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Bundeskanzler Scholz „Ich halte eine Impfpflicht für nötig“

In seiner ersten Regierungsbefragung als Kanzler musste Olaf Scholz (SPD) vor allem Fragen zu einer möglichen Corona-Impfpflicht beantworten. Daneben ging es auch um erneuerbare Energien, Mini-Jobs und die Ukraine.

Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Regierungsbank im Bundestag

Er freue sich auf die Sitzungswoche mit Debatten über die Pläne der Bundesregierung, sagte der Bundekanzler. Es sei „eine gute Woche für ein Signal des Aufbruchs“. © picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Opposition fordert von Scholz einen Entwurf

Es war nicht anders zu erwarten: Die Frage einer möglichen Corona-Impfpflicht dominierte die erste Regierungsbefragung der neuen Legislaturperiode, bei der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Abgeordneten Rede und Antwort stand. Scholz selbst hat in der Öffentlichkeit schon oft gesagt, dass er persönlich für eine Impfpflicht sei. Auch im Parlament betonte er: „Ich halte sie für notwendig und werde mich aktiv dafür einsetzen.“ Die Pflicht solle für „alle Volljährigen, alle über 18-Jährigen" gelten und das Ganze „möglichst unbürokratisch" sein.

Allerdings wurde in den letzten Tagen bekannt, dass die Bundesregierung keinen eigenen Gesetzentwurf dazu vorlegen werde. Stattdessen sollen Gruppen von Bundestagsabgeordneten in fraktionsübergreifenden Anträgen Vorschläge erarbeiten.

Die Unionsfraktion nahm ihre neue Rolle als stärkste Oppositionsfraktion wahr und forderte in der Regierungserklärung vehement einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Impfpflicht. „Wenn Sie nicht die Kraft dazu haben“, so Thorsten Frei (CDU/CSU), dann müssen Sie doch wenigstens die Fragen dazu aus diesem Parlament beantworten.“ Man wolle wissen, wie die Regierung sich eine Impfpflicht konkret vorstelle.

Scholz‘ Argument: Eine Impfpflicht für alle sei eine „so grundsätzliche Angelegenheit“, dass die Abgeordneten ohne die übliche Fraktionsdisziplin darüber debattieren und abstimmen sollten. Es diene der Sache, in diesem Fall „einen anderen Weg zu gehen“ als üblich. Die Regierung werde das Parlament aber natürlich bei dem Prozess begleiten und unterstützen.

Streit um steigende Preise und Energiequellen

Die AfD betonte in mehreren Fragen, die Menschen in Deutschland trieben die steigenden Verbraucherpreise vor allem im Energie-Bereich um. Daran sei die Regierung schuld, die sich für einen Ausstieg aus der Kernenergie entschieden habe. Zur Erklärung: Schrittweise wird die Bundesregierung bis zum Jahr 2022 alle Kernkraftwerke hierzulande abschalten. Das war 2011 beschlossen worden.

Der Bundeskanzler widersprach dieser Zuweisung und machte seine Haltung zum Thema Atomkraft deutlich: „Die Nutzung der Kernenergie ist nicht nachhaltig und wirtschaftlich nicht sinnvoll.“

Thematisch knüpfte Katrin Uhlig (Bündnis 90/Die Grünen) an und fragte Olaf Scholz, welchen Stellenwert der schnellere Ausbau von erneuerbaren Energien für die neue Regierung habe. „Wir werden schon 2030 deutlich mehr Strom brauchen als heute“, sagte Scholz. Als Ersatz für die stillgelegten Atom- und Kohlekraftwerke und um den Mehrbedarf zu decken, brauche es erneuerbare Energien. Er bat das Parlament um Unterstützung, den Ausbau mit auf den Weg zu bringen.

Diskussion um Arbeitsbedingungen und Fachkräftemangel

Die Linke setzte in ihren Wortbeiträgen einen Schwerpunkt auf die Rechte von Arbeitnehmern. Sie lobte ausdrücklich die Anhebung des Mindestlohns, die Anfang Januar in Kraft getreten ist, kritisierte aber die „Ausweitung der Minijobs“, die die Bundesregierung plane.

Zur Erklärung: Bei Minijobs zahlen Beschäftigte keine Steuern oder Sozialabgaben, abgesehen von einem Beitrag zur Rentenversicherung, von dem sie sich befreien lassen können. Bis zu einer Grenze von 450 Euro können sie auf diese Weise unkompliziert etwas (hinzu-)verdienen. Auch für Arbeitgeber sind diese Jobs attraktiv. Die Kehrseite ist, dass die Arbeitnehmer damit keinen Anspruch auf Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld haben.

Scholz widersprach der Darstellung, die Regierung wolle die Minijobs ausweiten und betonte, es sei das Ziel der Bundesregierung, viele sozialversicherungspflichtige Jobs zu schaffen. Er meint damit Arbeitsplätze mit kompletter sozialer Absicherung.

Ann-Veruschka Jurisch von der FDP sprach das Thema Fachkräftemangel an und fragte, welche Maßnahmen die Regierung plane, um mehr Menschen auf den deutschen Arbeitsmarkt zu holen. Der Bundeskanzler bekräftigte, es sei sehr wichtig, auch außerhalb der Europäischen Union nach qualifizierten Arbeitskräften zu suchen.

Internationale Themen

Es ging auch um die Ukraine, die im Osten Europas liegt. Seit 1991 ist das Land unabhängig. In 2013 kam es auf der Krim-Halbinsel zu Auseinandersetzungen zwischen Russland-treuen Separatisten und proeuropäischen Kräften. Seither herrschen in der Ukraine bürgerkriegsähnliche Zustände. Nun stehen russische Soldaten nahe der Grenze zur Ukraine, nicht nur die Regierung in Kyjiw befürchtet eine Invasion.

Die Krise in der Ukraine nannte der Bundeskanzler zu Beginn der Regierungsbefragung eine „ernste Bedrohung für die Sicherheit in Europa“, die ihm „persönlich große Sorgen“ bereite. Er sei deshalb froh, dass es Gespräche dazu unter anderem zwischen den USA und Russland gebe, und wolle alles dafür tun, zu einer Lösung beizutragen.

Bernd Westphal (SPD) sprach die G7-Präsidentschaft an, die Deutschland Anfang des Jahres übernommen hat. Die „Gruppe der 7“ ist ein Zusammenschluss der wichtigsten Industrieländer der westlichen Welt. Westphal fragte Scholz, welche Schwerpunkte die Regierung in diesem Kontext setzen wolle. Der Kanzler nannte den Klimaschutz als größten Schwerpunkt, außerdem die gemeinsame Bewältigung der Corona-Krise.

Hier seht ihr die komplette Regierungsbefragung im Video:

(jk)

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