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Bundestagswahl Online-Meeting statt Parteitag?

Julia Funk

Union und SPD planen eine Corona-Notfall-Regelung für die Bundestagswahl. Konkret geht es darum, wie die Parteien ihre Kandidaten aufstellen. Die Opposition sieht die Pläne kritisch.

Sich treffen, reden, abstimmen: Das könnte durch Corona für Parteien schwierig werden. ©picture alliance/Michael Reichel/dpa

Die Vorbereitungen für die Bundestagswahl im Herbst 2021 laufen auf Hochtouren. In den kommenden Wochen bestimmen die Parteien, welche Kandidatinnen und Kandidaten sie ins Rennen schicken wollen.

Das geschieht in der Regel auf Parteitagen oder vergleichbaren Versammlungen. Dort sind oft hunderte Delegierte, also Vertreter, vor Ort. So schreibt es das Wahl- und Parteiengesetz vor.

Geht das auch in Corona-Zeiten?

Aber was passiert, wenn solche Treffen aufgrund der Corona-Pandemie zu riskant sind? Die Koalition aus CDU/CSU und SPD will für diesen Fall gerüstet sein und plant daher eine Corona-Notfall-Regelung. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde kürzlich im Bundestag diskutiert – und stieß bei der Opposition auf Kritik.

Die Idee: Eine Ausnahmeregelung, die erlaubt, dass Kandidaten und Kandidatinnen in einer Mischung aus Briefwahl und elektronischem Verfahren bestimmt werden. Das Bundesinnenministerium soll dann "für Fälle einer Naturkatastrophe oder eines ähnlichen Ereignisses höherer Gewalt" entscheiden können, wie vorgegangen wird.

Digital ist top, aber …

Digitale Treffen sind sinnvoll und hilfreich, fand Konstantin Kuhle von der FDP-Fraktion. Doch bei Wahlen in einer Demokratie ist es aus seiner Sicht etwas anderes. Dabei sei es wichtig, Kandidaten in Echt zu sehen und zu vergleichen. Dies sei der Grundsatz einer öffentlichen Wahl, der gewahrt bleiben müsse, so Kuhle.

Friedrich Straetmanns von der Fraktion Die Linke machte einen anderen Punkt: Aus seiner Sicht nimmt sich die Regierung mit diesem Gesetzentwurf zu viel Macht über die Bundestagswahl. Alles was mit der Wahl zu tun hat, wird normalerweise vom Parlament bestimmt und im Bundeswahlgesetz festgeschrieben. Der Gesetzentwurf sieht jedoch vor, dass das Innenministerium entscheiden kann, wie die Kandidaten bestimmt werden sollen. „Die Regierung versucht, Kompetenzen an sich zu reißen“, kritisierte Straetmanns in der Aussprache.

… will die Regierung zu viel Einfluss?

Ähnlich sieht es auch Britta Haßelmann von der Grünen-Fraktion: „Das Parlament hat relevante Entscheidungen zu treffen – und nicht ein Ministerium“. Die AfD hält den Vorschlag von SPD und CDU/CSU sogar für verfassungswidrig und forderte konkretere Vorschläge, wie die Wahl der Kandidaten genau ablaufen soll.

Lieber sicher, als gar nicht

CDU/CSU und SPD verteidigten ihren Gesetzentwurf. Corona habe gezeigt, dass man sich auf die neuen Herausforderungen vorbereiten müsse, sagte Michael Frieser von der CDU/CSU-Fraktion. Auch sein Kollege Philipp Amthor betonte, die geplante Verordnung sei nur eine Notlösung, die im besten Fall nie zum Einsatz käme.

„Diese Änderung des Bundeswahlgesetzes ist jetzt der Versuch, einen pragmatischen Lückenschluss zu finden, um mehr Rechtssicherheit hinzukriegen", sagte Mahmut Özdemir von der SPD-Fraktion.

Die Diskussion geht weiter. Der Entwurf des Gesetzes wurde zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.

Die ganze Debatte könnt ihr euch hier im Video anschauen.

Mitmischen-Autorin

Julia Funk

Julia hat Crossmedia und Public Relations studiert, Erfahrung im Film und Fernehen gesammelt und schreibt hin und wieder Artikel für verschiedene Online-Magazine. Auf Straßenschildern liest sie Sätze und Wörter gerne rückwärts.

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