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Coronapandemie Impfpflicht, Schließungen von Clubs und Diskos

Yasemin Kamisli

Mit großer Mehrheit stimmte der Bundestag für eine Impfpflicht für Gesundheitspersonal. Auch Clubs und Diskotheken können leichter geschlossen werden. Wer betroffen ist, welche neuen Regeln gelten und worüber es Streit gab.

Hände in blauen Handschuhe ziehen eine Spritze an einem Impfstoff-Fläschchen auf

Sie müssen ab März geimpft sein: Pflegepersonal, Ärzte und Personen, die etwa in Altenheimen, Kliniken oder mit Menschen mit Behinderung arbeiten. © DBT/Quelle: shutterstock.com/insta_photos

Immer mehr Menschen stecken sich mit dem Coronavirus an. Das liegt daran, dass sich nicht genug Leute impfen lassen. Die Erkenntnisse der Wissenschaft lauten: Impfungen gegen Corona schützen nicht nur sehr gut vor schweren Krankheitsverläufen, auch die Ansteckungsgefahr ist bei Geimpften deutlich geringer. Ein Gros der Ansteckungen derzeit geht auf Ungeimpfte zurück, auch auf den Intensivstationen in Deutschland liegen mehrheitlich Ungeimpfte. Daher werden die Stimmen lauter, die eine Impfpflicht als Ausweg aus der Pandemie sehen.

Jetzt kommt die Impfpflicht – für bestimmte Berufsgruppen. Im Bundestag stimmte am Freitag eine deutliche Mehrheit der Abgeordneten für einen Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Er dient der „Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie“. Hier erfahrt ihr, worum es geht.

Die Mehrheit ist dafür

Als Antwort auf die Impflücken und steigenden Infektionen wollen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eine begrenzte Impfpflicht einführen – und zwar im Gesundheits- und Pflegebereich. Am Freitag stimmte der Bundestag dem Gesetzentwurf zu: Die Koalitionsfraktionen und die Unionsfraktion stimmten dafür, die AfD dagegen, die Linksfraktion enthielt sich. In Zahlen heißt das: 571 Abgeordnete sagten „Ja“ zum Gesetzentwurf, 80 lehnten ihn ab. Es gab 38 Enthaltungen.

Noch am selben Tag stimmte auch der Bundesrat den neuen Regeln zu.

Bereits am Dienstag hatten die Abgeordneten in der ersten Lesung teils heftig gestritten: Die AfD-Fraktion hatte den Entwurf als „grenzüberschreitend“ bezeichnet, die Linke hatte von „Planlosigkeit“ der neuen Koalition gesprochen. Zahlreiche Experten haben den Parlamentariern zur Impfpflicht in Pflegeberufen geraten, wie eine öffentliche Anhörung im Hauptausschuss am Mittwoch zeigte.

Welche neuen Regeln gelten?

Das wurde beschlossen:

  • eine Impfpflicht im Pflege- und Gesundheitsbereich, in dem besonders durch Covid-19 gefährdete Menschen behandelt oder betreut werden, Beschäftigte sollen bis 15. März 2022 Nachweise erbringen, dass sie geimpft oder genesen sind, oder nachweisen, dass sie sich aus medizinischer Sicht nicht impfen lassen können, gibt es diesen Nachweis nicht oder zu spät, können Strafen und sogar Entlassungen folgen

  • auch Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker sollen unter bestimmten Voraussetzungen impfen können

  • neue finanzielle Unterstützung für Krankenhäuser

Außerdem erweiterte der Bundestag die Maßnahmen, die Bundesländer zur Eindämmung der Pandemie einsetzen können. Dazu zählen Kontaktverbote, Verbote für Sport und Freizeitveranstaltungen, die Schließung von Clubs, Diskotheken und Restaurants.

Einige der Regeln stehen in der „Ersten Verordnung der Bundesregierung zur Änderung der Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung“, der die Mehrheit der Abgeordneten ebenfalls zustimmte, gegen die Stimmen der AfD-Fraktion sowie bei Enthaltung der Linken.

Neuer Gesundheitsminister: „Die Impfpflicht ist notwendig“

„Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die Impfpflicht ist notwendig. Wir müssen zusammenarbeiten, um die Bevölkerung zu schützen“, forderte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Es sei nun das oberste Ziel, diese Gesundheitskrise so schnell wie möglich zu beenden. Lauterbach betonte, dass es sich hierbei um „eine Aufgabe für uns alle“ handele und nicht um Parteipolitik.

Mit Blick auf das Weihnachtsfest sieht Lauterbach die Notwendigkeit, möglichst viele Menschen zu impfen und die Maßnahmen anzupassen. Es gelte nun bis zu den Weihnachtsferien mit „Impftempo“ die Delta-Variante des Virus einzudämmen und die Omikron-Variante zu verhindern. Hierbei sollen die Bundesländer lokal die individuellen Corona-Lagen bekämpfen: auch wenn das bedeute, große Veranstaltungen abzusagen und Restaurants zu schließen. Der Gesundheitsminister gab sich optimistisch: „Man soll ja nicht sagen ‚Wir schaffen das‘, aber wir müssen an uns glauben und ich weiß, dass wir das schaffen werden.“

CDU/CSU fordert „Bonus für Pflegekräfte“

Der CDU-Abgeordnete Erwin Rüddel erklärte, die neue gesetzliche Grundlage gehe in die richtige Richtung. Die Nachbesserungen gingen auch auf Vorschläge der Union zurück. Die Impfungen würden weiter dynamisiert, auch gebe es ausreichend Impfstoffe. Zudem würden die wichtigen Hilfen für Krankenhäuser verstetigt. Allerdings springe die Ampel-Koalition immer zu kurz, sagte Rüddel und erinnerte an die vielen Corona-Toten und die überfüllten Intensivstationen, aus denen Patienten ausgeflogen werden müssten, weil eine Behandlung teils nicht mehr möglich sei.

