IPS Afrikanische Staaten 2024 „Das politische Geschehen von Innen miterleben“
Naomi Webster-Grundl
Workshops, Stadtrundfahrt, Ausschuss-Sitzungen. Für einen Monat sind Stipendiatinnen und Stipendiaten aus Kenia, Namibia, Uganda und Südafrika im Rahmen des IPS-Programms in Berlin. Was hat sie bisher am meisten überrascht, was hat ihnen nicht so gut gefallen und worauf sind sie noch gespannt?
Auf der Fraktionsebene im Deutschen Bundestag tummeln sich ein Dutzend junger Menschen, die gegenseitig Fotos voneinander machen, Blicke in den Plenarsaal werfen, der eine Ebene tiefer liegt, und auf niemand Geringeren als die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) warten. Diese jungen Menschen sind die Stipendiatinnen und Stipendiaten des Internationalen Parlaments-Stipendiums für die afrikanischen Staaten südlich der Sahara.
Seit gut zwei Wochen sind sie nun in Berlin – haben sich die Stadt angeschaut, Workshops zu unterschiedlichen Themen besucht, sich mit Stiftungen und Abgeordneten getroffen und ausgetauscht. „Am besten hat mir bislang der Workshop zum Thema Korruption gefallen, weil wir in Afrika wirklich große Probleme mit Korruption haben. Es war wirklich toll, dass wir alle in dem Workshop auch unsere Sicht schildern konnten“, erzählt Roshaan aus Namibia. Maryannita aus Kenia berichtet: „Wir haben schon ein paar Abgeordnete getroffen und konnten mit ihnen ausführliche Gespräche führen, das war super. Wir haben zum Beispiel über die finanzielle Situation in Kenia und anderen afrikanischen Ländern im Vergleich zu Deutschland oder über Frauenpolitik und wie die deutsche Regierung Frauen schützen kann, gesprochen.“
Tolle Gelegenheit, sich zu vernetzen
Als Bundestagspräsidentin Bärbel Bas die Fraktionsebene betritt, verstummen die IPS-Teilnehmer, die gerade noch in angeregte Gespräche miteinander vertieft waren, fast ehrfürchtig. Vor dem Fototermin mit den Stipendiatinnen und Stipendiaten möchte Frau Bas wissen, wie es ihnen in Berlin gefällt und hebt hervor, dass das Stipendium eine tolle Gelegenheit sei, sich im Bundestag, aber gerade auch untereinander zu vernetzen. Als Frau Bas wieder weg ist, meint Maryannita: „Es war total cool, die Bundestagspräsidentin zu treffen.“
Einblick in den politischen Betrieb
Die Stipendiaten erzählen, dass sie vorher schon einiges über das deutsche Parlament wussten, aber jetzt durch das Programm so richtig mitbekommen, wie der politische Betrieb abläuft. Fatima aus Namibia sagt: „Es ist wirklich super, dass wir das politische Geschehen von Innen miterleben können und mit zu Ausschüssen und Fraktionssitzungen dürfen.“ Und David aus Südafrika ergänzt: „Ich finde es auch sehr spannend, mit den anderen Afrikanern und Afrikanerinnen ein anderes politisches System kennenzulernen und zu erleben. Und das dann gemeinsam besprechen und die Unterschiede zu unseren Ländern finden zu können. Das hilft, sich damit auseinanderzusetzen und sich auch zu überlegen, was man im eigenen Land besser machen könnte. In Südafrika ist ein Abgeordneter zum Beispiel gar nicht in seinem Wahlkreis tätig, sondern nur im Parlament und in den Wahlkreisen sind ganz andere Politiker zuständig. Das hat mich schon zum Nachdenken gebracht.“
Im Augenblick absolvieren die Stipendiaten ein einwöchiges Praktikum in den Abgeordnetenbüros. „Es ist sehr hektisch, aber auch sehr spannend. Eine Woche ist nicht lang, aber man bekommt wirklich viel mit und man bekommt einen guten Eindruck von der Arbeit“, findet Floris aus Südafrika.
Wenn man die Teilnehmer fragt, ob ihnen bislang etwas nicht so gut gefallen hat, schütteln sie lächelnd den Kopf. Nur Roshaan meint, dass die Leute manchmal zu schnell sprechen. Außerdem sei sie erstaunt, wie voll es in Berlin ist, überall so viele Menschen. 2018 war sie schon mal in Deutschland, aber fast nur in Bonn – und da sei es viel ruhiger gewesen.
Auf in die Zukunft
Sie sind sich einig, dass das IPS-Programm ihnen für ihre Zukunft helfen wird. Roshaan hat in Namibia Politik studiert und wird einen Gastvortrag an ihrer alten Universität über ihre Zeit in Berlin halten. Weiter studieren würde sie gerne in Deutschland: „Ich möchte ein Praktikum bei einer deutschen Stiftung machen, weil ich hoffe, dadurch die Chance auf ein Stipendium zu bekommen, um einen Master in Internationale Beziehungen oder Menschenrechte in Deutschland machen zu können.“ Wenn Fatima zurück in Namibia ist, steht für sie dort die Masterarbeit an: „Ich freue mich schon, wenn ich nach Hause zurückkomme und die Erfahrungen von hier mitbringe. Ich möchte meine Masterarbeit über Technologie und Bildung schreiben, und ich konnte hier das Thema konkretisieren, was mich sehr freut. Aber es ist natürlich schade, wenn das Programm dann zu Ende ist.“