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Konstituierende Sitzung Was ist los im Bundestag?

Eric Matt

Spätestens 30 Tage nach der Bundestagswahl treffen sich die neuen Abgeordneten zum ersten Mal. Bei der sogenannten konstituierenden Sitzung wählen sie unter anderem die neue Bundestagspräsidentin. Was noch anstand, lest ihr hier.

voller Plenarsaal

Der 20. Deutsche Bundestag kam am 26. Oktober das erste Mal zusammen.

Der 26. Oktober 2021 hat sich für manchen Bundestagsabgeordneten wohl wie der erste Schultag nach den Sommerferien angefühlt: Nicht wenige sind ganz neu im Bundestag, andere trafen nach Monaten altbekannte Gesichter wieder und tauschten Erlebnisse aus. Und allesamt wählten sie – wenn man so will – ihre Klassensprecherin: die neue Bundestagspräsidentin.

Genau 30 Tage nach der letzten Bundestagswahl am 26. September, trafen sich unsere Volksvertreter zur sogenannten konstituierenden Sitzung des 20. Deutschen Bundestages. Aber was passiert genau in dieser Sitzung? Welche Posten werden neu gewählt? Und was kommt danach?

Was ist die konstituierende Sitzung?

In Artikel 39 Absatz zwei des Grundgesetzes steht: „Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach der Wahl zusammen.“ Das war am 26. Oktober der Fall, weshalb dort die konstituierende Sitzung des Bundestages stattfand.

Konstituieren heißt so viel wie „gründen“ oder „ins Leben rufen“. Und genau das passierte am Dienstag: Der von den Bürgerinnen und Bürgern neu gewählte Deutsche Bundestag traf sich zum ersten Mal und leitete damit die neue Legislaturperiode ein. Erst dann werden aus den am 26. September gewählten Bundestagskandidaten auch tatsächlich Abgeordnete. Die Parlamentarier aus der vergangenen Wahlperiode, die nicht wiedergewählt wurden, scheiden an diesem Tag aus dem Amt. Doch in der ersten Bundestagssitzung passierte noch einiges mehr.

Alterspräsident eröffnet die Sitzung

Für die Abgeordneten startete der Tag traditionell mit einem freiwilligen ökumenischen Gottesdienst um 8.30 Uhr in der Marienkirche in Berlin-Mitte. Um 11 Uhr begann dann die Sitzung im Plenarsaal des Bundestages. Der sogenannte Alterspräsident eröffnete die erste Sitzung des neuen Bundestages. Der Name trügt jedoch: Beim Alterspräsidenten geht es nicht wirklich ums Alter, sondern – laut Geschäftsordnung – darum, wer das dienstzeitälteste Mitglied des Bundestages ist. Dies ist Wolfgang Schäuble (CDU/CSU), der seit 1972 ununterbrochen im Bundestag sitzt.

Nach der Eröffnungsrede Schäubles waren die neu gewählten Abgeordneten direkt selbst gefragt: Sie stimmten über verschiedene Geschäftsordnungen ab, die beispielsweise das zukünftige Arbeiten des Bundestages oder die Zusammenarbeit mit dem Bundesrat regeln.

Bärbel Bas wird Bundestagspräsidentin

Besonders spannend wurde es aber danach. Dann nämlich stand die Wahl des neuen Bundestagspräsidenten beziehungsweise der Bundestagspräsidentin an. Bisher hatte der CDU/CSU-Abgeordnete Wolfgang Schäuble dieses Amt inne. Traditionell stellt die größte Fraktion den Bundestagspräsidenten. Dies ist in der neuen Legislaturperiode die SPD, die sich anfangs uneinig war, wen sie nominieren sollte. Am Ende einigte man sich auf Bärbel Bas.

