Schlachtbetriebe Wie lassen sich die Arbeitsbedingungen verbessern?
Eric Matt
Schlachtfabriken gelten als „Corona-Hotspots“. Die Bundesregierung will das mit einem Gesetzentwurf ändern, auch aus der Opposition gibt es Vorschläge. Experten kritisierten besonders einen Punkt.
Geringe Löhne, wenige Rechte, lange Arbeitszeiten und kaum Schutzmaßnahmen – das ist Alltag vieler Arbeiter in Schlachtfabriken. Die Bundesregierung und einige Fraktionen der Opposition möchten dies ändern. Auf dem Tisch liegen nun ein Gesetzentwurf der Bundesregierung sowie mehrere Anträge der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und der AfD.
Die Abgeordneten des Ausschusses für Arbeit und Soziales schauen sich die Vorlagen derzeit genau an. Kürzlich hatten sie einige Experten eingeladen, um sie nach ihrer Meinung zu fragen.
Das plant die Regierung
Die Bundesregierung möchte mit ihrem Gesetzentwurf die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie verbessern. Laut Regierung seien Fälle bekannt, in denen Arbeitnehmer 16 Stunden am Tag gearbeitet hätten.
Auch Schwarzarbeit sei ein Problem. Schwarzarbeit bedeutet, dass Arbeiter nicht offiziell gemeldet sind und für sie etwa keine Abgaben zu den Sozialversicherungen gezahlt werden. Um Verstöße besser aufdecken zu können, möchte die Regierung Schlachtbetriebe häufiger kontrollieren.
Außerdem sollen Mindeststandards für die Unterbringung festgelegt und sogenannte Werkverträge verboten werden. Durch einen Werkvertrag lagert ein Unternehmen eine Tätigkeit an einen Subunternehmer aus. Dieser kann Arbeiter zu geringeren Löhnen und schlechteren Arbeitsbedingungen anstellen. Mehr Infos zu Werkverträgen findet ihr hier.
Hygiene verbessern
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schreibt in ihrem Antrag, dass die meisten Arbeiter und Arbeiterinnen in der Fleischwirtschaft aus mittel- und osteuropäischen Ländern kämen. Die Arbeitgeber brächten sie „meist in schlechten Unterkünften mit mangelhaften Sanitäranlagen, Koch- und Waschmöglichkeiten“ unter.
Dies möchte die Fraktion durch neue Hygienekonzepte verbessern. Sowohl die Grünen-Fraktion, als auch die Fraktion der Linken möchten Werkverträge verbieten.
Öfter kontrollieren
Die Linke schreibt allerdings in ihrem Antrag, dass diese Regel nicht für Betriebe gelten soll, die weniger als zehn Beschäftige haben. Zusätzlich fordert Die Linke mehr Kontrollen. „Dass jeder Betrieb im Durchschnitt nur alle 20 Jahre kontrolliert wird, reicht nicht aus, um einen angemessenen Arbeitsschutz zu gewährleisten“, so die Fraktion in ihrem Antrag. Sie verlangt ebenso, dass die Unterkünfte der Arbeiter „in der Regel kostenfrei zur Verfügung gestellt werden müssen.“
„Wettbewerbsfähig bleiben“
Die AfD-Fraktion hingegen möchte mit ihrem Antrag Werkverträge nicht komplett verbieten. Stattdessen plädiert sie dafür, „Werkverträge auf 15 Prozent der im jeweiligen Betrieb Beschäftigten“ zu begrenzen. Dies begründet sie damit, dass die Schlachtbetriebe auch zukünftig noch wettbewerbsfähig bleiben müssten. "Wettbewerbsfähig" bedeutet, dass eine Firma mit anderen Firmen – auch aus dem Ausland – konkurrieren kann, dazu darf sie z.B. nicht zu hohe Preise haben.
Auch die AfD-Abgeordneten wollen die Kontrollen in Schlachtfabriken erhöhen.
Was sagen die Experten?
Herbert Dohrmann, der Präsident des Deutschen Fleischer-Verbandes, äußerte sich skeptisch zum Verbot von Werkverträgen. Er erklärte, dass kleine, handwerkliche Betriebe überfordert werden könnten. Ähnlich sah das Robert Houdek, der als Experte der Interessengemeinschaft der bayerischen, familiengeführten Ernährungsindustrie geladen war. „Würde man uns das verbieten, müssten wir morgen zumachen“, so Houdek.
"Verbot ist nötige Konsequenz"
Auch Roland Wolf, der Vertreter der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, sah das Verbot von Werkverträgen als „höchst problematisch“ an. Micha Klapp vom Deutschen Gewerkschaftsbund hingegen war anderer Meinung. Sie befürwortete es, Werkverträge zu verbieten. Klapp sagte, dass dies die nötige Konsequenz für das bisherige Verhalten der Fleischwirtschaft und der Schlachtbetriebe sei.
Die ganze Anhörung könnt ihr im Video sehen.
Eric Matt
... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.