Telemediengesetz Neue Regeln für Video-Plattformen
Videos mit strafbarem Inhalt? Das sollen Nutzer in Zukunft unkompliziert melden können. Der Anbieter muss dem dann nachgehen. So hat es der Bundestag kürzlich beschlossen – manchen Fraktionen gehen die Änderungen aber noch nicht weit genug.
In Zukunft sollen Nutzer von Video-Plattformen die Möglichkeit haben, rechtswidrige Inhalte schnell und unkompliziert zu melden. Der Anbieter der jeweiligen Seite muss ein Verfahren entwickeln, mit dem er solche Beschwerden prüft und entsprechend handelt, wenn sie berechtigt sind.
In der letzten Sitzungswoche, am 2. Juli 2020, hat der Bundestag eine Änderung des Telemediengesetzes beschlossen. Damit wird eine EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste in deutsches Recht umgesetzt. Die Richtlinie schreibt vor, dass das bis 19. September 2020 geschehen muss.
Der Anlass für die Änderungen, erklärte Axel Knoerig (CDU/CSU) in der Debatte, seien „vielfache Verstöße gegen den Datenschutz und nutzerfeindliches Verhalten der großen Online-Plattformen“ gewesen. Mit dem neuen Gesetz wolle man den Verbraucherschutz stärken und gleiche Bedingungen für Fernsehsender, Streaming-Anbieter und Video-Plattformen schaffen.
Was ändert sich?
Videosharing-Plattformen und audiovisuelle Mediendienste – sprich: alle Internetseiten, auf denen Videos zu sehen sind – werden ins Telemediengesetz aufgenommen. Sie müssen dann die beschriebenen Vorgaben für Nutzerbeschwerden erfüllen.
Außerdem wird es künftig eine „Listenpflicht“ geben. Das heißt, die Anbieter der Dienste müssen Herkunftsländer für ihre Internetseite angeben. Das macht es leichter, strafbare Inhalte nachzuverfolgen.
Mit dem Telemediengesetz wurde übrigens auch das Deutsche-Welle-Gesetz angepasst. Die Deutsche Welle ist der Auslandsrundfunk Deutschlands und Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie soll in Zukunft mehr barrierefreie Angebote zur Verfügung stellen.
Noch eine Neuerung: Angebote, die für Kinder und Jugendliche schädlich sein könnten, müssen gekennzeichnet werden. Und der Anbieter muss sicherstellen, dass Daten, die er über Minderjährige erhoben hat, um zum Beispiel den Jugendschutz zu gewährleisten, nicht für Werbung oder andere Zwecke genutzt werden.
Für den Gesetzentwurf der Bundesregierung stimmten nur die Koalitionsfraktionen. AfD und FDP stimmten dagegen. Linke und Grüne enthielten sich. Einige Kritikpunkte wurden in der Debatte aufgegriffen.
AfD fürchtet „supranationalen Überwachungsstaat“
Martin Erwin Renner (AfD) kritisierte, dass mit der Gesetzesänderung nur EU-Richtlinien umgesetzt würden. Das sei der „Abschied von der nationalen Souveränität“ – und eine „Schande“. Er warf der Bundesregierung Misstrauen gegenüber den eigenen Bürgern vor, sprach von Denunziation und einem „weiteren Melde- und Überwachungsinstrument“, das zu einem „supranationalen Überwachungsstaat“ beitrage.
„Klein-Klein“ statt einheitlicher Regelung
Petra Sitte (Die Linke) dagegen meinte, die Bundesregierung habe bei dem Entwurf „an so mancher Stelle der Mut verlassen“. Ihre Fraktion wäre das Thema rechtswidriger Inhalte in Online-Videos gerne umfassender und einheitlicher angegangen. Stattdessen habe man nur kleine Änderungen an verschiedenen Gesetzen vorgenommen. Neben dem Telemediengesetz seien das unter anderem das Netzwerkdurchsetzungsgesetz und das Tabakerzeugnisgesetz.
Auch Manuel Höferlin (FDP) kritisierte „dieses ganze Klein-Klein“, das nur Verwirrung erzeuge. „Das geht komplett an der Lebenswirklichkeit vorbei und zerstört ein Stück weit die Netzkultur!“ Von der Regierung forderte Höferlin: „Schaffen Sie Klarheit, und zwar nicht nur für die Plattformen, sondern vor allem für die vielen Kreativen im Netz!“
Gesetz gilt nicht für alle
Falko Mohrs (SPD) betonte, wie wichtig Video-Plattformen heute für Jugendliche seien. Insofern sei die Erweiterung des Telemediengesetzes richtig und wichtig. Er wies aber auch darauf hin, dass die Regeln nur für Plattformen mit Sitz in Deutschland gelten.
Diesen Punkt betonte auch Margit Stumpp (Die Grünen) kritisch: „Die von der EU vorgegebenen Regeln zur Plattformregulierung sind wichtig. Allerdings lösen sie ein wesentliches Problem nicht: YouTube, Twitter, Facebook und Amazon sind von diesen Gesetzesänderungen nicht betroffen, weil für die Regulierung immer noch das Herkunftsland ausschlaggebend ist und nicht der Marktort.“ Deshalb forderte Stumpp wie FDP und Linke eine umfassende Gesetzgebung.
Die Debatte könnt ihr euch hier anschauen (sie ist allerdings recht kurz, da etliche Abgeordnete ihre Reden nur zu Protokoll gegeben haben):
(DBT/jk)