Nachdem die SPD-Fraktion Bas nominiert hatte, musste sie am Dienstag noch von den Abgeordneten gewählt werden. Übrigens: Protokollarisch ist Bas somit nach dem Bundespräsidenten die zweitwichtigste Person in Deutschland – sogar noch vor dem neuen Bundeskanzler. Danach kam auch wieder das Protokoll zum Einsatz: Nachdem die Abgeordneten ihre neue Chefin im Hohen Haus gewählt hatten, löste diese den bisherigen Bundestagspräsidenten ab und übernahm die Sitzungsleitung.

Bärbel Bas legte im Jahr 1984 ihren Hauptschulabschluss ab und wollte ursprünglich technische Zeichnerin werden. Dafür schrieb sie nach eigenen Angaben 80 Bewerbungen – ohne jeglichen Erfolg. Daher absolvierte sie stattdessen eine Ausbildung zur Bürogehilfin, die sie später durch ein Studium zur Personalmanagement-Ökonomin ergänzte. Die 53-Jährige ist bereits seit 1988 SPD-Mitglied und sitzt seit 2009 als direkt gewählte Abgeordnete für den Wahlkreis Duisburg I im Deutschen Bundestag. Seit 2019 war Bas stellvertretende Fraktionsvorsitzende.

Wer wird Stellvertreter?

Da die neue Bundestagspräsidentin nicht jede Sitzung leiten kann, braucht sie Stellvertreter, die ihr zur Seite stehen und sie unterstützen. Daher stimmten die Abgeordneten anschließend über die künftigen Vize-Bundestagspräsidenten ab. Dabei steht grundsätzlich jeder Fraktion ein Posten zur Verfügung. Insofern die Abgeordneten zuvor nichts anderes beschließen, kann es insgesamt also sechs Stellvertreter geben.

Jedoch ist eines zu beachten: Da die Abgeordneten über die Vizepräsidenten abstimmen, kann es passieren, dass eine Fraktion zwar einen Kandidaten aufstellt, die Mehrheit der Abgeordneten diesen aber nicht wählt. Dies war in der vergangenen Legislaturperiode bei allen von der AfD-Fraktion vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten der Fall. Und auch bei der Wahl am 26.11. erhielt der AfD-Kandidat nicht genügend Stimmen. Damit hat die AfD keinen Vizepräsidenten.

Präsidium und Ältestenrat

Die frisch gewählte Bundestagspräsidentin bildet mit ihren Stellvertretern das Präsidium des Deutschen Bundestages. Das Präsidium trifft sich in jeder Sitzungswoche, um zum Beispiel Angelegenheiten des Bundestages zu besprechen oder über Personalfragen der Bundestagsverwaltung zu entscheiden. Außerdem ist das Präsidium auch Teil des sogenannten Ältestenrates, der die parlamentarischen Abläufe koordiniert. Dabei bereitet er die Tagesordnungen vor, plant anstehende Debatten und hilft der Präsidentin bei ihren Geschäften im Parlament. Besonders wichtig ist der Ältestenrat auch, um aufgetretene Streitigkeiten zu besprechen und zu schlichten.

Wie geht’s weiter für Merkel?

Auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war Dienstag ein besonderer Tag: Sie verlor nach 31 Jahren nicht nur ihr Bundestagsmandat, sondern wurde am Nachmittag auch offiziell aus dem Dienst als Bundeskanzlerin entlassen. In Artikel 69 Absatz zwei steht: „Das Amt des Bundeskanzlers […] endigt in jedem Falle mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages.“ Daher erhielt Merkel am Dienstagnachmittag um 17.30 Uhr im Schloss Bellevue von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihre Entlassungsurkunde.

Anschließend ist sie nur noch geschäftsführend im Amt – auch das steht in Artikel 69 des Grundgesetzes. Merkel könnte planmäßig noch bis zum 6. Dezember 2021 Bundeskanzlerin bleiben. Dann nämlich möchten die potenziellen Koalitionspartner von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP Olaf Scholz (SPD) zum neuen Kanzler wählen.

Wenn ihr bei der konstituierenden Sitzung hier noch einmal anschauen wollt, dann klickt euch hier rein.

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
Mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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