebunden.

Beispiel Beschwerde

Hier mal ein Beispiel für eine denkbare Verfassungsbeschwerde. Wir haben es uns zur Veranschaulichung ausgedacht.

Eine Lehrerin vermutet, dass sie nur deshalb eine Stelle nicht bekam, weil sie als Zeichen ihres Glaubens ein bestimmtes Symbol an einer Kette trägt. Sie legt daher beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde ein. Sie glaubt, in ihren Grundrechten aus Artikel drei Absatz drei des Grundgesetzes verletzt worden zu sein: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Außerdem denkt die Lehrerin, dass auch ihr Recht auf Religionsfreiheit aus Artikel vier verletzt sei. Falls das BVerfG der Lehrerin Recht gibt, erhält sie nachträglich doch noch die Arbeitsstelle oder bekommt eine Entschädigung.

Beispiel Kontrolle

Und auch hier ein ausgedachtes Beispiel:

Die Partei Kunterbunt glaubt, dass ein vom Parlament neu verabschiedetes Gesetz verfassungswidrig ist, da es die Todesstrafe einführt. Die Partei glaubt, das Gesetz könnte gegen Artikel eins unserer Verfassung verstoßen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Daher fragt Partei Kunterbunt das BVerfG, ob dieses das Gesetz überprüfen könnte. Falls das Gericht der Meinung ist, dass das neue Gesetz verfassungswidrig ist, erklärt es dieses für ungültig – wodurch die Todesstrafe wieder abgeschafft würde.

Wer wählt die mächtigen Richter?

Das Bundesverfassungsgericht wird jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Dieses Verfahren soll sicherstellen, dass das Gericht indirekt vom Volk legitimiert ist. Die im Bundestag gewählten Richter müssen von einer Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt werden. Dadurch soll gewährleistet sein, dass die Verfassungshüter möglichst unparteiisch sind. Ein gewählter Richter oder eine gewählte Richterin kann höchstens für zwölf Jahre im Amt bleiben. Um Verfassungsrichter zu werden, muss man 40 Jahre alt sein, die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und Volljurist sein – also beide juristischen Staatsexamen gemacht haben.

Bundestag wählte Wahlausschuss

Im Bundestag bereitet der Wahlausschuss vor, wer Verfassungsrichter werden soll. Er ist dafür da, dem Plenum einen geeigneten Kandidaten vorzuschlagen, wenn einer der Richterposten neu zu vergeben ist. Diesen Vorschlag bestätigt das Plenum in der Regel dann auch mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Der Bundestag wählte Ende Januar nun die neuen Mitglieder des Wahlausschusses. In dieser Legislaturperiode sind folgende Abgeordnete im Wahlausschuss: Sonja Eichwede, Katja Mast, Rolf Mützenich, Dirk Wiese, Dr. Johannes Fechner (alle SPD), Thorsten Frei, Ansgar Heveling, Alexander Dobrindt (alle CDU/CSU), Britta Haßelmann, Renate Künast (beide Bündnis 90/Die Grünen), Johannes Vogel (FDP) und Fabian Jacobi (AfD).

Mehr erfahrt ihr auf bundestag.de.

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
Mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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