Rückblick Das war 2020
Corona, Corona und noch mal Corona? Denkt nicht, das war alles, was im Bundestag 2020 auf der Tagesordnung stand. Wir blicken zurück auf die Themen Organspende, Kohleausstieg, 30 Jahre Wiedervereinigung, 75 Jahre Vereinte Nationen – und einiges mehr.
Noch am 30. Januar 2020 spielte das Thema Corona keine Rolle im Deutschen Bundestag. Damals gab es eine Aussprache zur Lage der Wirtschaft, genauer gesagt zum Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung. Dann kam der 12. Februar und es hieß: „Strategie zur Vorbereitung gegen das Coronavirus in Deutschland“. So lautete der Name der aktuellen Stunde, die die Fraktionen CDU/CSU und SPD beantragten.
Fortan bestimmte die Corona-Pandemie nicht nur die Debatten, sondern auch viele Gesetze und unsere Berichterstattung auf mitmischen.de – bis zum Ende dieses Jahres.
„Wir tagen unter außergewöhnlichen Umständen“
Damals sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), das Robert-Koch-Institut (RKI) schätze die Gefahren für die Gesundheit in Deutschland weiterhin als gering ein. In den Redebeiträgen der Abgeordneten hieß es übereinstimmend, Grund für übertriebene Sorge oder gar Panik bestehe nicht. Auf mitmischen.de berichteten wir über die bis dato 16 Infizierten in Deutschland und fragten „Droht uns eine Epidemie?“
In der Regierungsbefragung am 11. März sagte Spahn: „Wir müssen dem Virus alle Chancen nehmen, sich schnell auszubreiten.“ Zwei Tage später drückte der Bundestag bereits aufs Tempo: Ein Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD, der Regelungen für das Kurzarbeitergeld krisenbedingt und befristet verbessern sollte, wurde an nur einem Tag in erster, zweiter und dritter Lesung beraten und beschlossen. Ende März folgte ein Sitzungstag statt der Sitzungswoche. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble zu Beginn: „Wir tagen unter außergewöhnlichen Umständen.“
Riesen-Hilfspaket beschlossen
Alle Fraktionen waren sich am 25. März einig und befürworteten ein milliardenschweres Hilfspaket im Kampf gegen die Folgen der Corona-Pandemie. Redner aller Fraktionen machten deutlich, dass Wirtschaft und Arbeitnehmer in dieser kritischen Phase umfangreich unterstützt werden müssten. Zugleich müsse alles getan werden, um die bestmögliche medizinische Versorgung der Bevölkerung bei Ärzten und in Kliniken sicherzustellen.
Verabschiedet wurde unter anderem das erste von drei Bevölkerungsschutzgesetzen, mit denen vor allem das Infektionsschutzgesetz geändert wurde. Das zweite Bevölkerungsschutzgesetz beschloss der Bundestag am 14. Mai, das dritte am 18. November.
Wegen des Coronavirus beschloss der Bundestag, dass die Bundesregierung in diesem Jahr mehr Geld ausgeben darf, als ursprünglich geplant. Formal läuft dies über einen sogenannten „Nachtrag zum Haushalt“. Der erste Nachtrag zum Haushalt 2020 umfasste über 122,49 Milliarden Euro, dafür wurde die sogenannte Schuldenbremse ausgesetzt. Was das bedeutet und wie es während des ersten Lockdowns im Frühjahr für viele Menschen aussah, könnt ihr in unserem Beitrag „Mit Geld gegen die Leere“ nachlesen.
„Die Fallzahlen stagnieren auf zu hohem Niveau“
Es folgte ein zweiter Nachtrag zum Haushalt 2020, eine Neuverschuldung von 179,82 Milliarden Euro im Haushalt 2021 und erneut wurde die Schuldenbremse ausgesetzt.
Am 5. Oktober ordnete Bundestagspräsident Schäuble an, in den Gebäuden des Bundestages eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. In ihrer zweiten Regierungserklärung zu Corona betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 26. November, es gebe kein geeigneteres Mittel gegen die Pandemie als die Reduzierung von Kontakten. Es gebe deshalb zwar erste Erfolge, aber noch keine Trendumkehr: „Die Fallzahlen stagnieren auf zu hohem Niveau.“
In der letzten Sitzungswoche kurz vor Weihnachten warb Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag um Vertrauen für die bevorstehende Corona-Impfung. Just an dem Tag, dem 16.12., war aufgrund erneut steigender Infektionszahlen ein neuer harter Corona-Lockdown für ganz Deutschland in Kraft getreten, der auch aktuell noch gilt. Bei der Zahl der Corona-Toten wurde ein neuer Höchststand verzeichnet: Das Robert Koch-Institut (RKI) zählte 952 Verstorbene binnen 24 Stunden.
60 Teilnehmer der Jugendbegegnung
Neben der Corona-Pandemie gab es aber auch eine Reihe weiterer wichtiger Themen und Ereignisse im Bundestag. Am 29. Januar sprach der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin in der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalismus. Anlass war der 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Dieses Ereignis stand auch im Programm der Jugendbegegnung, die der Bundestag alljährlich im Januar organisiert. Und so konnten die 60 jungen Teilnehmer dem Staatsgast ihre Fragen stellen. Einen Blog über die Jugendbegegnung findet ihr hier.
