Europaparlament Europa-Wahlen schon ab 16?
Alle fünf Jahre dürfen Deutsche ab 18 Jahren Abgeordnete ins Europaparlament wählen. Die Ampel-Fraktionen wollen das Wahlalter auf 16 absenken. Über diesen Vorschlag wurde im Plenum kontrovers diskutiert.
Das Europaparlament wird von den Bürgern der Europäischen Union direkt gewählt. In Deutschland liegt das Wahlalter derzeit bei 18 – so wie bei der Bundestagswahl auch.
Die Fraktionen der Ampel-Koalition sind der Meinung, das schließe junge Menschen aus, „die an zahlreichen Stellen in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen und sich in den politischen Prozess einbringen können und wollen.“ Gerade junge Menschen seien später von den heutigen Entscheidungen des Europaparlaments betroffen. Deshalb wollen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP das Wahlalter auf 16 Jahr absenken.
Der entsprechende Gesetzentwurf wurde vergangene Woche in erster Lesung im Bundestag debattiert.
SPD: „Mehr Demokratie und Teilhabe für junge Menschen“
Der Entwurf sei ein „Schritt zu mehr Demokratie und zu mehr Teilhabe für junge Menschen“, sagte Sonja Eichwede (SPD). Das Argument, mit 16 verfüge man noch nicht über ausreichend politisches Wissen, wollte Eichwede nicht gelten lassen. Junge Menschen heute seien „gut informiert“ und engagiert, deshalb müssten sie auch beteiligt werden. Ziel der Ampel-Koalition sei es, das Wahlalter auch bei den Bundestagswahlen auf 16 zu senken. Schließlich seien einige Bundesländer und Kommunen auch schon „so weit“.
Union: „Allzu simpel“
Ansgar Heveling (CDU/CSU) kritisierte, der Gesetzentwurf sei „allzu simpel“. Ihm sei „durchaus bewusst“, dass junge Menschen sich politisch einbrächten. Ob dieses Engagment aber tatsächlich so umfangreich sei, dass es eine Gesetzesänderung erfordere, das bezweifele er. Immerhin hätten die meisten anderen EU-Länder auch ein Wahlrecht ab 18.
Grüne: „Wahlrecht, das dem 21. Jahrhundert gewachsen ist“
Emilia Fester (Bündnis 90/Die Grünen) meinte, „zum Glück“ habe Fridays For Future „endgültig mit dem Vorurteil aufräumen“ können, dass junge Menschen politikverdrossen seien. Schließlich gingen „Hunderttausende“ für den Klimaschutz auf die Straße. „Das sollten wir ernst nehmen und fördern“, forderte Fester. Und weiter: „Geben wir ihnen neben der lauten Stimme auf der Straße auch eine Stimme an der Wahlurne!“ Es sei Zeit für ein „Wahlrecht, das dem 21. Jahrhundert gewachsen ist“.
AfD: „Gute Gründe“ für Wahlrecht ab 18
Fabian Jacobi (AfD) führte an, mit 16 sei man noch nicht voll geschäftsfähig, nicht ehemündig, nicht voll strafmündig. Würde im Bundestag jemand vorschlagen, 16-Jährige wie Erwachsene zu bestrafen, würde das, vermutete Jacobi, „Empörung“ auslösen. Die „guten Gründe“ für die genannten Regelungen gälten genauso für das Wahlrecht.
FDP: Kein „perfektes System der Altersabgrenzung“
Konstantin Kuhle (FDP) führte an, es gebe 16- und 17-Jährige, die schon arbeiteten und Steuern zahlten, also umfangreich Verantwortung übernähmen. Zudem, erklärte er, führe die Wahlperiode von fünf Jahren bei der Europawahl dazu, dass auch 19-, 20-, 21- und 22-Jährige zum ersten Mal wählen dürften. „Zu glauben, dass es ein perfektes System der Altersabgrenzung im deutschen Rechtssystem geben könnte, ist absolut absurd“, schloss Kuhle.
Linke: „Längst überfällig“
Alexander Ulrich (Die Linke) gab seine Rede zu Protokoll. Das heißt, er hielt sie nicht persönlich am Rednerpult, sondern gab sie schriftlich ab. Die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 nannte Ulrich darin „längst überfällig“. Und weiter: „Der demografische Wandel bringt es mit sich, dass in den Parlamenten immer mehr ältere Menschen sitzen. Ältere bestimmen über die Zukunft der Jüngeren.“ So solle es nicht bleiben. Die Linke erwarte von der Ampel-Koalition, so Ulrich, „dass wir das auch für die Bundestagswahlen so umsetzen.“
Der Gesetzentwurf wurde zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
Hier seht ihr die Debatte im Video:
(jk)