Stipendiat 2023 „Ich mag die deutsche Diskussionskultur“
Luca Dehmer, 21, kommt aus Neuseeland und hat ein Internationales Parlaments-Stipendium des Deutschen Bundestages bekommen – und damit die Chance, die Arbeit des Parlaments und der Abgeordneten kennenzulernen.
„Diesen Plan habe ich schon mit 17 gefasst: erst Uni-Abschluss, dann IPS-Bewerbung“, lacht Luca. Der Neuseeländer hat Familie in Deutschland, deshalb spricht er fließend Deutsch – mit einer Mischung aus neuseeländischem und badischem Dialekt. Sein Deutsch-Lehrer hat ihn damals an der Highschool auf das Internationale Parlaments-Stipendium (IPS) aufmerksam gemacht. Und Luca dachte sofort: Das ist was für mich.
Und genau so, wie er es sich vorgestellt hat, klappte es dann auch: Im Oktober schloss Luca in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington seinen Bachelor in Internationalen Beziehungen und Politikwissenschaft ab. Und im März startete er in Berlin ins IPS-Programm.
Internationales Parlaments-Stipendium (IPS)
Jedes Jahr lädt der Deutsche Bundestag bis zu 120 junge Hochschulabsolventen aus 50 Ländern ein, fünf Monate lang das parlamentarische Geschehen in Deutschland mitzuverfolgen und in einem Abgeordneten-Büro mitzuarbeiten. Details zum Programm findet ihr auf der IPS-Seite des Bundestages.
Beeindruckt von der deutschen Diskussionskultur
In Berlin war Luca vorher noch nie. „Die Stadt hat fast so viele Einwohner wie Neuseeland“, stellt er fest. Das sei mitunter schon „eine Herausforderung“. Aber er mag das Multikulturelle, die Vielfalt in der Stadt. Und was er an Deutschland allgemein und im politischen Berlin ganz besonders beeindruckend findet, ist die Diskussionsfreude: „Die Gesprächskultur ist auf jeden Fall eine andere als in Neuseeland. Wir sind generell eher konfliktvermeidend und zurückhaltend. Hier tauscht man gerne Meinungen aus und verteidigt die eigene Haltung.“
Im Bundestag werde auch innerhalb der Fraktionen viel diskutiert, hat Luca beobachtet. „Die Abgeordneten versuchen wirklich immer, die Gesetzentwürfe zu verbessern.“ Sowohl in den Ausschuss-Sitzungen als auch in den Debatten im Plenarsaal sei ihm das aufgefallen: der ernsthafte Versuch, bei allen Meinungsverschiedenheiten gemeinsam zu einem guten Ergebnis zu kommen.
Im Großen und Ganzen sei das politische System in beiden Ländern recht ähnlich, sagt Luca. Das Verhältniswahlrecht etwa habe Neuseeland von Deutschland adaptiert. Aber im Detail gebe es auf jeden Fall genug Input, um neue Ideen mit nach Hause zu bringen. Spannend findet er zum Beispiel, dass in den Ausschüssen Expertinnen und Experten ihre wissenschaftliche Perspektive einbringen.
Programm-Highlight Weimar-Reise
Das Stipendienprogramm ist so aufgebaut, dass die Stipendiaten zunächst einiges über Deutschland lernen - über das politische System ebenso wie über die Geschichte und aktuelle Themen. Sie besuchen Stiftungen, Gedenkstätten und Veranstaltungen der drei Berliner Universitäten. Anschließend arbeiten sie in einem dreimonatigen Praktikum in einem Abgeordnetenbüro mit.
Besonders eindrücklich war für Luca eine gemeinsame Reise nach Weimar: „Ich fand es sehr beeindruckend, zu sehen, wo die deutsche Demokratie angefangen hat“, erzählt er. „Ich liebe Geschichte.“ Auch die Exkurse zu Goethe und Schiller haben ihm gut gefallen.
Freude am Dialog mit anderen Kulturen
Was er am IPS außerdem besonders findet, ist der Austausch zwischen den Stipendiaten: 96 junge Menschen aus vielen verschiedenen Ländern und Kulturen sind derzeit im Bundestag unterwegs. „Ich mag diesen Diskurs mit anderen Kulturen“, sagt Luca. Der Austausch untereinander sei wundervoll: „Man kann immer von anderen lernen. Das tue ich hier jeden Tag.“ Er habe zum Beispiel einige Leute aus den Balkan-Staaten kennengelernt – eine Region, über die er vorher nicht viel gewusst habe.
Es gibt ein IPS-Alumni-Netzwerk. Aber Luca ist sich sicher, dass er auch privat Kontakt halten wird zu einigen Stipendiaten, mit denen er in den vergangenen Wochen Freundschaft geschlossen hat.
Internationale Zukunftspläne
Den internationalen Ansatz will Luca auch in seiner beruflichen Zukunft weiter verfolgen. „Ich sehe meine Zukunft schon außerhalb von Neuseeland“, erklärt er. Denn was wichtig sei, passiere doch eher in Europa oder den USA. Themenbereiche wie internationale Zusammenarbeit oder auch internationale Sicherheitspolitik interessierten ihn. Er könne sich zum Beispiel eine Arbeit im Auswärtigen Amt oder bei einer internationalen humanitären Organisation vorstellen.
Einen ersten Eindruck wird er sich gleich im Anschluss ans IPS verschaffen: Denn wenn das IPS-Programm im Juli endet, geht es für Luca noch nicht zurück nach Hause. Er bleibt für ein weiteres halbes Jahr in Berlin, um ein Praktikum in der neuseeländischen Botschaft zu machen.