Fortschritt Wo lassen wir Maschinen für uns denken?
Welche Regeln sollen für die Künstliche Intelligenz gelten? Im Sommer wird dazu im Bundestag ein Bericht auf dem Tisch liegen. Teile davon wurden jetzt schon veröffentlicht und diskutiert.
Ein Beispiel aus der Medizin, das hilft, das große Themenfeld Künstliche Intelligenz – kurz: KI – besser zu verstehen: Es gibt komplizierte Krebskrankheiten, die sehr unterschiedlich verlaufen. Selbst für erfahrene Ärzte ist es schwer, solche Fälle einzuschätzen. Wenn man nun den Krankheitsverlauf eines Patienten mit denen ganz vieler anderer vergleicht, kann man die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Komplikationen berechnen und darauf mit der richtigen Behandlung reagieren. Das kann ein Computer-Programm natürlich viel besser und schneller als ein Mensch.
Hier kann Künstliche Intelligenz also helfen. Aber ihr Einsatz wirft auch Fragen auf: Was passiert, wenn die KI sich mal irrt? Wer ist dann schuld? Und wie stellt man sicher, dass die Daten der vielen Patienten, deren Informationen verglichen werden, nicht in die falschen Hände geraten und für ganz andere Zwecke genutzt werden?
Eine Kommission macht sich schlau
Das Beispiel zeigt, dass Künstliche Intelligenz Chancen und Risiken mit sich bringt. Doch wie ist das je nach Bereich zu bewerten? Muss der Gesetzgeber etwas tun und wenn ja was? Um auf all diese Fragen Antworten zu finden, rief der Bundestag im September 2019 eine Kommission ins Leben, sie heißt Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz – Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökologische Potenziale“.
Enquete-Kommissionen setzt der Bundestag immer dann ein, wenn ein Thema so wichtig und so komplex ist, dass es sinnvoll erscheint, eine Arbeitsgruppe aus Abgeordneten und externen Fachleuten über Jahre damit zu befassen.
Die Enquete zur KI wurde auf einen Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Linken hin gegründet. Darin heißt es: „Digitalisierung und weltweite Vernetzung, Internet der Dinge, Algorithmen und Künstliche Intelligenz (KI) werden die Welt noch viel umfassender und schneller verändern als bisher.“
Was KI eigentlich genau bedeutet, steht auch in dem Antrag: „Anders als bisherige programmierte Abläufe sind KI, kognitive Systeme und Maschinen mehr und mehr lernfähig und zunehmend in der Lage, Erlerntes auf neue Situationen zu übertragen. Sie können Prozesse selbstständig planen, Prognosen treffen oder auch mit Menschen interagieren.“
Ob autonome Autos, die ohne Fahrer fahren oder intelligente Matratzen, die selbst ermitteln, welche Liege-Position für einen rückenleidenden Patienten die beste ist – KI ist auf dem Vormarsch.
Stand der Dinge
Planmäßig soll die Enquete-Kommission im Sommer 2020 einen Abschlussbericht abliefern – mit konkreten Empfehlungen. Teile dieses Berichts haben die Mitglieder der Kommission schon fertiggestellt und im Bundestag präsentiert.
Da KI in vielen verschiedenen Bereichen eine Rolle spielt, hatte die Kommission sich in sechs Projekt-Gruppen aufgeteilt: Die Gruppen „KI und Wirtschaft“, „KI und Staat“ und „KI und Gesundheit“ haben ihre Arbeit schon abgeschlossen. Dagegen stecken die Gruppen „KI und Medien“ sowie „KI und Arbeit, Bildung, Forschung“ noch mitten in der Arbeit.
Zwischen-Bilanz
Über die bisherigen Ergebnisse diskutierten die Abgeordneten am 20. Dezember. René Röspel (SPD) sagte, KI dürfe kein Selbstzweck sein, sondern müsse zum gesellschaftlichen Fortschritt beitragen. Chancen sah er vor allem in den Bereichen Gesundheit und Pflege.
Joana Cotar (AfD) forderte einen „ideologiefreien Umgang“ mit dem Thema sowie höhere Investitionen und Leuchtturm-Projekte. Es sei wichtig, dass Forscher und Entwickler in Deutschland blieben, damit wir den internationalen Anschluss nicht verlören.
Auch Ronja Kemmer (CDU/CSU) betonte, man müsse sowohl Start-ups als auch Mittelstand-Unternehmen im Bereich KI fördern. Mario Brandenburg (FDP) verlangte neben entsprechenden Finanzierungsmodellen weniger Regularien und Bürokratie bei der Förderung.
Kritischer äußerten sich Vertreter der Linken und der Grünen. Anke Domscheit-Berg (Die Linke) bemängelte, es gebe bei dem Thema KI zu wenig Bürgerbeteiligung. Dieter Jenecek (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, man müsse die Nachhaltigkeit im Blick behalten, denn schließlich verschlinge die Technologie enorm viel Energie. Andererseits sah er Chancen im Nahverkehr. In der Schweiz zum Beispiel sei es gelungen, mit der Hilfe von Computer-Programmen eine ideale Bahn-Auslastung zu errechnen.
Die Debatte könnt ihr im Video nachverfolgen:
Und wer es ganz genau wissen will, kann sich die bisherigen Ergebnisse auch selbst durchlesen.
(DBT/jk)