Ausschuss-Vorsitzender „Alles harte Kämpfe“
Lou Antoinette Godvliet
Wie viel Geld die Regierung für Soziales, Verteidigung oder etwa Forschung ausgeben darf, entscheidet der Bundestag. Die Fachleute dafür sitzen im Haushaltsausschuss. Lou hat den Vorsitzenden, Peter Boehringer (AfD), gefragt, wie die rund 360 Milliarden Euro verteilt werden.
Das ist ein sehr moderierender Job mit langen Sitzungen. Es wird zunächst mit den Beamten und Staatssekretären und später dann mit den Ministern selbst über einzelne Haushaltspositionen im Detail geredet. Mein Job ist es an der Stelle, organisatorisch die Sitzung zu leiten. Das bedeutet: Das Wort zu erteilen und auch mal jemanden zu bremsen. Darauf zu achten, wer wie viel Redezeit hat und in welcher Reihenfolge die Redner aufgerufen werden.
Insgesamt sind es 44 Mitglieder. Am Ende gibt es öfter Punkte, über die Beschlüsse getroffen werden müssen. Wenn diese bei allen Teilhaushalten abgestimmt wurden, kommt das Ganze ins Plenum des Bundestages und kann letztendlich Gesetz werden. So haben alle Bundesbehörden wieder ein Budget, mit dem sie arbeiten können.
Das macht die Regierung selbst im Zuge der Aufstellung des Haushaltentwurfs. Es dauert Monate, das gesamte Werk mit 3.000 Seiten zu erstellen. Es gibt als Regierungsvorgabe eine Obergrenze für jedes Ressort. Das sind natürlich lauter politische Entscheidungen. Bei uns kommt das Ganze als Entwurf an und wir haben etwa zwölf Wochen Zeit, um die 3.000 Seiten zu diskutieren und zu verändern.
Änderungen gelingen meist nur den Mitgliedern der Koalitionsfraktionen, da die Mehrheiten bei uns dieselben sind wie im Plenum. Wenn die Opposition Wünsche hat – egal wie gut diese sind – werden sie in der Regel abgelehnt. Trotzdem ist es wichtig, dass man darüber spricht, denn manchmal springt die Koalition dann auch darauf an und macht daraus einen eigenen Entwurf. Also man kann schon ab und zu was bewegen. Aber wenn es hart auf hart kommt, entscheidet die Mehrheit von CDU/CSU und SPD.
Seit 2013 ist die Vorgabe der Regierungskoalition unverändert geblieben: Man will einen ausgeglichenen Haushalt haben. Das heißt, die Regierung will nicht mehr ausgeben, als eingenommen wird. Theoretisch kann der Staat mehr ausgeben, als er einnimmt, dann muss er sich verschulden, was ja in den letzten Jahrzehnten auch häufig der Fall war. Seit fünf Jahren ist das nun nicht mehr so, weil relativ hohe Steuereinnahmen da sind.
Für den aktuellen Haushalt und für die nächsten fünf Jahre sollen die Einnahmen genauso groß wie die Ausgaben sein. Die Steuerschätzung (also die Schätzung der Einnahmen, Anm. d. Red.) ist dann der Deckel für die Ausgaben für alle Ministerien. Kürzlich kam eine neue Steuerschätzung des Statistischen Bundesamts raus, die deutlich höher ist als die alte, nämlich auf das Jahr hoch gerechnet über 30 Milliarden Euro höher. Jetzt haben wir natürlich mehr Spielraum. Man könnte damit durchaus Steuern senken, aber dieser Vorschlag liegt bisher nicht auf dem Tisch. Die möglichen Ausgaben des Bundes sind so dieses Jahr bei ungefähr 360 Milliarden Euro gedeckelt.
Wir haben etwas Erhöhung im Sozialen und im Verteidigungsbereich. Der Entwurf ist ähnlich wie im vergangenen Jahr. Kürzungen habe ich so gut wie keine gesehen, weil es gar nicht nötig war. Mehr Details gibt es noch nicht, weil der Prozess gerade erst beginnt.
Interessanterweise kommt es relativ selten vor, dass mal weniger ausgegeben wird, als man darf. Der eingesparte Betrag kann aber unter Umständen auf das nächste Jahr vorgetragen werden. Überziehen darf ein Ministerium normalerweise nicht. Innerhalb eines Ministeriums kann man begrenzt ausgleichen. Manchmal gibt es wirklich Fälle, in denen signifikant überzogen wird, sodass nachbeantragt werden muss und der Bundestag neu entscheidet.
In aller Regel wird dann trotzdem die schwarze Null (also der ausgeglichene Haushalt mit Ausgaben in der Höhe der Einnahmen, Anm. d. Red.) nicht in Frage gestellt. Das bedeutet: Es muss an anderer Stelle eingespart werden. Das sind alles harte Kämpfe, die aber selten bei uns stattfinden, sondern zumeist schon auf Regierungsebene.
In gewissem Maße. Ich habe (begrenzten) Einfluss auf die Tagesordnung und bin auch haushaltspolitischer Sprecher meiner Fraktion und spreche insofern manchmal inhaltlich in anderer Rolle. Dann sitze ich auch woanders und habe natürlich etwas mehr Redezeit als die Kollegen. Es ist ein Sonderfall, aber meine Vorgängerin hatte dieselbe Funktion. Ich achte strikt darauf, die beiden Rollen auseinanderzuhalten und es wird von allen akzeptiert.
Ich habe seit meinem Amtsantritt noch keine Phase erlebt, in der wir nichts zu tun hatten. Es ging sofort los mit der Auftragsstellung des Haushalts 2018, teilweise auch mit Nachträgen von 2017. Und jetzt geht der 2019er Haushalt los. Anfang 2019 wird sich das erste Mal die Frage stellen: Haben wir auch mal Luft für andere Dinge? Denn in der Tat gibt es auch andere Dinge, die mit dem Haushalt zu tun haben wie beispielsweise regelmäßige Berichte vom Bundesrechnungshof, der kontrolliert, ob die Gelder richtig verwendet wurden, sowie Befragungen der Ministerien. Wir sind garantiert nicht unterbeschäftigt.
Über Peter Boehringer:
Der 49-Jährige ist seit Oktober 2017 für die AfD Mitglied des Bundestages und seit Beginn dieses Jahrs auch haushaltspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion und Vorsitzender des Haushaltsausschusses. Sein Wahlkreis ist Amberg.
Lou Antoinette Godvliet
Lou Antoinette Godvliet
Psychologiestudentin aus Wuppertal