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Erfahrungsbericht „Tags promovieren, nachts Burger flippen“

Dolunay Temur

Dolunay studiert Politikwissenschaft und Europäische Ethnologie in Kiel. Über ihren Uni-Job ist sie eigentlich sehr froh. Allerdings könnte er zu Problemen bei einer späteren Promotionsstelle führen.

Als ich zu studieren begann, war für mich schon sehr früh klar, dass ich während des Studiums so viele Hiwi-Jobs wie möglich ausprobieren möchte. Gerade weil ich zwei Fächer studiere, möchte ich mir die Möglichkeit offenhalten, so viel mitzunehmen wie es nur geht, um in beiden Fächern irgendwie wissenschaftlich Fuß fassen zu können.

Jetzt bin ich im sechsten Semester und habe einen Job als Hiwi, also als wissenschaftliche Hilfskraft, am Seminar der Europäischen Ethnologie. Etwa zwölf Stunden arbeite ich hier wöchentlich in der Redaktion der Kieler Blätter und der Kieler Studien. Das heißt, dass ich die eingehenden Beiträge und Arbeiten der Wissenschaftler für die Publikationen redigiere, das Layout setze und mich zum Schluss um den Druck kümmere.

Florians Problem

Mit zwei weiteren Hiwis arbeite ich meistens zeitgleich – dann sitzen wir alle im Hiwi-Zimmer, jeder an seinem eigenen Computer. Die beiden anderen sind Laura und Florian. Seit meinem ersten Semester kenne ich sie schon, da saßen beide im Master – und jetzt sind sie schon fast fertig. Von uns Hiwis arbeitet Florian am meisten.

In meinen Augen ist Florian eigentlich schon so gut wie Doktorand. Da gibt es allerdings ein kleines Problem, erklärt er: „Wenn ich promovieren würde, dürfte ich gar nicht mehr hier am Seminar arbeiten.“ Florian ist nämlich schon seit sechs Jahren als Hiwi beschäftigt. Und laut Wissenschaftszeitvertragsgesetz darf man vor der abgeschlossenen Promotion nur sechs Jahre befristet an der Uni arbeiten. Wenn man seinen Doktor hat, sind dann noch mal sechs Jahre erlaubt. Aber eben erst nach der fertigen Promotion.

Wir hatten keine Ahnung

Für Laura und mich ist diese Info völlig neu. Vom Wissenschaftszeitvertragsgesetz hatten wir vor Florians Ausführungen noch nie gehört. Wir hatten keine Ahnung, dass unsere Beschäftigung als Hiwi später auf unsere Beschäftigungsdauer als Doktorandinnen angerechnet wird.

Würde Florian sich nun also für eine Promotion entscheiden, dürfte er nicht als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni angestellt sein. Dabei stand Promovieren für Florians Karriereplanung durchaus zur Debatte. Sein akademischer Lehrer, der ihn während der Masterarbeit betreute, hatte ihn sehr motiviert, ja sogar angehalten, am Kieler Seminar zu bleiben. Er fand es sogar völlig absurd, dass Florian nicht mehr in der Wissenschaft arbeiten dürfte.

Burger flippen oder ins Ausland gehen

Natürlich kann man theoretisch auch promovieren, ohne an der Uni zu arbeiten. „Zur Not müsste ich tagsüber promovieren und nachts Burger flippen – oder andersherum“, meint Florian. „Aber das würde mich von der Promotion abhalten“. Viel sinnvoller ist es natürlich, das Geld für die Promotion mit wissenschaftlicher Arbeit zu verdienen, bei der man fachliche Erfahrungen sammelt, die auf den späteren Beruf einzahlen.

Aber das ginge in Florians Fall dann nur noch über ein Drittmittelprojekt oder im Ausland. Das ist vielleicht sogar immerhin ein Vorteil am Wissenschaftszeitvertragsgesetz: Es motiviert, im Ausland zu promovieren. Ob das so gedacht ist, ist die andere Frage.

Ehrenwerter Grundgedanke

„Der Gedanke, dem wissenschaftlichen Nachwuchs Platz zu machen, ist natürlich ehrenwert“, findet Florian. So wird sichergestellt, dass niemand ewig seine Hiwi-Stelle besetzt. Das verstehen Laura und ich auch. Wir verstehen aber nicht, weshalb die Zeit, die Florian als Hiwi beschäftigt war, auf das Zeitkonto der Promotion angerechnet wird. Das eine ist die Hiwi-Stelle, das andere ist die Doktorandenstelle. Weshalb beide auf demselben Arbeitszeitkonto laufen, erklärt sich uns nicht.

Für mich bedeutet das, dass ich ab dem Master wohl nicht mehr an der Uni arbeiten werde. Vielleicht habe ich dafür später die Möglichkeit, eine ausreichend lang bezahlte Promotionsstelle zu bekommen – aber dann eben leider ohne Hiwi-Erfahrung.

Mitmischen-Autorin

Dolunay Temur

Dolunay ist 21 Jahre alt und studiert Politikwissenschaft und Europäische Ethnologie in Kiel. Sie ist unheimlich gut darin, ihre Kommilitonen jeden einzelnen Tag zum Eis essen zu animieren und ihnen ihre Lieblingseissorte „Limette-Erdbeere“ aufzuzwingen.

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