Debatte Opposition möchte Breitensport stärken
Eric Matt
Schwimmbäder schließen, Sportplätze verlottern, Hallen verkommen – der Zustand deutscher Sportstätten war Thema im Bundestag. Die Opposition will sie sanieren und den Breitensport fördern.
Sport verbindet, Sport macht zufrieden und Sport macht gesund. Für viele Sportarten – beispielsweise Handball, Turnen oder Leichtathletik – brauchen wir aber erst mal die passenden Anlagen, um uns überhaupt sportlich betätigen zu können.
In Deutschland ist das mit den Sportanlagen jedoch so eine Sache: Viele der insgesamt 231.000 Sportstätten sind veraltet und sanierungsbedürftig, was laut des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) rund 31 Milliarden Euro kosten würde. Mit dieser Problematik und wie man Breitensport – also Amateursport – allgemein fördern kann, beschäftigte sich kürzlich der Deutsche Bundestag. Dabei ging es um verschiedene Oppositionsanträge, wobei die Abgeordneten vor allem über einen Antrag der Fraktion Die Linke debattierten.
Was schlägt die Linksfraktion vor?
Die Fraktion Die Linke möchte mit ihrem Antrag „zehnmal eine Milliarde für Sportstätten in Deutschland“ ausgeben. Die Linksbgeordneten wollen dies im Zuge eines sogenannten „Dritten Goldenen Plan Sports“ erreichen.
Zur Erklärung: Ein „Goldener Plan Sport“ hat das Ziel, den Sportstättenmangel in Deutschland zu beheben – beispielsweise also veraltete Turnhallen und Sportplätze zu sanieren oder auch neue Schwimmbäder zu bauen. In der Vergangenheit gab es bereits zwei „Goldene Pläne Sport“: Der erste Plan galt für die Jahre 1960 bis 1975 und der zweite für 1976 bis 1992. Darüber hinaus gab es einen „Goldenen Plan Ost“, um speziell die ostdeutschen Länder zu fördern.
Nun möchte die Linksfraktion einen „Dritten Goldenen Plan Sport“ ins Leben rufen, mit dem der Bund ab 2021 zehn Jahre lang jährlich eine Milliarde ausgeben soll. Im Mittelpunkt der Sanierung von Sportstätten stünden dabei „energetische Maßnahmen sowie die Schaffung von Barrierefreiheit“. Barrierefrei bedeutet, dass beispielsweise auch Menschen mit Behinderung die Sportstätten ohne Hindernisse oder fremde Hilfe nutzen können.
Die Linksfraktion möchte außerdem in allen Schulklassen drei Unterrichtsstunden Sport pro Woche einführen sowie „allen Schülerinnen und Schülern die Teilnahme am Schwimmunterricht ermöglichen“.
Was Experten über den Zustand der Sportstätten in Deutschland denken, könnt ihr hier nachlesen:
FDP fordert extra Sportministerkonferenz
Auch die FDP-Fraktion brachte einen Antrag ein, der den „Erhalt der Breitensportlandschaft in Pandemiezeiten“ sichern soll, da durch die Coronakrise „die Gefahr der Erosion der Basis des Breitensports“ bestehe. Die FDP-Abgeordneten fordern daher beispielsweise eine außerordentliche Sportministerkonferenz, um über die pandemiebedingten Schäden zu sprechen. Eine Sportministerkonferenz besteht aus den jeweiligen Landesministern und dem Bundesminister. Der zuständige Bundesminister ist aktuell Horst Seehofer (CSU).
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in ihrem Antrag, ein „Transparenzportal für die Spitzensportförderung des Bundes“ einzurichten. Der Titel des AfD-Antrags zum Thema lautet „Gewährleistung des Vereinssports für Kinder und Jugendliche und Ermöglichung von Senioren-Gruppengymnastik während Corona“. Der Antrag der AfD-Fraktion wurde in Erster Lesung beraten und an den Sportausschuss zur Beratung überwiesen. Alle weiteren Anträge der Oppositionsfraktionen wurden mehrheitlich abgelehnt. Wie die Debatte im Plenarsaal des Deutschen Bundstages verlief, lest ihr im Folgenden.
CDU/CSU fordert digitalen Sportstättenatlas
„Die lange fehlenden Bewegungsangebote verstärken die bekannten Probleme wie Übergewicht, schlechte Kondition, schlechte Koordination. Von den psychologischen, pädagogischen und sozialen Wirkungen will ich gar nicht reden“, erklärte der CDU/CSU-Abgeordnete Eberhard Gienger mit Blick auf die Coronakrise. Sobald es das Infektionsgeschehen zulasse, brauche es im Sport eine „starke Initiative für einen schnellen Neustart“.
