Nach der Wahl Wie geht es jetzt weiter?
Laura Heyer
Der Bundeswahlleiter hat das vorläufige Ergebnis bestätigt: Die SPD ist stärkste Kraft im Bundestag, die Union landet auf Platz zwei. Auch Grüne, FDP, AfD und Die Linke sind wieder im Bundestag. Und nun heißt es bei allen Parteien: Neu sortieren! Wer soll die Fraktionen im Bundestag führen? Und wer kann sich mit wem auf eine Koalition einigen?
Der oberste Aufseher über die Wahl, Bundeswahlleiter Georg Thiel, hat es noch einmal bestätigt: Die stärkste Kraft im neu gewählten 20. Bundestag ist die SPD. Sie erzielte bei der Bundestagswahl am 26. September 25,7 Prozent der Zweitstimmen. Die Unionsfraktion kommt auf 24,1 Prozent der Zweitstimmen.
Bündnis 90/Die Grünen sind mit 14,8 Prozent der Zweitstimmen drittstärkste Kraft im Bundestag. Damit lösen sie die AfD auf diesem Platz ab. Es folgen die FDP mit 11,5 Prozent und die AfD mit 10,3 Prozent. Die Partei Die Linke hat die Fünfprozenthürde knapp verpasst, kommt aber dennoch in den Bundestag, weil sie in drei Wahlkreisen je ein Direktmandat gewonnen hat.
Alle übrigen 41 Parteien, die zur Wahl angetreten waren, konnten die Fünfprozenthürde nicht überspringen – ihr Anteil summiert sich insgesamt auf 8,6 Prozent der Zweitstimmen.
Das endgültige Wahlergebnis wird voraussichtlich am 15. Oktober in einer öffentlichen Sitzung im Deutschen Bundestag bekanntgegeben.
Wie steht’s um die Wahlbeteiligung?
Die Wahlbeteiligung lag bei 76,6 Prozent – gut drei von vier Wahlberechtigten haben also tatsächlich gewählt. Damit liegt dieser Anteil etwas höher als vor vier Jahren, 2017 wählten 76,2 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung.
In den Wahlkreisen wurden auch alle ungültigen Stimmzettel ausgezählt: Der Anteil der ungültigen Zweitstimmen betrug 0,9 Prozent (2017: 1 Prozent), der Anteil der ungültigen Erststimmen lag bei 1,1 Prozent (2017: 1,3 Prozent). Das sind insgesamt 918.480 ungültige Stimmen.
Mehr aktuelle Infos zum Ausgang der Wahl findet ihr auf bundestag.de.
Was haben die Jungen gewählt?
Jetzt steht fest, was die Deutschen gewählt haben. Aber wie sah es eigentlich bei den jungen Menschen aus? Schließlich durften 2,8 Millionen neue Wählerinnen und Wähler zum ersten Mal ihr Kreuz machen.
Die Bundestagswahl ist natürlich geheim – das heißt, es steht auch kein Alter oder Geschlecht auf dem Wahlzettel. Doch einige Wahlforschungsinstitute haben in ausgewählten Wahllokalen die Wählenden befragt, wo sie ihr Kreuz gemacht haben; zum Beispiel hat sich das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap für die ARD umgehört.
FDP und Grüne vorn
Das Ergebnis unterscheidet sich vom Wahlausgang: Unter den Erstwählern und Erstwählerinnen haben jeweils 23 Prozent die FDP und die Grünen gewählt. Dahinter folgen die SPD mit 15 Prozent, die Union mit zehn, die linke mit acht und die AfD mit sechs Prozent. Bei den 18- bis 24- Jährigen sieht das Ergebnis sehr ähnlich aus.
Deutlich wird der Unterschied zum Durchschnitt der Bevölkerung vor allem beim Vergleich mit der Wählergruppe über 70 Jahre. Dort stimmten 38 Prozent für die CDU, 35 Prozent für die SPD, acht Prozent für die FDP und sieben Prozent für die Grünen. Die AfD und Die Linke kommen auf fünf beziehungsweise vier Prozentpunkte.
