Gereon Bollmann (AfD) „Macht mit, beteiligt euch!“
Jasmin Nimmrich
Demokratie bedeutet, sich einzumischen. Doch wie macht man das genau und warum ist die Initiative von einzelnen so wichtig? Gereon Bollmann ist Bundestagsabgeordneter der AfD-Fraktion und erzählt im Interview, was ihn in seiner Jugend politisiert hat und warum es seiner Meinung nach wichtig ist, junge Menschen an politischen Prozessen zu beteiligen.
Unsere Welt und Gesellschaft verändern sich gerade rasant und auf diese Veränderungen müssen wir adäquat reagieren. Ich bewerte es aktuell so, dass zu viele Veränderungen zu schnell und parallel passieren. Dies kann durchaus zu Überforderung führen und in dieser Gemengelage möchte ich den Bürgern helfen. Mich treibt es von daher besonders an, Politik für die kommenden Generationen zu machen. Ich selbst bin Vater und Großvater, habe also auch aus persönlichen Beweggründen die Zukunft im Sinn. Ich will dazu beitragen, Veränderungen richtig einzuordnen, sie in die richtige Bahn zu bringen und die Umsetzung und Anpassung mitzugestalten.
Unser Vorbild in der Schule war auf jeden Fall die 68er-Bewegung, eine Protestbewegung, die als Reaktion auf den Staatsbesuch des Schahs von Persien in Deutschland entstand. Wir haben an meiner Schule in Solidarität mit den Studenten gestreikt und Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Damals war eigentlich alles politisiert und auch die Lehrer haben bei unseren Aktionen mitgemacht. So haben wir in der Aula politische Statements diskutiert und uns unter anderem dadurch auch unsere politische Meinung gebildet. Diese rebellische Grundhaltung habe ich mir mein Leben lag bewahrt, und so war der Umgang mit der Migrationskrise 2015 mein persönlicher Auslöser, in die Politik zu gehen. Ein Jahr später bin ich in die AfD eingetreten und vertrete diese nun seit 2021 im Deutschen Bundestag.
Damit junge Menschen aktiv werden, müssen sie nach Erneuerung streben und die Fähigkeit haben, sich mit anderen konstruktiv auseinanderzusetzen. Und es braucht die Beteiligung junger Stimmen unbedingt, denn je älter der Mensch wird, desto überzeugter und festgefahrener ist er in seinen Lösungsansätzen und in der Politik. Man greift, konfrontiert mit einem Problem, auf die erprobten Lösungen und Erfahrungswerte zurück und meidet das Neue. Und dabei wird übersehen, dass sich heutige und vergangene Herausforderungen vielleicht ähneln, aber auf keinen Fall identisch sind und es von daher einer anderen Herangehensweise an die Lösung bedarf. Und bei jungen Menschen greift dieser Automatismus eben nicht und das ist ein riesiger Vorteil, auch für die Politik. Denn es braucht mehr Fantasie, Neugier und Experimentierfreudigkeit. Und deswegen brauchen wir die Jugend in der Politik und die Beteiligung junger Menschen in politischen Prozessen.
In der Kinderkommission, deren Vorsitz ich seit September dieses Jahres übernommen habe, haben wir die Möglichkeit, Kinder und Jugendliche selbst an unseren Sitzungen teilnehmen zu lassen. Wir laden junge Menschen auch als Sachverständige ein, damit sie uns selbst und direkt ihre Probleme – unter anderem aus Schule, Privatleben oder der gesundheitlichen Versorgung – schildern können. Aber der Fakt, dass eine Bundestagskommission einem zuhört, schafft natürlich noch lange keine Teilhabe. Nichtsdestotrotz ist es richtig, wenn dem Plenum des Deutschen Bundestag durch uns, also durch die Vermittlung durch die Kinderkommission, die Probleme von Kindern und Jugendlichen vor Augen geführt werden.
Bei jeder politischen Initiative, die wir anstoßen, versuchen wir Kinder und Jugendliche mitzudenken und einzubinden. Da die Mitgliederzahlen in der Jungen Alternative sich in den letzten zwölf Monaten verdoppelt haben, zeigt das deutlich, dass da ein großes Interesse von Seiten der jungen Menschen an unserer Arbeit besteht. Und dem wollen wir natürlich nachkommen und gerecht werden. Aus meiner Sicht ist es auch ganz wichtig, dass wir die nächste Generation heranführen, denn wenn alle Älteren sich zwangsläufig verabschieden, muss die Tür geöffnet sein für die Nachfolger, die sozusagen den Staffelstab übernehmen und unsere Politik fortsetzen.
Mich erfreut in erster Linie die Neugier und der Optimismus, die im Gespräch mit Kindern und Jugendlichen aufkommen. Und es ist auch eine Direktheit, die so kaum in anderen Gesprächen an mich herangetragen wird. Vom Groll und auch Frust junger Menschen zu hören, das interessiert mich ebenso, wie zu erfahren, was in ihren Augen gut läuft. Ich fühle mich davon auch nicht persönlich angegriffen, denn es ist schlichtweg die Sichtweise der Jugend, die natürlich heute ganz andere Probleme hat, als sie zu meiner Jugendzeit bestanden.
Verlasst euch nicht auf die Alten, lebt euer Leben und nehmt eure Probleme selbst in die Hand, werdet aktiv und informiert euch aus verschiedenen Quellen, um Lösungen zu finden, das eigene Leben zu leben. Auf jeden Fall aktiv nach vorne schauen und nicht verharren im Hier und Jetzt, sondern neugierig und aktiv werden. Macht mit, beteiligt euch!
Gereon Bollmann (AfD) ist seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages. Er ist Mitglied der Kinderkommission und bis Ende Januar 2025 turnusgemäß ihr Vorsitzender.