Parlament Heike Heubach hält erste Bundestagsrede in Gebärdensprache
Applaus im Plenarsaal des Deutschen Bundestages, doch nichts ist zu hören. Denn als Reaktion auf die erste Rede von Heike Heubach, der ersten gehörlosen Bundestagsabgeordneten, erhoben die anwesenden Abgeordneten die Hände zum Gebärdenapplaus. In Heubachs Rede in Gebärdensprache ging es um die Modernisierung des Baugesetzbuches.
Die Gebärde für Applaus sitzt, bei den meisten zumindest. Hochgestreckte, winkende Hände. Mit stillem und lautem Beifall haben die Parlamentarier am Donnerstag, den 10. Oktober 2024, die Rede der ersten gehörlosen Abgeordneten im Deutschen Bundestag quittiert. Im März war Heike Heubach (SPD) als Nachrückerin ins Parlament eingezogen, nun hat sie zum ersten Mal während einer Plenardebatte am Pult gebärdet. Eine Premiere, nicht nur für Heubach: Es war die erste Bundestagsrede in Gebärdensprache.
„Das ist schon ein ganz besonderer Moment, denn an dieser Stelle zeigen wir, dass wir unsere Gesellschaft noch ein Stück besser repräsentieren können im Deutschen Bundestag“, sagte Parlamentsvizepräsidentin Aydan Özoğuz (SPD), bevor sie Heubach während der Aussprache zur geplanten Novellierung des Baugesetzbuches das Wort für ihre allererste Rede im Bundestag erteilte. Die Sozialdemokratin aus Bayern sitzt für ihre Fraktion im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen, in dem der Regierungsentwurf federführend beraten werden soll. Ihre Rede in Gebärdensprache übersetzte eine Simultandolmetscherin im Plenarsaal in gesprochene Sprache.
Die gelernte Industriekauffrau Heike Heubach war bei der Bundestagswahl 2021 für die SPD im Wahlkreis Augsburg-Land angetreten, hatte den Einzug ins Parlament allerdings knapp verpasst. Vor rund einem halben Jahr dann übernahm sie den Platz von SPD-Politiker Uli Grötsch, nachdem dieser zum Polizeibeauftragten des Bundes berufen worden und aus dem Bundestag ausgeschieden war.
Bas: Wir schreiben Geschichte
Mit den Worten „Heute schreiben wir tatsächlich Geschichte“ hatte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) die SPD-Abgeordnete zu Beginn der 160. Sitzung am 21. März im Parlament begrüßt. „Wir freuen uns sehr auf die Kollegin und auf ihre Arbeit hier im Haus.“ Neben Bas eine Gebärdensprachdolmetscherin, die ihre Willkommensworte übersetzte. „Endlich konnte ich die Debatten live verfolgen“, sagte Heubach später der Deutschen Presse Agentur. „Nicht aus der Distanz im Fernsehen, sondern wirklich mittendrin zu sein, war ein besonderes und aufregendes Gefühl.“
Für ihre Arbeit im Parlament stehen der 44-Jährigen Dolmetscher zur Seite, die der Abgeordneten das Gesagte in Gebärde und, umgekehrt, ihre Gebärden in Lautsprache übersetzen. Im Plenum machen sie Heubach die Reden ihrer Kolleginnen und Kollegen verständlich und stehen bereit, sollte sie eine Zwischenfrage stellen wollen.
Plenardebatten in Gebärdensprache
In Deutschland leben dem Deutschen Gehörlosen-Bund zufolge etwa 80.000 gehörlose Menschen. Um ihnen und Menschen, deren Hörvermögen stark eingeschränkt ist, einen besseren Zugang zu Informationen über das Parlament und seine Arbeit zu ermöglichen, gibt es die Webseite des Bundestages in Deutscher Gebärdensprache (DGS).
In Sitzungswochen überträgt das Parlamentsfernsehen die wichtigsten Plenardebatten am Donnerstag- und Freitagvormittag – die sogenannten Kernzeitdebatten – in der Regel ab 9 Uhr live in DGS. Auch ausgewählte Veranstaltungen wie Gedenkstunden werden live in Gebärdensprache ausgestrahlt. Anschließend stehen die DGS-Videos, die durch das Logo für die Deutsche Gebärdensprache gekennzeichnet sind, auf der Internetseite in Gebärdensprache zum nachträglichen Abruf bereit.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf bundestag.de.