Wie groß ist der Bundestag
Dem neuen Bundestag werden 735 Parlamentarierinnen und Parlamentarier angehören. Das sind 26 mehr als aktuell. Aber welche Partei bekommt wie viele der begehrten blauen Sitze?
Die SPD erhält 206 Sitze, davon 121 über Direktmandate. Das sind insgesamt 54 Sitze mehr als im 19. Bundestag (152). Der CDU/CSU stehen 196 Sitze zu, darunter 143 Direktmandate. Somit kommt die Unionsfraktion insgesamt auf 49 Abgeordnete weniger als zuletzt (bislang 245).
Die Grünen erhalten 118 Sitze im Bundestag – 16 davon sind Direktmandate. Die FDP ist mit 92 Sitzen im Bundestag vertreten, sie konnte keine Direktmandate gewinnen. Die AfD bekommt 83 Sitze (davon 16 Direktmandate), Die Linke 39 Sitze (Direktmandate: 3).
Wie geht es weiter?
Nach 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel (CDU) wird es nun einen neuen Kanzler oder eine neue Kanzlerin geben. Um aber einen neuen Kanzler zu wählen, ist die absolute Mehrheit nötig. Sie ist auch wichtig für die weitere Arbeit im Bundestag. Man braucht sie, um die neue Regierung zu unterstützen und zum Beispiel Gesetze zu beschließen. Da aber keine Partei alleine die absolute Mehrheit erreicht hat – das heißt, keine Partei hat es geschafft, mehr als die Hälfte der Sitze zu gewinnen – müssen sich nun mehrere Parteien verbünden.
Ein solches Bündnis nennt man Koalition. Rein rechnerisch sind verschiedene Koalitionen denkbar: Als wahrscheinlich gilt derzeit ein Dreierbündnis, wobei entweder die SPD oder die Union die Führung übernähme. Mit im Bunde wären die Grünen und die FDP. Eine Zusammenarbeit mit der AfD lehnen alle im Bundestag vertretenen Parteien ab.
Ein Zweierbündnis aus Rot-Schwarz wäre rein rechnerisch auch möglich. Diese Fortsetzung der „Großen Koalition“ aus SPD und Union streben beide Parteien derzeit jedoch nicht an.
Erste Beratungen laufen
Am Dienstag, den 28. September, haben sich die neuen Fraktionen teilweise im Bundestag getroffen. SPD und CDU/CSU haben außerdem schon beschlossen, wer ihre Fraktionen in den kommenden Wochen führen soll. Dabei blieb alles wie bisher: Rolf Mützenich bleibt weiter der Chef der SPD im Bundestag, bei der CDU/CSU wurde Ralf Brinkhaus erst einmal für ein halbes Jahr wiedergewählt.
Die Grünen und die FDP haben sich währenddessen getroffen, um zu schauen, ob sie gemeinsam in einer Koalition unter Führung der SPD arbeiten wollen. Mit dabei waren Annalena Baerbock und Robert Habeck von den Grünen und Christian Lindner und Volker Wissing von der FDP. Auch Christian Lindner ist übrigens als Fraktionschef wiedergewählt worden.
Spätestens am 26. Oktober, 30 Tage nach der Wahl, muss der Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommen. Dann steht sozusagen offiziell das neue Parlament fest. Sollten sich die Parteien bis dahin auf keine Koalition und einen gemeinsamen Kanzler geeinigt haben, wird erst einmal der sogenannte Hauptausschuss eingesetzt. Dort sind Abgeordnete aller Fraktionen vertreten, die dann wichtige Entscheidungen treffen und über Gesetze beraten können, solange es noch keine Regierung gibt.
(loh, lh)
Laura Heyer
hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.