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Kinderkommission Wurden Jugendliche im Lockdown vernachlässigt?

Sozialarbeiter unterstützen Jugendliche mit Problemen. Während der Corona-Pandemie waren sie in ihrer Arbeit aber deutlich eingeschränkt. Auf die schlimmen Folgen wiesen Experten in einem Fachgespräch hin.

Niedergeschlagene Jugendliche mit Sozialarbeiterin

Wohin, wenn man nicht weiterweiß? Im Lockdown hatten manche Jugendliche plötzlich keinen Ansprechpartner mehr. © shutterstock.com/Alexander Raths

Sie unterstützen Jugendliche bei allen möglichen Problemen: ob Schwierigkeiten mit den Eltern oder in der Schule, ob Mobbing oder Obdachlosigkeit: Jugendsozialarbeiter sind wichtige Ansprechpartner für junge Menschen in der Krise.

Doch im Frühjahr 2020, während des Corona-Lockdowns, blieben die Schulen wochenlang geschlossen. Damit brach die Sozialarbeit an Schulen zeitweise weg – ebenso wie im außerschulischen Bereich. Welche Auswirkungen hatte das auf Jugendliche, die sonst Unterstützung von Sozialarbeitern bekommen? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Kinderkommission des Bundestages am 7. Oktober.

Fazit der Experten

Eingeladen zum Gespräch waren drei Experten aus der Jugend- und Schulsozialarbeit. Ihre gemeinsame Einschätzung: Mit viel Kreativität sei es gelungen, die Hilfen für Jugendliche in der Zeit des Lockdowns im Großen und Ganzen aufrecht zu erhalten. In vielen Fällen sei es aber auch sehr schwierig gewesen, richtig in Kontakt mit den Jugendllichen zu bleiben.

Zehn Prozent sind verloren gegangen

Zu etwa zehn Prozent der hilfebedürftigen Jugendlichen sei der Kontakt ganz abgebrochen, sagte Hans Steimle von der Bundesarbeitsgemeinschaft evangelische Jugendsozialarbeit. Das betreffe vor allem die, die ohnehin eine besonders intensive Begleitung bräuchten.

Deshalb mahnte Steimle – auch mit Blick auf mögliche neue Corona-Wellen: „Schließung ist keine Lösung, Streichung ist keine Option!“ Die jüngst angestiegenen Zahlen von Kindern und Jugendlichen, die in der Psychiatrie betreut werden müssen, belegten die Dramatik des Themas.

Digital allein funktioniert nicht

Zwar hätten die Jugendsozialarbeiter während des Lockdowns versucht, wenigstens digital Kontakt zu den Jugendlichen zu halten, berichtete eine andere Expertin. Das sei aber in vielen Fällen schon an fehlenden Endgeräten oder mangelndem Datenvolumen gescheitert. Man dürfe nicht vergessen, dass nicht alle digital gleich ausgestattet seien – das hätte sich ja auch beim Homeschooling deutlich gezeigt.

Plädoyer an die Politik

Alle drei Experten appellierten an die Politik, die Jugendsozialarbeit zu stärken. Streetworker müssten als systemrelevant eingestuft werden. Außerdem müsse für zukünftige Notsituationen sichergestellt werden, dass Jugendliche lückenlose Unterstützung bekämen.

Hier seht ihr das Expertengespräch komplett im Video:

Schwerpunkt Jugendliche in der Corona-Krise

Die Kinderkommission hat es zu ihrem neuen Schwerpunkt gemacht, gemeinsam mit Experten zu schauen, wie es Kindern und Jugendlichen in der Corona-Krise geht, um für die Zukunft daraus zu lernen. Mehr darüber lest ihr im Interview mit dem Vorsitzenden Norbert Müller von der Fraktion Die Linke:

(DBT/jk)

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