Abgeordneten-Interview „Schwächt die Eltern-Kind-Beziehung“
Laura Heyer
Kinderrechte sind wichtig – aber sie gehören nicht explizit ins Grundgesetz, sagt die Abgeordnete Frauke Petry. Welche Gesetzesänderungen sie sich wünscht, erzählt sie im Interview.
Die Bundesregierung möchte mit einem Gesetzentwurf das Grundgesetz ändern und Kinderrechte in der Verfassung verankern. Eine gute Idee?
Nein, ich halte das für keine gute Idee. Schon der Begriff Kinderrechte führt in die falsche Richtung, denn er suggeriert, dass es bisher keine Kinderrechte gibt. Nach dem Grundgesetz sind Kinder und Jugendliche gleichwertige Bürger vor dem Gesetz, durch die Familie und ihre Eltern geschützt und haben umfangreiche Rechte. Zum Beispiel das Recht auf Bildung, Mitsprache in eigenen Angelegenheiten und den Schutz vor jeglicher Gewalt.
Die SPD sagt, dass die Grundrechte von Kindern besser durchgesetzt werden könnten, wenn sie „Verfassungsrang“ hätten, also im Grundgesetz stünden. Was sagen Sie dazu?
Wenn ein Recht zum Grundrecht erhoben wird, erhält es mehr juristisches Gewicht und das meint die SPD mit ihrer Aussage. Die Frage ist nur, ob wir dem Staat wirklich stärkere Eingriffsmöglichkeiten geben sollten, denn im Ernstfall entscheiden dann Behörden über Kinder und ihre Anliegen anstatt ihrer Eltern. Der einzige Bereich, in dem der Staat eingreifen muss, ist im Falle von Vernachlässigung und Gewaltschutz, doch gerade dafür gibt es bereits sehr detaillierte Gesetze. Solche Regelungen gehören ausdrücklich nicht ins Grundgesetz.
In Ihrer Rede im Bundestag haben Sie gesagt, die Änderung werde zu „einer schrittweisen Veränderung des materiellen Rechts“ führen. Was meinen Sie damit?
Das Grundgesetz ist das mächtigste deutsche Gesetz. Wenn durch ein neues Grundrecht die Stellung der Kinder juristisch extra betont wird, werden Richter bei jedem Urteil in Familienangelegenheiten prüfen, ob sie eine Entscheidung mit oder gegen die bisherigen Rechte der Eltern fällen müssen. Mittelfristig ändern sich auf diese Weise auch Gesetze. Das neue Grundrecht kann also zur Schwächung der Eltern-Kind-Beziehung führen, was ich für sehr bedenklich halte. Deshalb ist es gut zu wissen, was die Kernaufgaben des Staates sind.
Was heißt das denn konkret?
Für mich sind das drei Bereiche: Erstens muss der Staat für äußere und innere Sicherheit sorgen. Für Kinder heißt das zum Beispiel, dass sie sich frei und sicher bewegen können. Zweitens sollte der Staat ausreichend Bildungsangebote zur Verfügung stellen. Drittens muss es ein verlässliches Steuer- und Abgabensystem geben, damit Unternehmen und Bürger wissen, was ihnen selbst zum Leben bleibt. Darüber hinaus möchte ich gar nicht, dass der Staat in mehr Lebensbereiche eindringt, denn insgesamt geht es Kindern in unserem Land im internationalen Vergleich sehr gut.
Halten Sie es generell für erforderlich, dass der Gesetzgeber Kinderrechte stärkt – vielleicht auf eine andere Art und Weise?
Die Fragen, die der Gesetzgeber klären kann, hat er aus meiner Sicht geklärt. Es gilt vielmehr zu fragen, was wir Bürger im täglichen Leben selbst leisten können. Länder wie Italien, Frankreich und Spanien sind viel kinderfreundlicher, daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen.
Mehr über Dr. Frauke Petry
Dr. Frauke Petry ist 46 Jahre alt und hat Chemie studiert. Bis 2017 war sie Mitglied der AfD. Nun sitzt sie als fraktionslose Abgeordnete im Deutschen Bundestag.
(lh)
Laura Heyer
hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.