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Hilfsorganisation Zum Sattessen zur Schule

Andia Mirbagheri

Kaum Lebensmittel, schlechte Wasserversorgung und kaum Zugang zu Bildung – dafür Kindersoldaten. Das ist die Lage im Südsudan. Die Kinderrechtsorganisation Plan International versucht, zu helfen. Andia stellt sie vor.

Teller mit Essen

Bohnen und Reis: Einmal am Tag können sich die Kinder in der Schule sattessen. © Kate Holt/Plan International

Die Lage: katastrophal

Eigentlich ist er selbst noch ein Kind: Gerade einmal acht Jahre alt ist der jüngste Staat auf dem afrikanischen Kontinent, der Südsudan. Über Jahrzehnte war die Region im Krieg mit dem Sudan. Am 9. Juli 2011 erlangte der Südsudan schließlich die Unabhängigkeit. Seit 2013 flammen in verschiedenen Regionen des Landes immer wieder bewaffnete Konflikte auf und viele der 12 Millionen Einwohner des ostafrikanischen Landes leiden Hunger.

Der jüngste Bericht des UN-Menschenrechtsrates gibt an, dass sich die Menschenrechtslage 2018 sogar verschlechtert habe. Die Menschen seien dem Bericht zufolge von Gewaltverbrechen, Krieg, humanitärer Not, Flucht und Massenvergewaltigungen betroffen. Besonders hart treffe es Frauen und Kinder. Letztere stellen die Hälfte der Gesamtbevölkerung dar. Zum Vergleich: In Deutschland ist ein Achtel der Bevölkerung unter 14 Jahre alt. Was bedeutet es für Kinder, wenn in ihrer Heimat Krieg herrscht? Vor welchen Herausforderungen stehen sie, und wer kümmert sich darum, dass sie eine Perspektive haben?

Plan International vorgestellt

Jennifer Arlt, 32 Jahre alt, arbeitet seit Juni 2018 als Referentin bei Plan International. Plan International ist ein internationales Kinderhilfswerk. Die Organisation ist in über 70 Ländern, unabhängig von Religion und Politik, tätig. Vorher hat Arlt, die studierte Ernährungswissenschaftlerin, an Forschungsprojekten in Uganda und Malawi gearbeitet. Den Südsudan kennt sie aus ihrer vorigen Tätigkeit mit der Schweizer Nicht-Regierungs-Organisation Medair. Im September 2018 ist sie das erste Mal für Plan International für zwei Wochen in den Südsudan geflogen, um sich selbst ein Bild von der Projektarbeit vor Ort zu machen. Neben der langfristigen Gemeindeentwicklung, die mit Hilfe von Patenschaftsprogrammen durchgeführt wird, engagiert sich Plan International in Konfliktgebieten mit verschiedenen Projekten.

Projektschwerpunkt Südsudan

Die humanitäre Hilfe finanziert Plan International durch private Spenden und kooperiert mit verschiedenen öffentlichen Geldgebern, wie dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, der UN-Flüchtlingshilfe (UNHCR) oder dem Europäischen Amt für Zusammenarbeit. Derzeit liegt der Projektschwerpunkt im Südsudan vor allem auf Ernährungssicherheit. Die Organisation ist hier seit 2006 aktiv und arbeitet in sechs Projekten vor allem im Südosten des Landes. "Ernährungssicherheit" heißt dabei konkret, dass zum Beispiel Familien darin unterstützt werden, selbst landwirtschaftlich anzubauen. Wenn sie selbst Schafe oder Ziegen halten können, schaffen sie sich somit eine eigene Nahrungsgrundlage. Außerdem verteilt Plan International in seinen Projekten Nahrungsmittel an Geflüchtete und organisiert tägliche Schulmahlzeiten.

Ein Mal am Tag satt essen

Jennifer Arlt hat unter anderem das "Schulspeisungsprojekt" bei ihrer Reise in den Südsudan für Plan International besucht und ist voller Hoffnung, dass es den Kindern vor Ort wirklich nützt. Denn wie in vielen anderen Konfliktregionen brauchen auch im Südsudan besonders die Kleinsten Aufmerksamkeit. Viele Kinder sind fehl- und unterernährt, erklärt Arlt. Dort ist es keine Selbstverständlichkeit wie hierzulande drei Mahlzeiten am Tag zu essen. Plan International stellt vor allem Bohnen und Reis für die Schulmahlzeit zur Verfügung. "Jeden Morgen um 10 Uhr essen sich die Schulkinder zumindest dieses eine Mal am Tag satt", sagt Arlt. Zusätzlich zu diesem Essensangebot organisieren die Mitarbeiter vor Ort einen Schulgarten, in dem frisches Gemüse angebaut werde. Jennifer Arlt findet diese Schulgärten sehr wichtig, weil Gemüse die Schulmahlzeiten mit Vitaminen und Nährstoffen anreichert. Als sie vor Ort war, gab es vor allem Spinat und Zwiebeln, rares Gut in der gebeutelten Region.

Wasserholen und Holzsammeln

Jennifer Arlt ist zuversichtlich, dass das Projekt auch in Zukunft gut läuft. Die Koordination mit den Schulen, die Mahlzeiten zu organisieren, klappe bisher gut, und um die Pflege der Schulgärten kümmerten sich die Familien der Kinder aus der gesamten Dorfgemeinschaft. Ein Problem sehe sie allerdings für die Kinder, die gar nicht erst zur Schule gehen. Vor allem Mädchen müssten Arlt zufolge im Haushalt helfen und kämen selten oder gar nicht zu Schule. Sie müssten von weit her Wasser holen oder für den heimischen Herd Holz sammeln.

77 Prozent haben zu wenig Essen

Plan International hat zur Lage der Mädchen eine Umfrage namens "Adolescent Girls in Crisis: Voices from South Sudan" (Junge Mädchen in der Krise: Stimmen aus Südsudan) in Zusammenarbeit mit der australischen Monash University durchgeführt. In dieser Umfrage berichten 77 Prozent der südsudanesischen Mädchen, dass sie nicht genug zu essen hätten und im Haushalt helfen müssten.

Um dieses Problem zu bekämpfen, ergänzt die Organisation ihr "Schulspeisungsprojekt" um die "Take Home Rations". Das sind zusätzliche Nahrungsmittelpakete, die am Ende eines Monats an besonders bedürftige Kinder, insbesondere an Mädchen, verteilt werden, die seltener in die Schule kommen. Die Take Home Rations können an eine Bedingung geknüpft werden, zum Beispiel, dass das Kind wenigstens 80 Prozent der Schulzeit anwesend sein muus. Dadurch, dass die Nahrungsmittel nach Hause gebracht werden, wird auch für die Eltern ein Anreiz geschaffen, das Kind regelmäßig zur Schule zu schicken.

Keine rosige Zukunftsaussicht

Wenn die Kinder erstmal etwas zu essen haben und die Möglichkeit bekommen, zu Schule zu gehen, dann setzt sich Plan International darüber hinaus auch für die berufliche Bildung der Jungen und Mädchen ein. So bekommen sie als Jugendliche trotz der Konflikte um sie herum zumindest ein wenig Sicherheit und eine Perspektive.

Andia Mirbagheri

Mitmischen-Autorin

Andia Mirbagheri

studiert Medizin

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