Gienger sprach sich außerdem für einen „digitalen Sportstättenatlas“ aus. Ein solcher Atlas würde beispielsweise konkrete Informationen enthalten, wie viele Sportstätten es in ganz Deutschland gibt, wie sie beschaffen, genutzt und gefragt sind.
AfD: „Liegestütze statt Lockdown“
„Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Die Linke kann ideologiefreie Sachpolitik, und die AfD stimmt zu“, sagte Jörn König von der AfD-Fraktion. So sei es eine gute Idee, zehn Jahre lang eine Milliarde Euro in Sportstätten zu investieren, denn es müsse „der Notfallmodus aktiviert werden, um die Versäumnisse der letzten 30 Jahre zu korrigieren“. Bis zum Jahre 2017 nämlich seien die Bundesausgaben für Sport auf unter 0,05 Prozent des Gesamtetats gesunken.
Höhere Sportausgaben hälfen auch gegen Corona: „Sport ist Teil der Lösung und stärkt das Immunsystem, dazu weitere Prophylaxe wie Vitamin D im Winterhalbjahr, und wir können gestärkt die Covid-Krankheit besiegen. Liegestütze statt Lockdown.“
SPD: „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“
Der SPD-Abgeordnete Mahmut Özdemir bezeichnete die Oppositionsanträge als Luftschlösser. Zehnmal eine Milliarde Euro auszugeben, klinge zwar gut, sei „aber viel heiße Luft. Es ist nicht alles Gold, was glänzt“. So sei beispielsweise mehr Geld oder eine höhere Transparenz nicht „allein das, was unser Sportdeutschland braucht“.
Anstatt höhere Ausgaben des Bundes zu fordern, sprach sich Özdemir für eine größere Eigenverantwortung der Länder und Kommunen aus: „Ich frage mich, wie das alles gehen soll, wenn wir nicht die Kommunen in die Lage versetzen, das zu tun, wofür sie eigentlich da sind: kommunale Daseinsvorsorge zu betreiben für Jugend, für Sport, für Kultur.“
FDP: Nischendasein und Sparflamme
„Es muss alles getan werden, um die Breitensportlandschaft in der Pandemie zu unterstützen und auch für die Zeit nach der Pandemie zu erhalten“, erklärte Britta Katharina Dassler von der FDP-Fraktion. Sie habe jedoch teilweise den Eindruck, dass das Thema Sport „ein Nischendasein in unserer Politik einnimmt“. Laut Dassler werde Breitensport „auf Sparflamme betrieben, anstatt die starke Bedeutung für die Gesundheit zu erkennen“.
Sie kritisierte, dass die Pandemiehilfen für den Sport bisher nicht ausreichend seien. „Wir benötigen ein kurzfristiges Handeln des Bundes zusammen mit Ländern und Kommunen, um den Breitensport finanziell nicht im Regen stehen zu lassen“, so Dassler.
Linke: Goldener Plan keine Erfindung der Linken
André Hahn von der Fraktion Die Linke erklärte, dass ein „Dritter Goldener Plan Sport“ keine Erfindung der Linken sei, sondern auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dies schon mal vorgeschlagen habe. „Alle warteten darauf, dass Seehofer liefert. Als ein halbes Jahr lang nichts geschah, hat Die Linke einen eigenen Vorschlag unterbreitet“, so Hahn.
Jährlich würden rund 100 Bäder schließen und „rund 60 Prozent der zehnjährigen Kinder können nicht sicher oder gar nicht schwimmen“. Dies sei ein erschreckender Befund. Auch Sporthallen oder Sportplätze seien „teilweise nur noch unter unzumutbaren Bedingungen nutzbar, manche müssten eigentlich baupolizeilich gesperrt werden“.
Grüne: Ziel der Linken greift zu kurz
„Nicht nur Corona bedroht den Breitensport. Es sind auch die maroden Sportstätten. Wir haben einen Sanierungsstau aufgetürmt, der unsere Breitensportinfrastruktur in erheblichem Maße bedroht. Das Ziel, das die Linke hier verfolgt, ist richtig, aber es greift zu kurz“, sagte Erhard Grundl von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
So bedürfe es beispielsweise einer länderübergreifenden Sportstättenstatistik, um detaillierte und belastbare Erhebungen zu erhalten. Zukünftig müssten Sportstätten auch umweltverträglich und multifunktional sein. Laut Grundl benötige es einen Paradigmenwechsel. Er forderte: „Schaffen Sie ein Transparenzportal. Legen Sie einen jährlichen Sportförderbericht vor.“
Die komplette Debatte findet ihr wie immer auf bundestag.de und könnt sie euch auch im folgenden Video anschauen.
Eric Matt
... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.