Globale Gesundheit „Gesundheit ist elementar verbunden mit Gerechtigkeit“
Pandemie-Prävention, armutsbezogene Krankheiten und gesundheitliche Folgen der Klimakrise: Johannes Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) erklärt, womit sich der Unterausschuss Globale Gesundheit beschäftigt.
Gesundheit ist eine ganz elementare Grundvoraussetzung für Menschen, um sich entwickeln zu können. Deswegen ist sie auch eins der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Wenn wir wollen, dass Menschen überall auf der Welt sich frei entwickeln können, müssen wir die Gesundheitssysteme weltweit stärken.
Globale Gesundheit ist ein also großes und sehr wichtiges Querschnittsthema, das viele Bereiche betrifft. Damit es genügend Raum im Parlament bekommt, gibt es diesen Unterausschuss.
Das Thema ist wichtiger geworden – und es ist auch dieser Koalition besonders wichtig. Spätestens seit der Pandemie wissen wir alle, dass große Gesundheitsgefahren nicht an der Landesgrenze Halt machen. Das gilt auch für Naturkatastrophen wie jetzt das Erdbeben in der Türkei und Syrien, ebenso wie für die Luftverschmutzung und die Klimakrise – auch das sind globale Gesundheitsrisiken.
Zunächst, dass wir auf die Pandemie nicht so gut vorbereitet waren, wie wir dachten – oder wie wir hätten sein wollen. Deshalb kam es mitunter zu unkoordiniertem Vorgehen und auch zu Ungerechtigkeiten.
Ein zentraler Punkt war zum Beispiel die Impfstoffgerechtigkeit. Zu Beginn der Pandemie wurden Impfstoffe gehortet. Und im globalen Süden konnten die hohen Preise dafür auch gar nicht bezahlt werden. Mittlerweile gibt es zwar genug Impfstoff für alle. Trotzdem ist die Impfquote in vielen Ländern des globalen Südens noch deutlich geringer als hier. Das liegt unter anderem daran, dass vor Ort die nötigen Strukturen gar nicht vorhanden sind, um den Impfstoff auch zu verimpfen.
Für die Zukunft müssen wir besser vorbereitet sein. Am besten wäre es, auf allen Kontinenten Impfstoff herstellen zu können. Dafür müssen wir Technologien weitergeben. Gesundheit ist kein Markt wie andere. Hier ist es nochmal wichtiger, dass man ihn nicht rein nach Gewinnaspekten betrachtet.
Das ist eine gute Frage, die uns politisch weiter beschäftigt – national wie international. Wir haben auf jeden Fall gelernt: Es gibt jetzt neue, bessere Strukturen, und es entstehen Konzepte, wie man in Zukunft besser zusammenarbeiten kann. Aber haben wir genug gelernt? Ich denke, noch nicht.
Bei der Pandemie-Prävention sind wir zum Beispiel sicher noch nicht gut genug. Solange der Mensch stark in die natürlichen Lebensräume von Tieren vordringt – und das ist in Afrika, Asien und Südamerika nach wie vor der Fall –, steigen die Gefahren für zukünftige Pandemien. Beim Schutz der Biodiversität müssen wir besser werden, denn das hängt unmittelbar mit der Gefahr von Infektionskrankheiten zusammen. Und das ist eine Aufgabe für die gesamte Staatengemeinschaft, denn die Menschen vor Ort handeln ja aus der Not heraus so.
Das sind Krankheiten, die besonders im globalen Süden in Zusammenhang mit Armut entstehen. Sie treten auf, wenn man verschmutztes Wasser trinkt oder in Häusern ohne verschließbare Fenster und Türen wohnt, in die Moskitos leicht eindringen können. Wurmerkrankungen, Malaria, Schlangenbisse sind Beispiele.
Wir wollen diese Krankheiten bekämpfen. In den Nachhaltigkeitszielen ist sogar festgehalten, dass wir sie bis 2030 um 90 Prozent reduzieren wollen. Wenn man bedenkt, dass Armut in manchen Regionen der Welt sogar zunimmt, sieht es an dieser Front nicht so richtig gut aus.
Hinzu kommt, dass die Erforschung neuer Medikamente sich schwer gestaltet. In Deutschland forschen mitunter Universitäten in diese Richtung. Zu einem großen Teil sind es aber auch Pharmaunternehmen. Und die forschen vor allem dann, wenn sie sich einen Profit erhoffen, denn das sind ja privatwirtschaftliche Unternehmen. In armen Ländern und von armen Menschen ist aber naturgemäß wenig Profit zu erwarten.
Krebserkrankungen werden mit Milliardenbeträgen erforscht. Das ist natürlich auch wichtig. Aber es ist schon eine große Ungerechtigkeit, wenn in die Erforschung von Krankheiten, deren Last genauso hoch ist, nur wenig Millionen fließen.
Gesundheit ist elementar verbunden mit Gerechtigkeit. Denn der Zugang zu gesundheitlicher Versorgung gehört eigentlich zur Basisversorgung. Und wenn die nicht gewährleistet ist, ist das immer menschenunwürdig und extrem ungerecht.
Wir sehen zum Beispiel, dass die Klimakrise sich in Form von extremen Wetterereignissen besonders in Ländern des globalen Südens bemerkbar macht. Es kommt dann dort zu Nahrungsengpässen, Gesundheitseinrichtungen werden zerstört und die Menschen werden anfälliger für Krankheiten.
Diese gesundheitlichen Folgen der Klimakrise treffen besonders stark diejenigen, die sie am wenigsten verursacht haben und sich am schlechtesten schützen können. Die Gerechtigkeitskomponente ist also gigantisch groß. Deshalb haben wir als Deutschland, als EU, als globaler Norden eine große Verantwortung zu schauen, wie wir unterstützen können. Dafür gibt es diesen Unterausschuss.
Johannes Wagner
Johannes Wagner wurde 1991 in Nürnberg geboren. Er studierte Medizin und arbeitete als Kinderarzt, bevor er 2021 für Bündnis 90/Die Grünen in den Bundestag einzog. Wagner ist Mitglied im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung und im Gesundheitsausschuss. Im Unterausschuss Globale Gesundheit ist er stellvertretender Vorsitzender.
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