Nach dem Aus der Bundesregierung Parlament debattierte über Weg zu Neuwahlen
Der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat festgelegt, am 15. Januar 2025 die Vertrauensfrage an das Parlament zu stellen. Doch mit dem Ausscheiden der FDP-Fraktion aus der Regierungskoalition werden die Forderungen der Oppositionsfraktionen nach zeitnahen Konsequenzen lauter.
Während einer von der AfD-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Der politischen Handlungsunfähigkeit entgegentreten – Den Weg für Neuwahlen freimachen und die Vertrauensfrage umgehend stellen“ am Freitag, 8. November 2024, zwei Tage nach dem Aus der Ampel-Koalition, haben die Fraktionen CDU/CSU, FDP, AfD sowie die Gruppe BSW Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, noch in der kommenden Sitzungswoche die Vertrauensfrage im Parlament zu stellen und damit den Weg für möglichst zeitnahe Neuwahlen freizumachen. Unterstützung für den Plan des Kanzlers, die Vertrauensfrage erst in der ersten Sitzungswoche des Jahres 2025 zu stellen, kam von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie der Gruppe Die Linke.
AfD: CDU ist Teil des Problems
„Machen Sie den Weg frei für sofortige Neuwahlen“, sagte Dr. Bernd Baumann (AfD) an den allerdings beim EU-Gipfel in Budapest weilenden Bundeskanzler gerichtet. Das Land brauche diese Neuwahlen. „84 Prozent der Bevölkerung wollen das auch so“, betonte der AfD-Abgeordnete.
Der Ampel warf er vor, eine existenzielle Krise in Deutschland heraufbeschworen zu haben. Tausende Unternehmen würden ins Straucheln kommen und Mitarbeiter entlassen oder ihre Standorte ins Ausland verlagern. Schuld daran sei „eine Kaste außer Rand und Band geratener Politiker“, die Deutschland in ein links-grünes Utopia transformieren wollten.
Davon auszugehen, dass künftig mit einem CDU-Kanzler alles besser werde, sei aber falsch, so der AfD-Abgeordnete. „Die CDU ist nicht die Lösung des Problems. Sie ist Teil des links-grünen Problems“, befand er. Vom Atomausstieg über das Verbrenner-Verbot bis hin zum Klima- und Transformationsfonds – all dies habe eine Unionsregierung eingeführt.
SPD will geordneten Weg zu Neuwahlen
„Wir entziehen uns der Verantwortung nicht, wenn es auch einmal schwierig wird“, sagte Dirk Wiese (SPD). Das Grundgesetz weise allein dem Bundeskanzler das Initiativrecht für die Vertrauensfrage zu. Das sei eine wichtige Lehre aus der Weimarer Republik, wo Nationalsozialisten und andere Extremisten die junge Demokratie regelmäßig in die Regierungsunfähigkeit manövriert hätten. Durch die derzeit vorgetragene Forderung nach „überstürzten Neuwahlen“ solle Unsicherheit in die Institutionen und „Zweifel an der vorgezogenen Legitimität“ geschürt werden, sagte Wiese.
Der Bundeskanzler habe einen klaren und geordneten Weg zu Neuwahlen skizziert. „Niemand da draußen möchte, dass an Heiligabend oder am ersten Weihnachtsfeiertag jemand an seiner Haustür klingelt und Wahlkampf macht“, so Wiese. Benötigt werde ein geordneter und verantwortungsvoller Weg, auf dem kurzfristige Entscheidungen getroffen werden müssten, die nicht warten könnten, bis sich eine neue Regierung gebildet hat. Dabei würden alle Parteien der demokratischen Mitte Verantwortung tragen, sagte der SPD-Abgeordnete.
CDU/CSU: Deutschland braucht handlungsfähigen Bundestag
Thorsten Frei (CDU/CSU) warf Bundeskanzler Scholz vor, die FDP zum Sündenbock und zum Alleinverantwortlichen für den Zusammenbruch der Ampel machen zu wollen. Offenbar könne sich Scholz nicht daran erinnern, „dass die SPD fast 26 Jahre durchgehend Regierungspartei war“. Scholz habe die Ampel geführt. „Der Bankrott der Ampel ist der Bankrott von Olaf Scholz“, konstatierte Frei. Die Koalition sei schon zu dem Zeitpunkt gescheitert, als durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts deutlich geworden sei, dass die Ampel ihre Widersprüche und ihre Politik „nicht mehr mit Milliarden neuer Schulden zukleistern konnte“, sagte er.
