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Freiwilligensurvey Immer mehr junge Menschen engagieren sich

Lucia Parbel

Ob im Sportverein, der Obdachlosenhilfe oder bei der Feuerwehr: Rund 40 Prozent der Menschen in Deutschland engagieren sich in ihrer Freizeit für einen guten Zweck. Was noch im Deutschen Freiwilligensurvey steht, der im Bundestag besprochen wurde, lest ihr hier.

Übungseinsatz der Jugendfeuerwehr

Wasser marsch: Viele Jugendliche engagieren sich ehrenamtlich bei der Freiwilligen Feuerwehr. © picture alliance/Benjamin Beytekin

Ob Schülersprecherin, Betreuer auf Kinderfreizeiten, Trainerin im Sportverein, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr oder Mitarbeiter an der Essensausgabe für Bedürftige – das alles sind Beispiele für freiwilliges Engagement. Aber wie viele Menschen übernehmen solche Aufgaben in ihrer Freizeit? Was macht die Menschen aus, die sich in ihrer Freizeit für die Gesellschaft einsetzen? Gibt es Unterschiede zwischen Jugendlichen und Erwachsenen? Antworten auf diese Fragen gibt der fünfte Deutsche Freiwilligensurvey.

Was ist der Deutsche Freiwilligensurvey?

Der Deutsche Freiwilligensurvey ist eine Befragung von Menschen in Deutschland über 14 Jahren. Die Befragungen werden seit 1999 durchgeführt. Die Befragten geben unter anderem Antworten darauf, in welchem Bereich, wie stark und seit wann sie sich freiwillig engagieren. Die wissenschaftliche Arbeit hinter der Studie verantwortete für 2019 das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA), gefördert wird sie vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Der aktuelle Bericht, der im vergangenen März veröffentlicht wurde, fasst die Ergebnisse der Befragung von 2019 zusammen. Online und in Kurzform ist er auf der Website des BMFSFJ zu finden.

Was steht drin?

Die Zahlen zeigen: Die sogenannte „Engagementquote“ steigt. Das heißt: Immer mehr Menschen in Deutschland engagieren sich in ihrer Freizeit für einen guten Zweck. Insgesamt waren es für 2019 rund 28,8 Millionen Menschen. Das sind 39,7 Prozent aller befragten Deutschen ab 14 Jahren. Seit der ersten Befragung ist dies ein Anstieg um fast zehn Prozentpunkte, denn 1999 waren es noch 30,9 Prozent. Erstmals engagierten sich 2019 fast so viele Frauen wie Männer freiwillig.

Ein weiteres Ergebnis: Unterschiede gibt es zum Beispiel beim Bildungsabschluss: Menschen mit hoher Schulbildung engagieren sich häufiger freiwillig als Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss.

Unterschiede gibt es auch zwischen den Generationen: Am stärksten engagieren sich die 30- bis 49-Jährigen mit 44,7 Prozent. Bei den 14- bis 29-Jährigen liegt der Anteil der Engagierten nur knapp darunter bei 42 Prozent. Seit 1999 ist die Engagementquote in allen Altersgruppen gestiegen, am stärksten bei den Menschen über 65 Jahren. Von ihnen engagieren sich aktuell 31,2 Prozent, vor 20 Jahren waren es nur 18 Prozent. In der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen gab es den deutlichen Anstieg um rund 10 Prozentpunkte erst nach 2009: von 31,8 Prozent in 2009 auf heutige 42 Prozent Engagierte.

Auch dazu, wie oft und wo freiwilliges Engagement ausgeübt wird, gibt es Erkenntnisse: Engagierte verwenden heute anteilig weniger Zeit auf ihr Engagement als vor 20 Jahren, nämlich aktuell bis zu zwei Stunden pro Woche. Und: Über die Hälfte (57 Prozent) der Engagierten nutzen das Internet im Rahmen der freiwilligen Tätigkeiten. Diese Menschen beteiligen sich beispielsweise an Blogs und Sozialen Medien, erstellen Newsletter oder betreuen die Websites ihres Vereins oder ihrer Organisation.

Im Bundestag haben Experten die Ergebnisse Ende April in einer öffentlichen Anhörung des Unterausschusses für bürgerschaftliches Engagement diskutiert.

Viele junge Menschen engagieren sich

Dass sich deutlich mehr jüngere als ältere Menschen engagieren „erstaunt mich immer wieder“, sagte Prof. Dr. Clemens Tesch-Römer vom DZA. Er vermutete, dass es für Ältere weniger vielfältige Möglichkeiten für Engagement gebe als für junge Menschen.

