AUSLANDS-SERIE: POLEN „Den deutsch-polnischen Jugendaustausch fördern“
Fabian Ernstberger
Wie arbeiten Parlamentarier anderer Länder? Abgeordnete des Bundestages treffen regelmäßig Kollegen aus aller Welt. mitmischen.de fragt nach – heute bei dem Vorsitzenden der Deutsch-Polnischen Parlamentariergruppe Paul Ziemiak (CDU/CSU).
Wie funktioniert der Parlamentarismus in Polen? Welche Unterschiede gibt es zu Deutschland?
Polen hat als älteste Demokratie in Europa ein etwas anderes politisches System als wir es hier in Deutschland kennen. In Deutschland gibt es Bundestag und Bundesrat. Der Bundesrat vertritt die 16 Bundesländer in unserem föderalen System, repräsentiert durch deren Regierungen. Das gibt es so in Polen nicht. Doch auch Polen hat ein Zwei-Kammern-Parlament. Die zwei Kammern heißen „Sejm“ und „Senat“. Im Sejm läuft die Gesetzgebung mit den Abgeordneten sehr ähnlich ab wie im Deutschen Bundestag. Gesetzesvorlagen, die aus dem Sejm kommen, können im Senat geprüft und geändert werden.
Welche Themen beschäftigen Sie in der Gruppe derzeit am meisten?
Besonders wichtig ist aktuell der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Polen leistet als Nachbarland der Ukraine einen unglaublich großen Beitrag, Kriegsflüchtlinge aufzunehmen. Wir sollten solidarisch mit Polen sein und gleichzeitig auch schauen, ob wir bei der Aufnahme von Flüchtlingen etwas von Polen lernen können.
Die Zukunft von EU und dem Verteidigungsbündnis Nato ist ein weiteres aktuelles Gesprächsthema. Hier wird gerade besonders die Frage diskutiert, wer welchen Beitrag für die Sicherheit innerhalb der Nato leisten kann.
Zuletzt möchte ich auch die Sprachförderung erwähnen. Es lebt eine deutsche Minderheit in Polen und im deutsch-polnischen Vertrag wurde festgelegt, dass dieser Minderheit uneingeschränkter Zugang zum Erlernen der deutschen Sprache garantiert wird. Gleiches gilt für deutsche Staatsbürger, die sich zur sogenannten Polonia bekennen, also zur polnischen Minderheit außerhalb Polens, und die auch die polnische Sprache erlernen wollen. In beiden Ländern wird der Vertrag derzeit nicht erfüllt.
Für uns ist es also besonders wichtig zu untersuchen, was wir unternehmen können, damit man in Deutschland gut Polnisch lernen kann und umgekehrt. Dies ist mir auch persönlich wichtig, denn die Beziehung zwischen Deutschland und Polen ist sehr eng. Es gibt nicht nur eine gemeinsame Grenze, sondern eine gemeinsame Geschichte – und so viel Verbindendes.
Wie erleben Sie das öffentliche Interesse in Deutschland an Polen und umgekehrt?
In Polen herrscht viel größeres Interesse an Deutschland als umgekehrt. Das ist schade und wir möchten das daher ändern, etwa, indem wir den deutsch-polnischen Jugendaustausch fördern und voranbringen.
Hatten Sie einen persönlichen Bezug zu Polen, bevor Sie den Vorsitz der Parlamentariergruppe übernahmen?
Ja, ich bin in Polen geboren worden. Als kleiner Junge kam ich nach Deutschland und bin hier zweisprachig aufgewachsen. Es ist für mich wirklich eine besondere Ehre, das Amt als Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Parlamentariergruppe innezuhaben, besonders, weil ich Polen gut kenne.
Gab es etwas, das Sie überrascht hat?
Da mich das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen schon ein Leben lang beschäftigt, war hier für mich wenig überraschend. Allerdings ist es eine neue Erfahrung, eine Gruppe zu führen, in der alle Fraktionen des Deutschen Bundestages vertreten sind. Mein Anspruch ist es, alle mit Respekt und Fairness zu behandeln – unabhängig davon, welcher Fraktion sie angehören.
Haben Sie einen Reise-Tipp in Polen?
Hier kann ich meinen Geburtsort Stettin natürlich sehr empfehlen. Wer denkt, dass ich als Zweites die Hauptstadt Warschau empfehle, der liegt falsch. Ein Besuch in Krakau ist für jeden eine große Bereicherung. Dort erlebt man die perfekte Mischung aus der facettenreichen Geschichte Polens und dem modernen europäischen Polen der jungen Generation.
Was ist für Sie typisch polnisch?
In einem Wort: Gastfreundschaft – und die ist perfekt, wenn es Piroggen gibt.
Zur Person
Paul Ziemiak, 1985 geboren, sitzt seit 2017 für die CDU/CSU im Deutschen Bundestag. Er ist Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und sitzt der Deutsch-Polnischen Parlamentariergruppe vor. Von 2018 bis 2022 war er Generalsekretär der CDU Deutschlands. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.
Fabian Ernstberger
ist 19, gelernter Bankkaufmann, lebt in der Oberpfalz und macht gerade sein Abitur. Er engagiert sich in der Schülervertretung und anderen Gremien für mehr Jugendbeteiligung in der Politik. Außerdem ist er beim Bundesprogramm „Demokratie leben!“ aktiv.