Party-Organisator „Eins werden im Moment der Musik“
Daniel Heinz
Max arbeitet mit vielen Clubs zusammen. Vier von ihnen mussten schließen. Der Party-Organisator erklärt, was Club-Besitzern und Künstlern das Leben schwer macht – und was helfen könnte.
Viele Clubs haben Probleme, einige werden aus Innenstädten verdrängt. Damit beschäftigt sich jetzt auch der Bundestag. Überrascht dich das?
Nein. In letzter Zeit wurde ja viel in den Medien darüber berichtet, aktuell zum Beispiel über die Grießmühle in Berlin, die schließen musste. Vor allem Berlin ist als Kulturstätte der elektronischen Musik weltweit bekannt, deshalb muss man diesem Problem dringend entgegenwirken.
Die Grünen, Linken und die FDP wollen das im Bundestag mit ihren Anträgen jetzt tun: Sie fordern, dass Clubs rechtlich als „kulturelle Einrichtungen“ anerkannt werden. Bisher gelten sie als „Vergnügungsstätten“, so wie Spielhallen oder Strip-Lokale. Mit der neuen Regelung könnten Clubs besser gefördert werden, hätten als Mieter einen besseren Schutz, könnten in Innenstädten bestehen und würden nicht zunehmend der Gentrifizierung…
... also der Veränderung eines Stadtteils durch dessen Sanierung oder Umbau mit der Folge, dass die dort ansässige Bevölkerung, Kneipen, Clubs oder Firmen durch wohlhabendere Bevölkerungsschichten, andere Lokale und Firmen verdrängt werden…
… genau, dem fallen Clubs oft zum Opfer.
Sind Clubs wichtig für Kultur und Gesellschaft?
Auf jeden Fall. In Clubs werden Toleranz und Offenheit zelebriert. Egal, wo wir herkommen, egal welche ethnischen Hintergründe oder irgendwie gearteten Differenzen wir haben – hier erleben wir Geborgenheit und Freiheit zugleich. Ich denke, das ist vor allem in Zeiten zunehmender Hass-Kriminalität immens wichtig.
Davon abgesehen sind Clubs – vor allem in Berlin – ja auch eine wirtschaftliche Größe. Es kommen schließlich jedes Jahr Millionen von Menschen dorthin, um zu feiern.
Du organisierst Partys in Clubs. Was sind die Herausforderungen dabei? Und haben sie sich in den letzten Jahren verändert?
Ich habe noch nie so viele DJs und Kollektive erlebt, die gerne auflegen wollen, wie heute. Deren Problem ist: Sie haben zu wenig Auswahl bei den Locations, gerade in der elektronischen Musik-Szene – zumindest außerhalb von Berlin. Ein Mehr an Clubs und Qualität würde vielen Städten guttun.
Ein anderes Problem ist: Wenn man neu ist als Club oder Veranstalter und noch keine großen Headliner hat, dann kann man wirklich wenig Geld verlangen. Wir sollten fairere Preise bezahlen für DJs. Und mehr im Team arbeiten und uns gegenseitig unterstützen, statt dass jeder versucht, was Eigenes auf die Beine zu stellen.
Hast du schon einmal erlebt, dass ein Club, den du kennst, schließen musste? Wenn ja, wann war das und woran lag das?
Mir fallen spontan vier Clubs ein, die ich miterlebt habe und die es heute nicht mehr gibt. Der Lokschuppen in Offenbach war 2014 meine erste Berührung mit der Frankfurter Techno-Szene – ein Jahr später musste er schließen. Das Gebäude wurde abgerissen, dort wurde dann ein anderes Projekt hochgezogen. 2017 machte das Röderberg in Frankfurt dicht, einer der besten Läden, die ich miterlebt habe – ein wahrer Techno-Tempel. Aber offenbar gab es nicht genug Kundschaft und auch einige interne Kommunikationsprobleme. Frau Trude in Gießen schloss 2019, es gab nie ein offizielles Statement der Betreiber, warum. Und Ende 2019, Anfang 2020 schloss dann die Technodisco in Wetzlar ihre Türen. Grund war da ein auslaufender Pachtvertrag.
Hast du eine Idee, wie Clubbesitzer versuchen könnten, dem Clubsterben entgegenzuwirken?
Clubbetreiber sollten auch auf Angebote setzen, die tagsüber stattfinden, Flohmärkte oder Open-Air-Konzerte zum Beispiel, um zusätzlich Geld zu erwirtschaften und sich so die Mietpreise leisten zu können. Eine weitere Perspektive könnten politische oder Bürgerinitiativen sein, die sich langfristig gegen das Clubsterben engagieren und so die Gesamtlage stabilisieren.
Aber auch andere müssten etwas tun. Clubs sollten zum einen rechtlich besser abgesichert werden. Ein Mietendeckel und die Anerkennung als Kulturstätte wären ein Anfang. Wichtig wäre auch, dass man der ‚Festivalisierung‘ entgegengewirkt, die meines Erachtens die Clubkultur ein Stück weit gefährdet.
Was wünschst du dir für die deutsche Club-Landschaft?
Ich wünsche mir, dass Politiker dem Clubsterben entgegenwirken und dass mehr Clubs die Chance bekommen, sich zu etablieren. Letzten Endes wollen wir doch alle gute und gutbesuchte Partys feiern und mit dem Publikum eins werden im Moment der Musik.
Über Maximilian Nammert
Maximilian ‘Max’ Nammert hat mit seinem Party-Kollektiv Lächel Mal über vier Jahre Erfahrung in der Organisation und Durchführung von Techno- und Undergroundpartys im Großraum Frankfurt am Main und auf internationalen Bühnen.
Daniel Heinz
... (25) arbeitet in der queeren und rassismuskritischen Bildungsarbeit, unter anderem für die Bildungsstätte Anne Frank. Ansonsten ist Daniel dafür bekannt, das beste Pfannkuchen-Rezept in Berlin zu haben.