Aktuelle Petitionen Bürger wollen Klimaschutz am Bau und bessere Pflege
Eric Matt
Eine Idee, viele Unterschriften und schon landet das Ganze auf dem Tisch der Politik. So funktionieren Petitionen. Aktuell fordern viele Bürger klimaschonendes Bauen und bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte.
Wenn du politisch etwas verändern möchtest, kannst du dem Deutschen Bundestag eine Petition – also eine Bitte oder Beschwerde – schicken. Dieses Recht steht in unserem Grundgesetz: „Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich durch Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“ Im Parlament kümmert sich der Petitionsausschuss um die Anliegen und Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger.
Was passiert mit einer Petition?
Wenn eine Petition innerhalb von vier Wochen 50.000 Unterstützer findet, dann lädt der Petitionsausschuss den Petenten oder die Petentin nach Berlin ein, damit sie oder er mit Bundestagsabgeordneten und Regierungsvertretern sprechen kann – das passiert etwa viermal im Jahr. Das Anliegen wird auch bearbeitet, wenn die Hürde von 50.000 Unterstützern nicht geschafft ist. Jährlich reichen rund 17.000 Bürger Petitionen beim Deutschen Bundestag ein.
Video „Die Petition“
In dieser Woche ging es im Petitionsausschuss um klima- und sozialverträgliches Bauen sowie um bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege.
Gebäude belasten die Umwelt stark
Michael Wicke fordert in seiner Petition ein „umfassendes Maßnahmenpaket für ein klima- und sozialverträgliches Bauen“. Dadurch erhofft sich der Architekt, die „Pariser Klimaschutzziele zu erreichen und die Lebensqualität unserer Umwelt zukunftssicher zu gestalten“.
Was sind die Pariser Klimaschutzziele? Im Jahre 2015 einigten sich 197 Staaten durch das Pariser Klimaabkommen, das 2016 in Kraft trat, gemeinsam gegen den Klimawandel vorzugehen. Ziel ist dabei, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid CO2 sind für den Klimawandel maßgeblich verantwortlich und entstehen beispielsweise durch Abgase von Flugzeugen, Autos oder Kohlekraftwerke.
Laut Wicke aber hätten vor allem Häuser und andere Gebäude Auswirkungen auf den Klimawandel: „Bau und Betrieb von Gebäuden verursachen in Deutschland circa 40 Prozent des CO2-Ausstoßes. Das ist doppelt so viel wie der gesamte Verkehr“, so Wicke.
Baumaterialien mehrfach verwenden
Daher müsse „Deutschland eine umfassende Bauwende einleiten“. Um dies zu schaffen fordert der Petent beispielsweise, Umweltkosten in die Preise von Baumaterialien einzuberechnen oder auch, dass „Bauprodukte kreislaufgerecht rückgebaut und verbaut werden“. Letzteres bedeutet, dass man Materialien öfter verwendet, um so die Umwelt weniger zu verschmutzen und Ressourcen zu schonen.
Außerdem möchte Wicke mehr Transparenz, Flexibilität und neue Gesetze. Wickes Petition erhielt über 57.000 Online-Mitzeichnungen auf dem Petitionsportal des Bundestages.
Politik setzt vieles bereits um
„Das ist ein sehr spannendes Thema. Die Maßnahmen, die sie einfordern, sind geeignet, die Ziele zu erreichen“, sagte Volkmar Vogel (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Ein Großteil der Forderungen aber werde von der Politik bereits umgesetzt. Vogel erklärte, es brauche einen „breiten gesellschaftlichen Konsens“ und die Zusammenarbeit zwischen Bund, Länder und Kommunen.
Petent schreibt Geschichte
Der Journalist Bernhard Albrecht, der die Petition zu Pflegekräften einreichte, schaffte etwas ganz Besonderes: Sein Anliegen ist die erfolgreichste Online-Petition in der Geschichte des Petitionsausschusses.
Mit über 206.000 Online-Unterschriften hat Albrecht die erforderliche Hürde um mehr als das Vierfache übertroffen. Zu den digitalen Unterschriften kamen noch mal rund 121.000 in Papierform hinzu.
Falsches Prinzip: „Je billiger die Pflege, desto höher der Gewinn“
Albrecht setzt sich in seiner Petition mit einem Problem auseinander, das sich durch die Corona-Pandemie und volle Krankenhäuser zuspitzte: Es geht um die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften. Diese Bedingungen möchte der Petent verbessern, um „Pflege in Würde“ gewährleisten zu können.
Ob bei einem Herzinfarkt oder nach einem Unfall – Pflegekräfte seien essenziell wichtig und würden manchmal sogar früher als ein Arzt erkennen, was nötig ist. Bisher aber gelte laut Albrecht das Prinzip „je billiger die Pflege, desto höher der Gewinn“.
Durch 120.000 fehlende Pflegekräfte würden „Menschen in ihren Exkrementen“ liegen und „mit Medikamenten und Gurten ihrer Freiheit beraubt“ werden.
Durch Mangel sei das Personal überfordert, verwechsle Medikamente und mache mehr Fehler. Dies wiederum führe dazu, dass Krankheiten schwerer verlaufen würden und es mehr Todesfälle gebe.
Der Petent fordert deshalb „eine grundlegende Reform unseres Gesundheitssystems“. Dies sei die einzige Möglichkeit, um „Pflegeberufe wieder attraktiv“ zu machen. Albrecht appelliert in seiner Petition: „Unser Umgang mit dem Thema Pflege entscheidet darüber, wie menschlich unsere Gesellschaft im 21. Jahrhundert bleibt. Es geht um unsere Eltern, Großeltern, Kinder, um unsere Zukunft.“
Wasserstrahl oder Wassertropfen?
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte, dass er mithelfen wolle, die Situation in der Pflege zu verbessern, damit „aus Wort auch Tat wird“. Es gebe aber schon jetzt einige positive Entwicklungen. So habe sich die Politik beispielsweise mit besseren Berufsperspektiven und einer höheren Bezahlung auseinandergesetzt. Ebenso konnten im Bereich der Digitalisierung und der „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ Erfolge erzielt werden.
Laut Spahn sei es problematisch, dass die Politik einerseits das Gefühl habe „wir halten mit dem vollen Wasserstrahl auf das Problem“ und andererseits „diejenigen in der Pflege das Gefühl haben, es sind nur Tropfen auf den heißen Stein“.
Welchen Weg eine Petition von der Bitte bis zur abschließenden Antwort geht, seht ihr in unserer Infografik.
Inhalte der Infografik als barrierefreies PDF
Die gesamte öffentliche Sitzung des Petitionsausschusses könnt ihr euch im Video anschauen.
Eric Matt
... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.