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Nachtragshaushalt 147,3 Milliarden Mehrausgaben wegen Corona

Um die Menschen und die Wirtschaft in der Corona-Krise zu unterstützen, wird der Bund in diesem Jahr wesentlich mehr Geld ausgeben als ursprünglich geplant. Das hat der Bundestag am Donnerstag beschlossen – es wurde aber auch heftig darüber diskutiert.

Mitarbeiterin in einem Café gibt mit Mundschutz Take-away-Essen aus

Viele Branchen leider unter der Pandemie. Sie bekommen sogenannte Überbrückungshilfen, um die Krise überstehen zu können. © shutterstock.com/Alessandro Biascioli

Seit 1. Juli zahlen wir weniger Umsatzsteuer, wenn wir einkaufen oder im Restaurant essen. Diese und andere Maßnahmen sollen die Menschen zum Kaufen motivieren, die Wirtschaft wieder ankurbeln und Unternehmen entlasten.

Um all' die Corona-Hilfen finanzieren zu können, musste der Bundestag den ursprünglich für das Jahr 2020 geplanten Bundeshaushalt in Höhe von 362 Milliarden Euro zwei Mal erhöhen. Es wurde ein sogenannter Nachtragshaushalt verabschiedet. Der erste Nachtrag betrug 122,48 Milliarden Euro. Am Donnerstag haben die Abgeordneten dann den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2020 beschlossen. Der 2. Nachtrag beträgt 24,04 Milliarden Euro. Damit sind Mittel in Höhe von 508,53 Milliarden Euro für den Bundeshaushalt 2020 beschlossen worden.

Diese Mehrausgaben werden zum großen Teil aus neu aufzunehmenden Krediten finanziert, die Bundesrepulik nimmt also neue Schulden auf. Die sogenannte Schuldenbremse im Grundgesetz legt fest, wie hoch die Neuverschuldung pro Jahr maximal sein darf. Im Fall von „Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen“ gilt das allerdings nicht. Ein Antrag der Koalitionsfraktionen, der die Corona-Krise als eine solche Notsituation wertet, wurde ebenfalls am Donnerstag angenommen.

Wofür wird das viele Geld ausgegeben?

Im Entwurf heißt es: „Damit werden insbesondere die Konjunktur gestärkt, Arbeitsplätze erhalten, wirtschaftliche und soziale Härten abgefedert sowie die in der Krise besonders belasteten Familien unterstützt.“ Natürlich sind auch die Gesundheitsausgaben durch die Corona-Krise gestiegen. Deutschland steckt zudem mehr Geld in die Entwicklungshilfe, um die ärmsten Länder in der Krise zu unterstützen.

Neben den akuten Corona-Hilfen soll aber auch darauf geachtet werden, dass das Geld mit Blick auf die Zukunft investiert wird. Insbesondere sollen die Digitalisierung und klimafreundliche Technologien damit gefördert werden.

Begleitende Maßnahmen zur Krisenbewältigung schlugen CDU/CSU und SPD in einem weiteren Gesetzentwurf vor, der ebenfalls angenommen wurde. Darin geht es unter anderem um einen weiteren Ausbau der Mobilfunk-Infrastruktur, um 90.000 zusätzliche Kinderbetreuungsplätze und um die Entlastung der Länder bei der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs.

Finanzminister: „Ein gutes Paket“

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) fasste die wichtigsten Ziele des Konjunkturpakets im Bundestag noch mal zusammen: „Es hilft der der Wirtschaft, den Arbeitsplätzen und der Zukunft“, sagte er. Es sei wichtig, „dass es jetzt wieder losgeht mit Arbeit und Beschäftigung“. Ebenso wichtig sei es aber, Zukunftsthemen wie Klimawandel und Digitalisierung anzuschieben.

Aus der Opposition gab es allerdings auch viel Kritik. Insgesamt zwölf Anträge reichten die Oppositionsfraktionen ein, die allerdings alle keine Mehrheit fanden. Die unterschiedlichen Haltungen der Fraktionen wurden auch in der Debatte deutlich.

AfD: „Antisozial gegen Millionen deutscher Arbeitnehmer“

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses Peter Boehringer (AfD) kritisierte die hohe Neuverschuldung des Bundes: 43 Prozent der Ausgaben im Nachtragshaushalt seien kreditfinanziert. „Diese Schulden werden die Bürger jahrelang abbezahlen müssen“, sagte Boehringer. Das sei „antisozial gegen Millionen deutscher Arbeitnehmer“. Statt Schulden aufzunehmen, sollte der Bund die Mehrausgaben besser „aus Mitteln der Asylrücklage bestreiten“ und auf Mehrausgaben für die Europäische Union verzichten.

Die AfD forderte die Bundesregierung auf, alle Corona-Beschränkungen aufzuheben und den Nachtragshaushalt zurückzuziehen.

FDP: „Bundeshaushalt verstößt gegen das Grundgesetz“

Christian Dürr (FDP) kritisierte den Nachtragshaushalt ebenfalls scharf: „Ich verstehe nicht, warum man in der SPD nur Karriere machen kann, wenn man verfassungswidrige Haushalte vorlegt“, sagte Dürr. Der Haushalt sei „unfair und unsinnig“, denn er entlaste Arbeitnehmer und Unternehmen nicht direkt.

Den Vorwurf, der Haushalt sei verfassungswidrig, bekräftigten auch die AfD und Frauke Petry (fraktionslos), die der Großen Koalition vorwarf: „Sie verramschen den Wohlstand dieses Landes.“

Die Linke: „Bei den Ärmsten kommt nichts an“

Gesine Lötzsch kritisierte für Die Linke, dass von den „gigantischen Summen“ bei den Menschen, die in Armut seien, nichts ankomme. Auch Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiteten, litten besonders unter der Krise – und das seien insbesondere Arbeitnehmerinnen: „Frauen sind die Hauptverlierer dieser Krise.“

Die Linke forderte unter anderem einen Pandemie-Zuschlag für Menschen, die von der Grundsicherung oder Hartz IV leben, einen Mindestlohn von 12 Euro – „und zwar sofort“ –, eine Mindestrente von 1.000,50 Euro pro Monat sowie einen Rettungsschirm für Solo-Selbstständige und Studierende.

Die Grünen: „Kein großer Wumms für den Klimaschutz“

Für die Grünen sprach Sven-Christian Kindler, der meinte, das Konjunkturpaket der Großen Koalition sei zwar „besser als befürchtet“, aber „nicht überzeugend oder ausreichend“. Positiv erwähnte er zum Beispiel die Entlastung der Kommunen. Allerdings bemängelter er vor allem, dass das Thema Klimaschutz zu kurz komme: „Die Klimakrise macht ja wegen Corona keinen Urlaub.“ Im Paket sei „sehr viel Gegenwart und sehr wenig Zukunft drin“.

Koalitionsfraktionen verteidigen den Nachtragshaushalt

Für die CDU/CSU dankte Eckhardt Rehberg dem Haushaltsausschuss für seine Arbeit. Es sei aber wichtig, in den nächsten Jahren „Maß und Mitte zu behalten“ und Deutschland nicht weiter zu verschulden.

Dennis Rohde (SPD) verwehrte sich gegen den Vorwurf der Verfassungswidrigkeit und betonte, wie wichtig die Brückenhilfen für ganz verschiedenen Bereiche seien. Beispielhaft nannte er die Reisebranche, den Kulturbereich, aber auch Schausteller und den Breitensport. Es sei „ein wichtiges Zeichen“, dass alle diese Bereiche mit bedacht geworden seien.

Hier seht ihr die Debatte und die Abstimmung im Video:

(jk)

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