Ausschuss-Reise Gespräche über Menschenrechte in Japan und Taiwan
Mit dem Ausschuss für Menschenrechte war Peter Heidt (FDP) kürzlich in Japan und Taiwan. Hier berichtet er von Gesprächen über die Todesstrafe, die Asylpolitik sowie den Umgang mit China – und über die beeindruckende Begegnung mit einem Folter-Opfer.
Mit dem Ausschuss für Menschenrechte waren Sie Ende Oktober in Taiwan und Japan. Wie ist die Lage mit Blick auf die Menschenrechte in den beiden Ländern?
Es gibt einzelne Bereiche, in denen man über Menschenrechte sprechen muss. Und wo wir Defizite sehen, haben wir das auch thematisiert. Aber insgesamt ist die Menschenrechtslage in beiden Ländern sehr gut.
Japan ist eine gefestigte Demokratie. Und in Taiwan haben wir eine Gesellschaft, die aus dem Weißen Terror kommt. Bis 1987 hatten sie Kriegsrecht, das arbeiten sie immer noch auf. Da schauen sie interessiert auf Deutschland, wie wir das gemacht haben nach dem Nationalsozialismus und auch nach der SED-Zeit. Da gibt es sicher noch viel zu tun für Taiwan, aber insgesamt ist das eine sehr offene und lebendige Gesellschaft. Es war spannend zu sehen, wie diese demokratische Gesellschaft sich verändert und entwickelt. Das hat uns alle sehr beeindruckt.
Weißer Terror in Taiwan
Im Allgemeinen bezeichnet der Begriff „Weißer Terror“ die gewaltsame Unterdrückung von Oppositionellen und Regierungskritikern. In Taiwan bezeichnet der Begriff den Zeitraum von 1949 bis 1987, in der die Regierung das Kriegsrecht verhängt hatte, das ihr erlaubte, ihre Gegner zu verfolgen, zu verhaften und umzubringen.
Sowohl in Taiwan als auch in Japan gibt es die Todesstrafe noch. War das ein Thema auf der Reise?
Ja, das war ein wichtiges Thema für uns, weil wir die Todesstrafe natürlich aus vielen Gründen ablehnen. Interessant war, dass sowohl Regierungsvertreter als auch Parlamentarier aus der Opposition gesagt haben: Wir würden die Todesstrafe gerne abschaffen, aber die Bevölkerung ist dagegen. Ich hatte mitunter das Gefühl, dass man sich hinter dieser Aussage auch ein bisschen versteckt. Deshalb haben wir versucht zu sagen: Man kann auch langsame Schritte gehen und versuchen, die Bevölkerung mitzunehmen. Wir haben auch darauf hingewiesen, was es für eine Zumutung für Richter ist, eine Todesstrafe verhängen zu müssen – ich halte das für unmenschlich. Eine gewisse Nachdenklichkeit hat man in diesen Gesprächen auf jeden Fall gespürt.
Wir haben auch Nichtregierungsorganisationen getroffen, die sich für die Abschaffung der Todesstrafe engagieren und die auch gesagt haben: Die Regierung ist da zögerlich. Wir haben versucht, sie ermuntern, da mehr zu machen.
Japan wird mitunter wegen seiner restriktiven Asylpolitik kritisiert. Haben Sie mit Regierungsvertretern über den Umgang mit Asylbewerbern gesprochen?
Ja. Wir waren auch bei der Japanischen Anwaltskammer und haben mit denen darüber gesprochen – übrigens auch über die Todesstrafe. Die Anwaltskammer ist ganz klar für die Abschaffung der Todesstrafe. Und auch beim Thema Asyl hat sie gesagt: Wir haben Probleme mit der Abschiebehaft. Wir müssen etwas daran ändern, wie wir mit Asylbewerbern umgehen.
In beiden Ländern merkt man, dass es eine große Angst gibt, dass chinesische Agenten eingeschleust werden. Und gerade in Japan gibt es auch eine große Angst vor Überbevölkerung, obwohl Japan eine Bevölkerungsstruktur hat, die demografisch noch schwieriger ist als bei uns. Das Land braucht dringend Arbeitskräfte. Die Regierungsvertreter haben schon erkannt, dass sich da was ändern muss, aber das ist ein langsamer Prozess.
Ihre Reise war schon vorab in den Schlagzeilen, weil aus China Kritik an Ihrem Besuch in Taiwan laut wurde. Warum ist das so und wie sind Sie damit umgegangen?
China betrachtet Taiwan als Teil ihres Territoriums, der eigentlich längst wieder in die Volksrepublik China hätte eingegliedert werden müssen. Aber wir sagen ganz klar: Die Menschen in Taiwan haben Rechte, und wir lassen uns von der chinesischen Regierung nicht vorschreiben, wen wir besuchen dürfen. Wir haben die Kritik erwartet und sind professionell damit umgegangen. Wir wollten in Richtung Taiwan einfach unsere Unterstützung zeigen.
Welche Rolle hat China in Ihren Gesprächen vor Ort gespielt?
Eine große. In Taiwan merkt man ganz klar, dass die Menschen Angst vor China haben. Eigentlich redet man nicht darüber, ob China angreift, sondern nur darüber, wann es angreift. Auch die Themen Cyber-Attacken und Fake News beschäftigen die Taiwaner.
Und auch Japan ist damit konfrontiert, dass China einige Inseln von Japan beansprucht. China dringt teilweise in japanische Hoheitsgewässer ein.
Interessant ist, dass beide Länder gesagt haben: Wir werden weiter mit China Handel treiben, denn das Land ist ein wichtiger Partner für uns – aber wir versuchen es zu reduzieren. Verschiedene südostasiatische Länder arbeiten gemeinsam daran, ihre Beziehungen untereinander auszubauen, um den Einfluss Chinas zu verringern.
Sie haben Vertreter aus Regierung, Parlament und Zivilgesellschaft getroffen. Welche Begegnung war für Sie am eindrücklichsten?
Diese Reise war für mich einer der Höhepunkte meines bisherigen politischen Lebens. Wir sind dort vor laufenden Kameras von der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen empfangen worden, und es hat mir großen Spaß gemacht, mit dieser taffen Frau zu reden.
Ansonsten hat mich ein Besuch im Menschenrechtsmuseum sehr beeindruckt. Wir haben dort mit einem ehemaligen Häftling gesprochen, der im Zuge des Weißen Terrors zwölf Jahre lang unrechtmäßig inhaftiert war. Er hat uns seine Zelle gezeigt und von der Folter berichtet, die er ertragen musste, ganz ruhig und sachlich. Er hat ohne Hass gesprochen, aber es war ihm wichtig, dass die Menschen wissen, was damals passiert ist. Dieser Mann hat uns alle sehr beeindruckt.
Zur Person
Peter Heidt, 1965 geboren, ist Rechtsanwalt. Seit 1987 ist er Mitglied der FDP, seit 2019 sitzt er im Deutschen Bundestag. Aktuell ist er Obmann im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.
(jk)