Das Aus der Ampelkoalition Wie geht es nach dem Ende der Ampelkoalition weiter?
Naomi Webster-Grundl und Jasmin Nimmrich
Entlassung des Finanzministers, Minderheitsregierung, Vertrauensfrage, angekündigte Neuwahlen – die Ampelkoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ist zerbrochen. Wie es jetzt weitergeht, erfahrt ihr hier.
Am Abend des 6. November 2024 hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen, nachdem die Ampelkoalition sich in Haushaltsfragen grundlegend nicht einigen konnte. Damit ist die Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP nach rund drei Jahren zerbrochen.
Wie geht es jetzt weiter?
Bundeskanzler Olaf Scholz hat angekündigt, dass er die Vertrauensfrage im Bundestag stellen wird. Bis dahin möchte er mit einer Minderheitsregierung, bestehend aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen, weiterregieren.
Was ist eine Minderheitsregierung?
Die Bezeichnung „Minderheitsregierung“ ist kein gültiger Rechtsbegriff. Man versteht darunter eine Regierung, die keine Mehrheit im Parlament hat, in ihrem parlamentarischen Handeln also auf die Unterstützung der Opposition angewiesen ist. Das Oppositionslager, das alle Fraktionen und Gruppen umfasst, die nicht an der Regierung beteiligt sind, hat in diesem Fall die parlamentarische Mehrheit. Seit der Gründung der Bundesrepublik im Jahr 1949 gab es vier Minderheitsregierungen, mit einer durchschnittlichen Dauer von 80 Tagen.
Und was wird aus dem Bundeshaushalt?
Mit dem Zerfall der Ampelkoalition gibt es für den Bundeshaushalt 2025 keine Regierungsmehrheit mehr. Sollte durch eine ausbleibende Unterstützung der Oppositionsfraktionen kein Haushalt beschlossen werden können, würde es ab Januar zu einer sogenannten vorläufigen Haushaltsführung kommen. Dies würde bedeuten, dass vorerst nur Ausgaben möglich sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen.
Vertrauensfrage: Und dann?
Nach Artikel 68 des Grundgesetzes kann der Bundeskanzler im Bundestag beantragen, ihm das Vertrauen auszusprechen. Wenn der Regierungschef dabei keine Mehrheit erhält, kann er den Bundespräsidenten bitten, den Bundestag aufzulösen. Für die Auflösung des Bundestages hat der Bundespräsident maximal 21 Tage Zeit. Wenn der Bundestag aufgelöst wird, müssen nach Artikel 39 des Grundgesetzes innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen stattfinden.
Nach der Auflösung
Sollte der Bundestag aufgelöst werden, ist Deutschland politisch nicht führungslos. Der Bundeskanzler und sein Kabinett bleiben zunächst im Amt. Artikel 69 des Grundgesetzes sieht vor, dass der Kanzler auf Ersuchen des Bundespräsidenten verpflichtet ist, die Amtsgeschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers weiterzuführen. Der aufgelöste Bundestag bleibt bis zum Zusammentritt des neuen Bundestages bestehen, es gibt also keine parlamentslose Zeit.
Die Rolle des Bundespräsidenten
Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Donnerstag, den 7. November den bisherigen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mit der Übergabe einer Entlassungsurkunde aus dem Ministeramt entlassen. Auch im Falle des FDP-Bundesminister Marco Buschmann (Justizminister) und Bettina Stark-Watzinger (Bildungsministerin), die von ihren Posten zurückgetreten sind, hat der Bundespräsident die Entlassungsurkunden übergeben. Bundesverkehrsminister Volker Wissing ist hingegen aus der FDP ausgetreten und verbleibt in seinem Ministeramt. Neuer Finanzminister ist Jörg Kukies (SPD), der bislang als Staatssekretär im Kanzleramt tätig war. Er wurde am 7. November 2024 im Deutschen Bundestag vereidigt. Verkehrsminister Volker Wissing übernimmt zusätzlich das Justizministerium, während Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) zusätzlich das Bildungsministerium übernimmt. Bei der Neubesetzung der Ministerposten ist es ebenfalls Aufgabe des Bundespräsidenten, die Ernennungsurkunden zu übergeben.