Bundestagswahl So viele Bewerber und Parteien wie noch nie
Ein Bewerber möchte mit 91 Jahren noch ins Parlament. Doch im Schnitt sind die Kandidaten dieses Mal jünger. Und der Anteil der Frauen ist leicht gestiegen. Wer will in den neuen Bundestag? Antworten und jede Menge weitere Infos gab Bundeswahlleiter Georg Thiel auf einer Pressekonferenz.
Corona, Hochwasser, Sicherheit: Die Bundestagswahl am 26. September 2021 berge „einige besondere Herausforderungen“, sagte Bundeswahlleiter Georg Thiel. Er ist der Mann, der mit seinem Team dafür sorgt, dass das politische Großereignis korrekt über die Bühne gehen kann. Thiel versicherte: Die Wahl werde trotzdem sicher und ordnungsgemäß ablaufen. Wie genau das gelingen kann, darüber informierte Thiel am Dienstag in einer Pressekonferenz in Berlin.
Außerdem ging es um Daten und Fakten rund um die Bundestagswahl und dabei vor allem um diejenigen, die sich zur Wahl stellen: die Bewerberinnen und Bewerber. Und von denen gibt es in diesem Jahr besonders viele. Denn um einen Sitz im Parlament kämpfen Thiel zufolge in diesem Jahr 6.211 Frauen und Männer, so viele wie noch nie. Zum Vergleich: Zur letzten Wahl 2017 bewarben sich fast 1.400 weniger.
Viel mehr Männer als Frauen
Gestiegen – wenn auch nur minimal – ist außerdem der Anteil der Kandidatinnen. Nämlich um vier Prozentpunkte auf 33 Prozent. Damit hat auch der Frauenanteil einen neuen Höchstwert erreicht. Trotzdem stehen mit insgesamt etwas mehr als 2.000 Bewerberinnen auch dieses Jahr deutlich weniger Frauen als Männer zur Wahl.
Beim Frauenanteil lassen sich Thiel zufolge große Unterschiede zwischen den Parteien erkennen: Spitzenreiter sind die Grünen, bei denen mehr als die Hälfte der Kandidierenden weiblich ist. Schlusslicht bildet die AfD-Fraktion mit 13 Prozent Frauen.
Bewerber werden jünger
Leicht gesunken ist das Alter der Bewerberinnen und Bewerber. Während sie 2017 im Durchschnitt 46,9 Jahre alt waren, beträgt der Mittelwert in diesem Jahr 45,5 Jahre. Insgesamt bilden die 50- bis 59-Jährigen die größte Altersgruppe: Sie machen 25 Prozent aller Bewerberinnen und Bewerber aus.
Die Gruppe der 18- bis 29-Jährigen kommt zusammen auf 17 Prozent der potentiellen Bundestagsabgeordneten. Übrigens: Der älteste Bewerber um einen Sitz im Parlament ist 91 Jahre alt.
Mehr Parteien, weniger Wahlberechtigte
Nicht nur die Kandidaten knacken in diesem Jahr einen Rekord. Es stehen auch so viele Parteien zur Wahl wie noch nie: nämlich 47. Dabei sind Thiel zufolge 14 von ihnen zum ersten Mal dabei.
Deutlich gesunken ist hingegen die Zahl der Wahlberechtigten. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 gibt es dieses Jahr 1,3 Millionen Frauen und Männer weniger, die am 26. September ihre Stimme abgegeben können. Insgesamt sind etwa 60,4 Millionen Menschen aufgerufen, ihre Kreuzchen zu setzen. Darunter 2,8 Millionen Erstwähler.
Wählen trotz Flutkatastrophe
Es würden auch alldiejenigen ihre Stimme abgegeben können, die im besonders vom Hochwasser im Juli betroffenen rheinland-pfälzischen Ahrtal leben, versicherte Marcel Hürter. Der Landeswahlleiter von Rheinland-Pfalz sagte: Zwar werde es angesichts der Flutkatastrophe und der zum Teil zerstörten Infrastruktur „keine normale Wahl sein.“ Trotzdem werde sie „rechtssicher und ordnungsgemäß“ ablaufen.
Dafür solle ein Konzept sorgen, dass gemeinsam mit dem Bundeswahlleiter, der Kreiswahlleitung und den unmittelbar von der Flut betroffenen Kommunen entwickelt worden sei. Laut Hürter sollen Wahlmöglichkeiten „so nah wie möglich zu den Menschen“ gebracht werden. Nämlich mit Pavillons, die in den zwei Wochen vor der Bundestagswahl in der Verbandsgemeinde Altenahr und in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler aufgestellt werden. Dort könnten Wahlberechtigte Briefwahl beantragen und direkt vor Ort wählen.
Bundestagswahl in Corona-Zeiten
Eine besondere Vorbereitung sei auch wegen der Coronapandemie notwendig, sagte Bundeswahlleiter Thiel. Er sei „guter Dinge“, dass die Wahl auch unter Pandemiebedingungen „gesundheitlich sicher“ stattfinden könne – für die Wahlberechtigten wie für die hunderttausende Wahlhelferinnen und Wahlhelfer.
Auch Ungeimpfte und Ungetestete sollen vor Ort ihre Kreuzchen setzen können. Zwar soll laut Thiel in allen Bundesländern eine Maskenpflicht beim Betreten von Wahllokalen gelten. Ausgeschlossen werden vom Wahlrecht soll aber niemand. Angesichts der Pandemie rechne der Bundeswahlleiter mit einem deutlichen Zuwachs an Briefwählerinnen und Briefwählern. Dabei sei die Briefwahl „genauso demokratisch legitimiert“ wie die Urnenwahl.
Sicher und transparent
Mit Blick auf die Wahl und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger seien auch die Themen Sicherheit und Transparenz wichtig, so Thiel. Er betonte, die Wahlorgane seien alle unabhängig, der Wahlvorgang öffentlich. Als Wahlorgane bezeichnet man die Personen und Gruppen, die Wahlen organisieren, also etwa der Bundeswahlleiter und sein Team sowie die Landeswahlleiter.
Zum Thema Cyberangriffe, also Angriffe über das Internet, ergänzte er: Ohne Technik käme eine solche Wahl zwar nicht aus, aber die Systeme seien mehrfach gesichert. Zudem werde das endgültige amtliche Wahlergebnis, also das Ergebnis, das für die Sitzverteilung im Bundestag entscheidend ist, einige Wochen nach dem Wahltag „oldschool“ anhand der förmlichen Niederschriften der einzelnen Wahlvorstände ermittelt. Also von Papier. Dass Cyberangriffe dieses Ergebnis beeinflussten, sei demnach ausgeschlossen.
Ein wichtiger Aspekt in puncto Sicherheit ist nach Thiel das Bekämpfen von Desinformationen. „Wir tun viel gegen Fake News im Netz“, sagte der Bundeswahlleiter. Als Service bietet seine Behörde etwa eine Sonderseite an, dort lassen sich zweifelhafte Aussagen gegenchecken.
An die über 60 Millionen Wahlberechtigten appellierte er, zahlreich zur Wahl zu gehen. Schließlich sei eine hohe Wahlbeteiligung wesentlich für die Legitimation, also die Daseinsberechtigung, des Bundestages.