„Sie tun zu wenig, um die Pandemie zu bekämpfen“, bemängelte der CDU-Abgeordnete. Es seien noch große Lücken im Gesetzentwurf zu erkennen. „Was tun Sie konkret zur Unterstützung der Pflegekräfte? Wo sind klare Aussagen zu Kindergärten und Schulen?“, fragte Rüddel und forderte, die einrichtungsbezogene Impfpflicht auf das Personal in Kitas und Schulen auszudehnen.

Grüne: „Impfflicht stellt Frieden und Schutz her“

„Mit diesem Gesetz legen wir einen wichtigen weiteren Baustein für mehr Sicherheit und mehr Schutz gegen Corona“, sagte Maria Klein-Schmeink von der Grünen-Fraktion. Auf die Kritik der Union sei anzumerken, dass auch sie an der aktuellen Corona-Lage nicht unschuldig sei: „Wegen Ihnen müssen wir nachsteuern“, bemängelte Klein-Schmeink. Auch sie forderte ein schnelleres Boostern, also Auffrischen der Impfung, und eine gemäßigte Anpassung der Corona-Regeln. „Wir schauen nicht zurück, sondern nach vorne und die Impfpflicht stellt innerbetrieblichen Frieden und Schutz her“, so Klein-Schmeink.

Zu einer allgemeinen Impfpflicht wegen der neuen Omikron-Variante sagte sie: „Wir werden alle Hinweise aus der Wissenschaft mit einbeziehen und darauf achten, dass weitere Maßnahmen zeitgemäß geschehen.“

FDP: Pro Kinderimpfstoff, contra Schulschließungen

„Impfen und Boostern ist der entscheidende Faktor, um Covid einzudämmen“, meinte Christine Aschenberg-Dugnus aus der FDP-Fraktion. Die Impfungen müssten weiter gesteigert werden, um den Nachfragen aus der Gesellschaft gerecht werden zu können. „In einer Notlage muss jeder impfen, der das darf und kann“, so Aschenberg-Dugnus.

Auch die Zulassung des Kinderimpfstoffes sei ein wichtiger Schritt in der Pandemiebekämpfung. Die FDP-Abgeordnete sprach sich gegen jegliche Schulschließungen aus, da „wir immer das soziale Wohl und Bildungschancen für Kinder und Jugendlichen im Auge behalten müssen.“ Es sei nun auch notwendig, die Ansteckungsgefahr insbesondere für Risikogruppen zu verringern.

AfD: „Politische Zwangsmaßnahmen“

„Die Bürger werden gezwungen, ihre körperliche Unversehrtheit aufs Spiel zu setzen“, kritisierte der AfD-Abgeordnete Tino Chrupalla und bezog dies auf die Impfung. Die gesellschaftliche Stabilität sei durch „die Unverhältnismäßigkeit politischer Zwangsmaßnahmen“ strapaziert. Chrupalla sagte, Impfungen würden lediglich eine trügerische Sicherheit vermitteln. Er kritisierte, dass davon gesprochen werde, dass das Virus besiegt werden könne. „Die Impfpflicht ist ein Wortbruch gegenüber früheren Versprechungen. Dies führt zu einem Vertrauensbruch in den Parlamentarismus.“

Die AfD-Fraktion legte auch drei Anträge sowie einen Entschließungsantrag vor, die alle abgewiesen wurden. Darin ging es um die Ablehnung der Corona-Impfpflicht, die Datenlage zur Impfung sowie um Grundrechte: „Grundrechte sind keine Geimpftenrechte“.

Linke: „Weltweite Pandemie kann nur weltweit besiegt werden“

„Die neue Bundesregierung bringt eine Impfpflicht in vier Tagen, aber kein minimales Dankeschön für die Pflegekräfte“, bemängelte Susanne Ferschl von der Linksfraktion. Sie forderte einen Bonus für Pflegepersonal, um „dem Applaus Taten folgen zu lassen.“ Ferschl spielte damit darauf an, dass zu Beginn der Pandemie zahlreiche Menschen in einer Aktion dem Pflegepersonal Applaus vom Balkon und Fenster aus gespendet hatten. In den Augen der Linksfraktion hat die Regierung zu spät reagiert: „Im Bund herrscht viel mehr kopflose Hektik als tatkräftiges Handeln“, so Ferschl. Als langfristige Strategie sehe sie die Lösung, Impfpatente freizugeben. Denn „eine weltweite Pandemie kann nur weltweit besiegt werden.“

Seht hier die heutige Aussprache im Video:

© DBT

Porträtfoto von Yasemin
Mitmischen-Autorin

Yasemin Kamisli

... studiert in Frankfurt am Main und setzt sich für die Sichtbarkeit von diversen Lebensrealitäten ein.

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