In der aktuell schwierigen wirtschaftlichen und außenpolitischen Situation brauche Deutschland einen handlungsfähigen Bundestag und einen handlungsfähigen Bundeskanzler, betonte der Unionsabgeordnete. Olaf Scholz sei aber eine „Lame Duck“. Es sei ihm unverständlich, wie die Rest-Ampel auf die Idee komme, ohne Mehrheit Gesetze durchsetzen zu können, obwohl sie doch schon mit einer Mehrheitsregierung „nichts auf die Reihe gekriegt hat“, sagte Frei. Wer Verantwortung für das Land übernehmen will, müsse den Weg für schnelle Neuwahlen freimachen.
Grüne: Koalition hat viel erreicht
Dr. Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen) kündigte an, sich dem Votum der Wähler erneut stellen zu wollen, „sobald der Bundeskanzler den Weg dafür freigemacht hat“. Mihalic erinnerte an die Wahl 2021, die gezeigt habe, dass es einen klaren Auftrag gegeben habe, nach den vielen Jahren des „großkoalitionären Stillstands“ einen Neuanfang zu wagen. „Dieser Aufgabe haben wir uns als Ampel-Koalition gestellt.“ Dass dies kein Spaziergang werden würde, sei allen von Anfang an klar gewesen. Dennoch habe die Koalition viel erreicht, resümierte die Grünen-Abgeordnete. Es sei tragisch, dass die FDP in den letzten Monaten nicht mehr die Kraft gefunden habe, diesen Weg weiterzugehen.
Die Grünen wollten in der jetzigen schwierigen Situation Verantwortung übernehmen und für einen geordneten Übergang zu Neuwahlen sorgen, statt das Land dem Chaos zu überlassen. Es gehe nicht um Egoismen oder kurzfristige Geländegewinne, sagte Mihalic.
FDP: Richtungsentscheidung wird benötigt
Es sei jetzt die Zeit, wo man politischen Mut braucht, sagte Christian Dürr (FDP). Benötigt werde eine Richtungsentscheidung. Der Koalition habe bedauerlicherweise dazu die Kraft gefehlt. „Jetzt müssen die Menschen in Deutschland entscheiden.“ Auf die Vorwürfe der Grünen, die FDP habe keine Kraft mehr gehabt, entgegnete Dürr: Das Angebot von SPD und Grünen im Koalitionsausschuss sei das Brechen der Schuldenbremse statt wirksamer Reformen gewesen. „Das konnte kein Angebot für meine Fraktion sein. Es konnte kein Angebot für Deutschland sein“, sagte Dürr.
Festzustellen sei, dass die Rumpfkoalition nun keine Mehrheiten habe. Um jetzt tatsächlich schnell zu Entscheidungen im Interesse der „hart arbeitenden Mitte“ – etwa bei der kalten Progression – zu kommen, müsse der Bundeskanzler die Vertrauensfrage stellen, so der FDP-Abgeordnete.
Linke und BSW für Neuwahlen
Auch Heidi Reichinnek (Gruppe Die Linke) sprach sich für Neuwahlen aus. So eine Wahl sei aber nicht von heute auf morgen zu organisieren, befand sie. „Die Neuwahl muss geordnet ablaufen.“ Das wüssten auch die „Schreihälse von AfD, Union und FDP“. Sie hofften aber, aus dem Chaos und der aktuellen Unzufriedenheit Kapital zu schlagen.
So schnell wie möglich Neuwahlen will hingegen Klaus Ernst (Gruppe BSW). Die Bürger in Deutschland hätten aber schon die Vertrauensfrage gestellt, sagte er mit Blick auf die Union. Mehr als 60 Prozent glaubten laut einer Umfrage, dass sich mit CDU/CSU nichts ändert oder es ihnen schlechter geht. „Eine Alternative sind Sie zurzeit nicht“, sagte Ernst.
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Dieser Beitrag erschien zuerst auf bundestag.de.