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Freiwilliger Helfer „Wir machen coole Sachen“

Luca Samlidis

Brennende Scheunen einreißen, LKW zerlegen, die Polizei unterstützen: André ist 20 und einer von rund 80.000 ehrenamtlichen Helfern des Technischen Hilfswerks (THW) in Deutschland.

Frewilliger in THW-Montur.

„Man erlebt viel und gibt anderen etwas zurück, das tut gut“, sagt André über sein Engagement beim THW. © privat

Dass André sich ehrenamtlich für seine Mitmenschen einsetzt, kommt wohl nicht von ungefähr. „Der Großteil meiner Familie war bei der Feuerwehr engagiert“, erzählt der 20-Jährige stolz. In seiner Familie ist er der Erste, der seinen Dienst nicht in Feuerwehr-Schwarz, sondern in THW-Blau ableistet.

Und das hat seinen Grund, erinnert sich André zurück: „Das THW hat es mir schon im Winter 2006 angetan.“ Damals sei der Winter sehr schneereich gewesen und das THW habe geholfen, die Schneemassen zu beseitigen. „Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich in dieser Situation diesen riesigen Radlader gesehen. Der Bagger hat mich so sehr begeistert, dass ich unbedingt zum THW wollte“, schmunzelt André, der den Radlader nun vielleicht bald selbst bewegen darf.

„Fachgruppe Räumen“

„Die Aufgabe des THW ist, allen anderen Behörden und Hilfsorganisationen unter die Arme zu greifen“, fasst André zusammen. Dabei gehe es nicht selten um Katastrophenlagen. Die Arbeit sei „total vielfältig“, vom Einreißen einer brennenden Scheune über das Ausleuchten von Gebäuden für die Polizei bis hin zur Absicherung einsturzgefährdeter Häuser. „Auch bei Hochwasserlagen sind wir vor Ort, unter anderem wenn schweres Gerät bewegt werden muss“, erklärt er.

Von der Feuerwehr unterscheide sich das THW etwa darin, dass „nicht jeder alles macht“ – es gebe verschiedene Fachgruppen, die besondere Expertisen haben. André gehört zur sogenannten „Fachgruppe Räumen“ des Ortsverbandes Schwelm, das am unteren Ende des Ruhrgebiets in Nordrhein-Westfalen liegt. „Wir treten auf den Plan, wenn etwas Schweres bewegt werden muss“, erklärt der junge THW-Helfer, der im Moment hauptberuflich als Soldat auf Zeit für die Bundeswehr arbeitet. Er erinnert sich an eine Situation, in der er mit seinen Kollegen einen brennenden LKW auseinandernehmen musste, damit die Feuerwehr ihre Löscharbeiten fortsetzen konnte.

Die klassische „Basis-Fachgruppe“, wie André sie zur Erklärung nennt, ist die Fachgruppe „Bergen“: „Jeder Ortsverband hat so eine.“ Die Hauptaufgabe dieser Gruppe sei das Retten von Menschen oder die Bergung von Gegenständen.

THW-Mitarbeiter seilt sich von einem Gebäude ab.

André bei einer Übung. © privat

Einsätze können ganze Nächte dauern

„Das THW kann viel. Wenn ein Krankenhaus eine Stromversorgung braucht, können wir das zum Beispiel vorübergehend leisten“, erklärt André. Und wenn die Feuerwehr mal einen „langen Einsatz“ habe, stünden die Ehrenamtler des THW „auch mal die ganze Nacht dabei“. Was dem 20-Jährigen gefällt: „Wir haben ziemlich viele Gestaltungsmöglichkeiten, können uns auf Einsätze vorbereiten und übernehmen selbst ziemlich viel organisatorische Verantwortung.“ Auch junge Helfer würden gut darauf vorbereitet.

Auch außerhalb von direkten Gefahrenlagen ist das THW im Einsatz. Im Rahmen der sogenannten „Amtshilfe“ unterstützen staatliche Einrichtungen und Institutionen sich gegenseitig. Es kann also vorkommen, dass ein Fahrzeug des Technischen Hilfswerks einen Karnevals- oder Kirmeszug absichert oder Helfer bei Baumfällarbeiten unterstützen.

Retten, sichern, stützen

Wichtig für die Bundesbehörde in Blau ist auch, dass die Jugendarbeit möglichst gut funktioniert. Schon früh können Kinder und Jugendliche so den Grundstein für eine spätere Grundausbildung legen und die ältere Helfergeneration unterstützen. Vor ein paar Jahren war André noch selbst in der Jugend seines Ortsverbandes, jetzt organisiert er die Jugenddienste sogar ab und an mit. „Wir nähern uns den Themen teilweise auch spielerisch. Aber insgesamt geht es schon um eine möglichst gute Vorbereitung für die folgende Ausbildung“, beschreibt er das Konzept.