Keine Toleranz
„Keine Toleranz für die Feinde der Demokratie: Extremismus bekämpfen, Polizei und Justiz stärken“, so hieß die Aktuelle Stunde, die die Koalitionsfraktionen am 10. September ansetzten. Zuvor hatten Teilnehmer einer Demonstration gegen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus am 29. August die Absperrung am Reichstagsgebäude durchbrochen und auf der Treppe vor dem Westportal Reichsfahnen geschwenkt. Nach Einschätzung von Experten werden diese als Ersatz für verbotene nationalsozialistische Zeichen und Embleme benutzt.
In einer weiteren Aktuellen Stunde verurteilten Vertreter der übrigen Fraktionen am 20. November das Verhalten von Gästen einzelner AfD-Abgeordneter in Bundestagsgebäuden, wir berichteten. Das Ganze passierte während der Debatte über das Infektionsschutzgesetz am 18. November, das wir euch hier erklärt haben.
Rede des UN-Generalsekretärs im Bundestag
Zum 75-jährigen Bestehen der Vereinten Nationen (UN) sprach UN-Generalsekretär António Guterres am 18. Dezember zu den Abgeordneten, zu Gast war auch Cindy (20), sie ist Teil des Projektes „UN im Klassenzimmer“. Infos über die UN und Interviews mit jungen UN-Experten haben wir euch hier aufbereitet.
Organspende: Lösung gefunden
Jahrelang wurde darüber diskutiert, am 16. Januar haben die Abgeordneten im Bundestag entschieden: Auch in Zukunft muss man einer Organspende ausdrücklich zustimmen. Diese „Entscheidungslösung“, die eine Gruppe von 194 Abgeordneten um Annalena Baerbock von der Grünenfraktion und Karin Maag von der Unionsfraktion vorgeschlagen hatte, erklärten wir euch in diesem Beitrag.
Wer sich freiwillig für die Gesellschaft engagiert, ohne etwas dafür zu verlangen, soll besser unterstützt werden. Daher beschloss der Bundestag ebenfalls im Januar die Gründung einer Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, wir berichteten.
Kohleausstieg beschlossen
Im Juni beschloss der Bundestag das Werbeverbot für ungesunde und bei Jugendlichen zunehmend beliebte E-Zigaretten, über das wir berichteten.
Am 3. Juli billigte das Parlament den seit Jahren geplanten Kohleausstieg. Mit 314 Ja- gegen 237 Nein-Stimmen wurde das „Kohleausstiegsgesetz“ angenommen. Spätestens 2038 darf in Deutschland kein Strom mehr durch Kohlekraftwerke erzeugt werden. Wie die Fraktionen darüber diskutierten, könnt ihr hier noch einmal nachlesen.
Was macht der Wirecard-Untersuchungsausschuss?
Nach dem NSU- und dem Pkw-Maut-Untersuchungsausschuss gründete sich am 8. Oktober der 3. Untersuchungsausschuss in dieser Wahlperiode. Er soll das Verhalten der Finanzaufsicht im Zusammenhang mit dem inzwischen insolventen Finanzdienstleister Wirecard aufklären. Was der Wirecard-Skandal ist, hat mitmischen den Abgeordneten Fabio De Masi gefragt.
Im November verabschiedete der Bundestag ein Verbot leichter Plastiktüten. mitmischen.de berichtete von der Expertenanhörung im Vorfeld.
Neue „Anwältin“ der Soldaten
Der Bundestag wählte am 7. Mai die SPD-Abgeordnete Eva Högl zur neuen Wehrbeauftragten des Bundestages. Was sie auf dieser Position genau macht, könnt ihr hier nachlesen.
Auch das Parlamentarische Kontrollgremium, das die Nachrichtendienste des Bundes kontrolliert, wählte am 25. November einen neuen Vorsitzenden: den CDU-Abgeordneten Roderich Kiesewetter.
Trauer um Vizepräsident Thomas Oppermann
Der Bundestag würdigte seinen am 25. Oktober plötzlich verstorbenen Vizepräsidenten Thomas Oppermann in einer Trauerfeier. mitmischen-Autorin Dolunay hatte etwa ein Jahr zuvor ein Interview mit Oppermann geführt, das zeigt, was ihm wichtig war. Um an den Verstorbenen zu erinnern, haben wir es auf mitmischen.de erneut veröffentlicht.
Zu Oppermanns Nachfolgerin wählte der Bundestag am 26. November die SPD-Abgeordnete Dagmar Ziegler.
Das war unser Jahresrückblick. Bevor es 2021 mit unser Berichterstattung aus dem Bundestag weitergeht, könnt ihr noch an unserem Adventskalender-Gewinnspiel teilnehmen: Das letzte Türchen lassen wir bis zum 6. Januar offen.
(DBT/Müller, loh)