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Serie Junge Politiker (4) „Ich bin quasi auf Demos aufgewachsen“

Finden junge Abgeordnete genug Gehör im Bundestag? Wie überzeugen sie die Älteren von ihren Themen? mitmischen.de hat mit sechs jungen Politikern gesprochen. Hier antwortet Gökay Akbulut von der Fraktion Die Linke.

Porträt des Abgeordneten Konstantin Kuhle (FDP)

„Es gibt ein paar Themen, an denen man einfach dichter dran ist, wenn man noch ein bisschen jünger ist“, sagt Konstantin Kuhle (FDP). © Konstantin Kuhle

Finden junge Themen genug Gehör im Parlament?

Der Bundestag ist ja quasi die Master-Behörde Deutschlands. Natürlich werden hier nicht ständig nur junge Themen behandelt, das ist durchmischt. Es geht um die Belange aller Menschen in Deutschland.

Aber die Themen, die für mich und für viele junge Leute in meinem Wahlkreis wichtig sind, werden alle auch im Bundestag besprochen. Aktuell sind das zum Beispiel die Themen Flüchtlinge und Seenotrettung, aber auch Fridays for Future und ganz aktuell das große Thema Rassismus und die Bewegung „Black Lives Matter“.

Im Gegensatz zu anderen Fraktionen haben die Linken keine „Junge Gruppe“. Warum nicht?

Gute Frage. Wir hatten mal eine Gruppe mit neuen Abgeordneten, die eine Zeitlang gut funktioniert hat. Aber aufgrund des Arbeitsvolumens und der Termindichte haben wir keine „Junge Gruppe“.

Gibt es andere Formate, in denen Sie mit den jüngeren Kollegen aus Ihrer Fraktion zusammenkommen und zusammenarbeiten?

Wir treffen uns natürlich in den Sitzungswochen und gehen dann auch mal abends noch zusammen weg. Außerdem tauschen wir uns viel über Social-Media-Kanäle aus. Aber ein offizielles Format gibt es tatsächlich nicht.

Welche jungen Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Das Thema Bildung und Bildungsgerechtigkeit zum Beispiel. Ich habe selbst nach der Uni viel im Bildungsbereich gearbeitet. Deswegen finde ich Chancengleichheit sehr, sehr wichtig, gerade mit Blick auf Kinder aus Arbeiter- und Migrantenfamilien, Kinder aus alleinerziehenden Familien oder Kinder mit Behinderung. Alle sprechen von Chancengleichheit, alle sind dafür, aber wir sind nach wie vor weit davon entfernt. Wir haben ein selektives Bildungssystem.

Ein weiteres Thema, das für mich wichtig ist, ist Integration. Ich habe selbst einen kurdischen Migrationshintergrund. Aber meine Heimat ist Deutschland und meine Heimatstadt Mannheim. Wir sind ein Einwanderungsland. Trotzdem sind Migrantinnen und Migranten, die schon in zweiter oder dritter Generation in Deutschland leben, unterrepräsentiert. Auch hier im Bundestag haben wir gerade mal acht Prozent Abgeordnete mit Migrationshintergrund. In den Landtagen und Gemeinderäten sieht es ähnlich aus, in der Wirtschaft und vielen anderen Bereichen genauso.

Europa ist auch ein großes Thema für mich und für meine Generation. Wir sind ja zu großen Teilen europäisch geprägt. Viele von uns haben im Ausland studiert oder Praktika in anderen europäischen Ländern gemacht, insofern ist das Thema für uns noch mal ein Stück näher als für die ältere Generation. Ich glaube, gerade in Zeiten von Corona und in Zeiten von Rassismus brauchen wir unbedingt ein solidarisches Europa.

Wann und wie haben Sie Ihre Begeisterung für Politik entdeckt?

Wie gesagt habe ich einen kurdischen Migrationshintergrund. Aufgrund der politischen Entwicklungen in der Türkei und in Kurdistan bin ich sehr jung politisiert worden. Ich bin quasi auf Demos aufgewachsen. Als Studentin bin ich in Die Linke eingetreten und habe angefangen, mich parteipolitisch zu engagieren.

Was sagen Sie einem jungen Menschen, der darüber nachdenkt, in einer Partei aktiv zu werden?

Alle Parteien haben leider das Problem, dass sich zu wenige junge Menschen – übrigens auch zu wenige Frauen – für Politik begeistern. Ich freue mich über alle, die sich engagieren, auch in Gewerkschaften oder Sozialverbänden. Junge Menschen sollten Gesellschaft und Politik mitgestalten und vor allem auch für sich sprechen und für ihre Forderungen auf die Straße gehen.

Über Gökay Akbulut

Gökay Akbulut, 38, ist Sozialwissenschaftlerin und sitzt für Die Linke im Bundestag. Sie ist Mitglied im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz und im Unterausschuss Europarecht. Mehr erfahrt ihr auf ihrem Profil auf bundestag.de.

(jk)

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