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Infektionsschutzgesetz Neue Corona-Regeln

Maskenpflicht nur noch in Krankenhäusern, Pflegeheimen und öffentlichen Verkehrsmitteln, Abstandsregeln nur noch in Hotspots – über die neuen Corona-Regeln gab es im Parlament heftigen Streit.

Junge Frau mit Schutzmaske im Zug

Im Zug gilt weiterhin die Maskenpflicht, an vielen anderen Orten wird sie bald entfallen. © picture alliance/Eibner-Pressefoto/Weber

Wie geht's weiter mit den Corona-Regeln? Das wissen wir seit vergangenem Freitag. Bundestag und Bundesrat beschlossen an dem Tag eine Änderung des sogenannten Infektionsschutzgesetzes. Seit Sonntag gelten die neuen Schutzmaßnahmen.

Dennoch ist nicht plötzlich alles anders. Die Bundesländer können die bisherigen Regeln bis Anfang April übergangsweise weiter anwenden – und sehr viele tun das auch. Danach tritt an die Stelle der bisherigen Beschränkungen eine Art Basisschutz. Schärfere Maßnahmen dürfen die Länder nur für sogenannte Hotspots anordnen.

Dem Beschluss des Bundestages gingen zwei lebhafte Debatten voraus. Die alten Regelungen liefen am 19. März aus. Deshalb war der Ablauf im Bundestag eng getaktet: Am Mittwoch vergangener Woche wurde der Entwurf in erster Lesung beraten. Am Freitag folgten dann gleich die zweite und dritte Lesung. Im Gesundheitsausschuss hatte es schon am Montag zuvor eine Anhörung zu den geplanten Änderungen gegeben.

Was besagen die neuen Regelungen?

Die Corona-Maßnahmen wurden deutlich gelockert. Die Bundesländer können jetzt nur noch einen sogenannten Basisschutz anwenden. Der beinhaltet vor allem eine Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Einrichtungen mit besonders gefährdeten Menschen wie Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Die Testpflicht kann weiter in Krankenhäusern und Pflegeheimen sowie in Schulen und Kitas durchgeführt werden.

Strengere Maßnahmen können für Hotspots angewandt werden, wo das Corona-Virus sich besonders schnell ausbreitet und den örtlichen Krankenhäusern eine Überlastung droht. Ein neuer Hotspot muss von dem jeweiligen Landesparlament als solcher bestimmt werden. Dort sind dann auch wieder Abstandsregeln, 2G- oder 3G-Nachweise und weitergehende Maskenpflichten möglich.

Das neue Gesetz ist bis zum 23. September befristet.

Gesundheitsminister: „Schwerer Kompromiss“

Nicht nur aus der Opposition gab es Kritik, auch aus den Wortbeiträgen von SPD und Grünen hörte man heraus, dass einige sich weitergehendere Regelungen gewünscht hätten.

„Die Pandemie ist leider nicht vorbei“, betonte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu Beginn seiner Rede. „Wir brauchen weitere Schutzmaßnahmen und sind nicht an dem Punkt, über einen Freedom Day sprechen zu können.“ Darüber könne man nur reden, wenn eine allgemeine Impflicht beschlossen würde.

Lauterbach sprach von einem „schweren Kompromiss darüber, was wir den Menschen noch zumuten können, die seit langem die Schutzregeln beachten. Wir sprechen aber nicht über einen Kompromiss zwischen dem Team Vorsicht und dem Team Freiheit“, sagte Lauterbach. Derzeit drohe keine Überlastung der Krankenhäuser, deshalb sei die neue Gesetzeslage gerechtfertigt.

CDU/CSU: „Chaos mit Ansage“

Timo Sorge (CDU/CSU) wies darauf hin, dass alle Ministerpräsidenten sich kritisch zu der neuen Rechtsgrundlage geäußert hätten. Ein Kritikpunkt: Es sei nicht klar, was ein Hotspot genau sei oder was die Formulierung „besonders hohe Neuinfektionen“ konkret bedeuten würde. „Es ist Chaos mit Ansage. Es ist ein einziger unklarer Rechtsbegriff. Wir werden über das Gesetz bald wieder diskutieren müssen“, so Sorge.

Die Union brachte zwei Anträge zum Thema ein. Im ersten Antrag forderte die Fraktion, das Corona-bedingte Elterngeld zu verlängern. Der zweite Antrag sieht einen Corona-Bonus für weitere Berufsgruppen im Gesundheitsbereich neben den Boni für Pflegekräfte vor, zum Beispiel für Mitarbeiter von Rettungsdiensten. Der erste Antrag wurde abgelehnt, der zweite an den Gesundheitsausschuss überwiesen.

Grüne: „Wir hätten uns mehr gewünscht“

Auch Kirstin Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen) empfindet den Gesetzentwurf als Kompromiss, das wurde in ihrer Rede deutlich: „Aus meiner Sicht als Ärztin und aus Sicht meiner Fraktion braucht es für einen guten Infektionsschutz mehr als das, was wir hier heute debattieren.“ Es sei kein Geheimnis, dass die Grünen sich mehr gewünscht hätten. Aber Demokratie erfordere Kompromisse. Und: „Kein Gesetz wäre wesentlich schlechter gewesen als dieses“, so Kappert-Gonther. „Der Worst-Case wäre gewesen, alle Schutzmaßnahmen auslaufen zu lassen.“

AfD: „Beruhigungspille“

Christina Baum (AfD) kritisierte die Corona-Politik der letzten beiden Jahre grundsätzlich. Es habe nie eine Überlastung der Intensivstationen gegeben, es gebe auch keine Beweise, dass die Schutzmaßnahmen wirklich wirkten. Die negativen Auswirkungen auf Kinder wie auf die gesamte Gesellschaft seien dagegen nicht zu übersehen, so Baum. Das Gesetz nannte sie „nichts weiter als eine Beruhigungspille“.

Ein Entschließungsantrag der AfD, in dem sie unter anderem ein Ende der „diskriminierenden Maßnahmen für Ungeimpfte“ forderte, wurde abgelehnt.

FDP: Zurück zum Alltag

Lukas Köhler (FDP) betonte, es dürften nur solche Freiheitseinschränkungen beschlossen werden, die „absolut notwendig“ seien. Das wichtigste Kriterium dafür sei die Überlastung der Krankenhäuser. Das sei zum Anfang der Pandemie anders gewesen, man habe dazu gelernt.

Das Gesetz sorge für den nötigen Schutz und ermögliche es andererseits den Menschen, wieder in den normalen Alltag zurückzukehren, sagte Köhler.

Linke fordert „klare Wenn-Dann-Regeln“

Susanne Ferschl (Die Linke) kritisierte die neue Gesetzeslage als handwerklich und inhaltlich schlecht gemacht. Trotzdem habe man sie im „Schweingalopp“ durchgesetzt, so Ferschl. Für das Beschließen eines Bonus für Pflegekräfte brauche die Regierung dagegen Monate. „Sie schaffen die Maskenpflicht ab, aber diskutieren über eine allgemeine Impfpflicht, die weitaus freiheitseinschränkender sei als Maskentragen.“

Auch Die Linke hatte einen Entschließungsantrag eingebracht, der abgelehnt wurde. Sie hatte darin „klare Wenn-Dann-Regeln“ gefordert, um zukünftige Infektionswellen zu meistern.

Am Ende ging die Abstimmung relativ knapp aus: 388 Abgeordnete stimmten für den Entwurf, 277 dagegen, zwei enthielten sich.

Hier seht ihr die Debatte vom Freitag im Video:

(jk)

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