Mit den Kindern und Jugendlichen werde besprochen, was beim richtigen Retten, Sichern und Stützen zu beachten sei. Zum Beispiel anhand des korrekten Aufstellens von Leitern. Und auch Grundlagen der Ersten Hilfe werden vermittelt. Dabei versuchen die Jugendleiter, das Verhältnis zwischen Theorie, Spiel und Praxis möglichst ausgewogen zu halten. „Für die Jugendlichen ist es ein schöner Ausgleich zur Schule“, weiß André aus eigener Erfahrung.

Seine Motivation möchte er den jungen Rettern mit auf den Weg geben. Zurzeit kommen in seinem Ortsverband regelmäßig etwa 15 Jugendliche zu den monatlichen Treffen, die vier bis sechs Stunden dauern. Sobald sie 17 Jahre alt werden, sind sie zur Grundausbildung zugelassen. Mit 18 Jahren können die jungen Erwachsenen dann im aktiven Dienst durchstarten, sagt André, der seit 2019 auf Einsätze fährt.

Porträt von André.

So sieht André ohne THW-Kluft aus. Auch nach seiner Ausbildung bei der Bundeswehr will er als Freiwilliger dabei bleiben. © privat

„Mehr bekommen, als ich gegeben habe“

Die vielen Jahre beim THW seien sehr lehrreich gewesen, sagt der junge Helfer. Das Wichtigste für ihn waren aber nicht „die expliziten Skills“, wie beispielsweise beim Arbeiten unter Atemschutz oder der Kettensägenführung, sondern „dass ich mir jetzt selbst Dinge erarbeiten kann“. Reparaturen im eigenen Haushalt seien für ihn häufig kein Problem und auch wenn mal ein Auto abgeschleppt werden muss, ist André gerne zur Stelle.

Für seine Ausbildung ist er dankbar: „Man macht Sachen, die man sonst nie machen würde, die sind teilweise richtig cool.“ Wertschätzung sei zwar "immer schön", seinen Dienst leiste er aber nicht aus diesem Grund. „In manchen Punkten finde ich, dass gar keine gesonderte Wertschätzung nötig ist. Ich bekomme teilweise mehr, als ich gebe“, betont er.

Manche Fähigkeiten aus der Ausbildung habe er im Einsatz bisher beispielsweise noch nicht anwenden müssen. Die Atmosphäre im Team beschreibt er als „sehr freundschaftlich“. Nach den Diensten, die immer an einem Samstag im Monat stattfinden, sitze man auch schon mal zusammen und verbringe privat etwas Zeit miteinander. „Wenn es mit den Leuten nicht stimmen würde, würde ich das gar nicht machen.“

Ziel: Ein Beruf in Uniform

Auch in Zukunft möchte André beim THW mitarbeiten. „Ich weiß aber jetzt noch nicht, wohin es nach der Bundeswehr geht“, so der junge Soldat, der zurzeit in Augustdorf bei Bielefeld stationiert ist. Für ihn ist klar: „Es wird ein Beruf in Uniform sein.“ Er wünscht sich, dass mehr junge Menschen die Wichtigkeit von Einrichtungen wie dem THW erkennen und sich ehrenamtlich engagieren. „Die noch jüngere Generation hat da scheinbar nicht mehr so viel Interesse“, sagt er. Ein Grund dafür könnte auch die Verlagerung des sozialen Lebens ins Internet sein: „Fast all das, was Jugendliche früher im Verein gesucht und gefunden haben, findet man jetzt online.“

André findet das schade, denn: „Das Engagement im THW ist eine tolle Abwechslung zum Berufs- und Schulwesen. Man erlebt viel und hat Möglichkeiten, die man im zivilen Leben nicht hat. Und natürlich gibt man den Menschen in seinem Umfeld etwas zurück, das tut gut.“

Portraitfoto von mitmischen-Autor Luca Samlidis
Mitmischen-Autor

Luca Samlidis

..spricht fließend studentisch und lebt auf dieser Welt seit kurz vor der Jahrtausendwende. Fühlt sich erwachsen - trinkt aber keinen Kaffee. Seit Jahren querbeet als Journalist und Moderator aktiv und wohnt mittlerweile in Bonn am Rhein. Großer Fan von politischem Engagement.

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