Fachkräftemangel Planlose Jugend?
Viele Betriebe finden keine Azubis mehr. Eine aktuelle Ausbildungsstudie sagt: Die Jugend ist schuld. Sie weiß zu wenig über die Berufsbilder. Darüber wurde im Bundestag diskutiert.
In jedem dritten Betrieb blieben 2018 Ausbildungsplätze unbesetzt. 17.000 Unternehmen bekamen überhaupt keine Bewerbungen für ihre freien Ausbildungsplätze. Das steht in der aktuellen Ausbildungsumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Die Studie liefert auch gleich eine Erklärung für das Problem: „Unklare Berufsvorstellungen bleiben das größte Ausbildungshemmnis.“ Sprich: Schulabgänger haben laut Studie keine genauen Vorstellungen von Berufen allgemein – und von ihrer eigenen beruflichen Zukunft auch nicht.
Praxisnähere Berufsorientierung
Die Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ diskutierte die Studienergebnisse in ihrer letzten Sitzung. Dabei ging es vor allem darum, wie man die Berufsorientierung und die Aus- und Weiterbildung so verbessern könnte, dass junge Menschen schneller den richtigen Ausbildungs- beziehungsweise Berufsweg finden.
Laut DIHK-Studie fordern die Betriebe, dass die Berufsorientierung ausgebaut werden sollte. Vor allem sollte sie praxisnäher werden. Dieser Meinung waren auch die Experten im Bundestag. Besonders an Gymnasien müssten Berufsperspektiven, Karrierechancen und auch konkrete Verdienstmöglichkeiten stärker thematisiert werden.
Eine Expertin vom Handelsverband Deutschland fügte hinzu: „Die Eltern sind das A und O bei der Berufsorientierung.“ Deshalb sollte man auch sie ansprechen. Außerdem müsse man bei der Berufsberatung bedenken, dass viele Jugendliche ihren Ausbildungsbetrieb eher nach Interessen – wie zum Beispiel Mode oder Technik – aussuchen als nach den dort ausgeübten Tätigkeiten.
Die Unternehmen müssen sich ins Zeug legen
Aber nicht nur die Schulen sollten mehr tun, um Jugendliche bei der Berufsorientierung zu unterstützen. Auch die Unternehmen selbst müssten sich bewegen und auf Veränderungen am Ausbildungsmarkt reagieren. Erste Ansätze seien laut Studie sichtbar: 16 Prozent der Betriebe würden neue Anreize für Azubis schaffen, um Nachwuchs für eine Ausbildung zu begeistern, etwa durch zusätzliche Urlaubstage oder ein höheres Ausbildungsgehalt.
Die Welt ändert sich
Dass die Digitalisierung so gut wie jede Branche – und damit auch die Berufsausbildung – verändert, haben die Betriebe inzwischen erkannt. Für 72 Prozent sind die IT-Kenntnisse zukünftiger Azubis ein wichtiges Einstellungskriterium.
Und auch Sozialkompetenzen werden immer wichtiger. Die Experten im Bundestag betonten, dass die Zusammenarbeit in internationalen Teams ganz neue Fähigkeiten erfordere. Das Gleiche gelte für Projekte, an denen verschiedene Fachbereiche gemeinsam arbeiten. Das sollte schon bei der Schulbildung berücksichtigt werden.
Laut der DIHK-Studiefördern auch schon mehr als die Hälfte der Betriebe interdisziplinäres Arbeiten, zum Beispiel durch Azubi-Projekte.
Flexiblere Strukturen, bessere Karrierechancen
Die Vertreterin vom Handelsverband Deutschland machte sich im Bundestag für die Durchlässigkeit bei der Ausbildung stark. Heißt: Wer nach der Schule erst mal eine Ausbildung macht, hat später immer noch alle Chancen, den Bereich zu wechseln oder sich weiterzuentwickeln. Im Handel, sagte sie, hätten 80 Prozent aller Führungskräfte ihre Karriere mit einer Lehre begonnen.
Auch eine Vertreterin der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände lobte die duale Ausbildung und betonte: Drei von vier Azubis würden aktuell von ihren Ausbildungsunternehmen übernommen – das sei der höchste Wert seit 20 Jahren.
Da aber immer mehr junge Leute studieren wollten, empfahl sie, duale Studiengänge stärker zu fördern. Das sei im Sinne der Schulabgänger und der Betriebe. Von der Politik forderte sie klare Rahmenbedingungen für das duale Studium, die das Bundesbildungsgesetz festlegen solle.
Die ganze Sitzung der Enquete-Kommission könnt ihr euch im Video anschauen:
(DBT/jk)