Katja Hintze, Vorstandsvorsitzende der Stiftung Bildung, kann diesem Ergebnis etwas Gutes abgewinnen: Man könne „stolz darauf seien“, dass junge Menschen die zweitgrößte Gruppe der freiwillig Engagierten sind. Denn: Es sei wichtig, dass Kinder und Jugendliche früh lernten, ihr Leben mitzugestalten und sich „selbstwirksam“ zu fühlen. Selbstwirksamkeit bedeutet, darauf zu vertrauen, dass man eine Handlung erfolgreich ausführen kann. Menschen, die sich selbstwirksam fühlen, nehmen eher etwas in die Hand und übernehmen Verantwortung und Aufgaben – für sich und für andere.

Männer und Frauen machen verschiedene Dinge

Die Entwicklung, dass Frauen sich etwa gleich viel wie Männer engagieren, lobte Tesch-Römer: „Das ist eine gute Nachricht.“ Denn gesellschaftliches Engagement sei eine wichtige Form der Teilhabe an der Demokratie und müsse darum für Männer und Frauen gleich zugänglich sein. Aber es gibt auch dort Unterschiede. Zum Beispiel übernehmen Frauen mehr Aufgaben im sogenannten Bildungsengagement, also in Schule oder Kita. Männer hingegen setzen sich stärker in der Politik, im Unfall- oder Rettungsdienst oder in der Freiwilligen Feuerwehr ein.

Katja Hintze sagte, dass die Arbeit im Bildungsengagement mehr Anerkennung bekommen müsse. Sie forderte, dass Auszeichnungen wie das Bundesverdienstkreuz auch für herausragende Erfolge in diesem Bereich häufiger vergeben werden sollten.

Bildungsschere ist aufgegangen

Beim Bildungsabschluss zeigt sich, dass sich mehr Menschen engagieren, die einen hohen Bildungsabschluss haben. Das sei jetzt noch deutlicher als noch vor 20 Jahren, sagte Tesch-Römer. Er finde es „hochproblematisch“, dass die Bildungsschere so sehr aufgegangen sei. Er glaube nicht, dass die Unterschiede daher kommen, dass die verschiedenen Gruppen so unterschiedliche Interessen hätten. Es gebe viel mehr „tatsächlich Hürden, sich freiwillig zu engagieren.“

Die Expertinnen und Experten waren sich einig, dass nicht alle Menschen die gleichen Chancen hätten, am gesellschaftlichen Zusammenleben teilzuhaben. Und dass mehr Möglichkeiten für Zugänge zum freiwilligen Einsatz für die Gesellschaft geschaffen werden müssten. Gerade in Krisenzeiten wie jetzt während der Coronapandemie sei freiwilliges Engagement umso wichtiger, weil es den Zusammenhalt und die Demokratie stärke, betonte Katja Hintze. Sie finde es deshalb sehr wichtig, dass freiwilliges Engagement inklusiver wird. Das heißt: einfacher zugänglich für alle Menschen, egal welches Alter, welches Geschlecht, welche Voraussetzungen oder welche Herkunft sie haben.

Folgen der Coronakrise noch unklar

Da die Zahlen aus 2019 stammen, gibt der Freiwilligensurvey keine Antworten darauf, wie sich das Engagement durch die Pandemie verändert. Auf diese Zahlen müsse man noch ein bisschen warten bis nach der Pandemie, sagte Dr. Christoph Steegmans vom BMFSFJ. Er betonte, wie aufwändig diese Studie jedes Mal sei. Nach dem Ende der Pandemie könne man auch die Folgen dieser besser überblicken.

Dr. Ansgar Klein, Hauptgeschäftsführer des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) hob hervor, wie wichtig diese Informationen seien. „Wir fürchten schon, dass ein Teil der organisierten Zivilgesellschaft durch Corona wegbrechen könnte.“ Etwa im Bereich Sport, so der Experte. Zahlen zum tatsächlichen Einfluss der Pandemie seien nötig, um einen großen Einbruch des Engagements zu verhindern.

Mehr zur Anhörung lest ihr auf bundestag.de, zum Anschauen gibt es sie hier:

Mitmischen-Autorin

Lucia Parbel

... studiert in Stuttgart Landwirtschaft und liebt Rap und Kino. Sie treibt sich viel auf politischen Veranstaltungen rum, ab und an organisiert sie auch welche.

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