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Erklärt Warum gedenken wir?

Laura Heyer

Seit 25 Jahren gibt es in Deutschland den „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“. Warum "gedenken" wir überhaupt? Und was hat es mit dem Datum auf sich?

Zaun vor dem ehemaligen KZ AUschwitz

Seit 1996 ist der 27. Januar ein offizieller Gedenktag. An diesem Tag 1945 wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau im heutigen Polen von sowjetischen Truppen befreit. ©picture alliance / ZUMAPRESS.com/Omar Marques

In Deutschland gibt es sechs nationale Gedenk- und Feiertage. An manchen, wie dem Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober, haben wir sogar frei und müssen nicht zur Arbeit oder in die Schule. Seit 25 Jahren ist auch der 27. Januar ein Gedenktag: der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“.

Menschen können grausam sein

Warum tut eine Gesellschaft das, "gedenken", also sich gemeinsam und auch öffentlich erinnern? Dies tut man – einfach gesprochen – damit es im Hier und Heute nicht in die falsche Richtung läuft. Menschen sind in der Lage, anderen Menschen unvorstellbare Grausamkeiten anzutun. Damit es nicht soweit kommt, muss man gefährlichen Entwicklungen rechtzeitig entgegentreten.

Und um zu erkennen, was gefährlich ist, ist es hilfreich, sich damit zu beschäftigen, was in der Vergangenheit ins Verderben geführt hat. Deshalb gedenkt der Bundestag auch heute im 21. Jahrhundert der Opfer des Nationalsozialismus.

Aber was genau hat es mit dem Datum 27. Januar auf sich?

Warum der 27. Januar?

Am 27. Januar 1945 wurde das deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau im heutigen Polen von sowjetischen Truppen befreit. Hier ermordeten die Nationalsozialisten zwischen 1940 und 1945 mehr als eine Million Menschen. Die Befreiung von Auschwitz markiert das Ende eines unbegreiflichen Gewaltverbrechens, das Ende des sogenannten Holocausts.

Der Begriff steht für den Massenmord an Juden unter dem Regime des Nationalsozialismus von 1939 bis 1945. Der systematischen Vernichtung fielen mehr als sechs Millionen Menschen in Europa zum Opfer.

Ursprünglich stammt das Wort Holocaust aus dem Griechischen (= vollständig verbrannt) und bezeichnete Brandopfer. Viele Juden verwenden statt Holocaust den hebräischen Begriff Schoah ( = Unheil, Katastrophe). Er bezeichnet ausschließlich den Mord an Juden, während Holocaust teilweise auch die Ermordung anderer Gruppen wie Sinti und Roma bezeichnet.

Warum ein Gedenktag?

Auschwitz wurde schnell das Symbol für den Holocaust, den systematischen Mord an den Juden Europas. Das größte deutsche Lager ist Sinnbild für das Leid, das Menschen anderen Menschen zufügen können.

Vor der Wiedervereinigung 1990 war der 27. Januar als Jahrestag der Befreiung von Auschwitz in der Bundesrepublik zwar immer mal wieder Thema in der Öffentlichkeit – aber ein offizielles Gedenken gab es lange Zeit nicht. Die Initiative für die Einführung eines nationalen Gedenktags am 27. Januar ging vom damaligen Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, aus.

Auf Bitten des Bundestages erklärte der damalige Bundespräsident Roman Herzog schließlich am 3. Januar 1996 den 27. Januar zum „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“. "Die Erinnerung darf nicht enden. Sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen", sagte Herzog damals. 2005 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen, den Tag auch international zum Holocaust-Gedenktag zu machen.

Das passiert im Bundestag

Für das offizielle Gedenken zum 27. Januar hat sich im Bundestag in den letzten Jahren ein gewisser Ablauf herausgebildet. Als Zeichen der Erinnerung werden an diesem Tag die Flaggen an öffentlichen Gebäuden auf Halbmast gehisst. Im Mittelpunkt des Gedenkens steht die Gedenkstunde im Plenum des Reichstagsgebäudes. Der Bundestagspräsident hält eine Ansprache, prominente Gäste ergreifen das Wort (wer das in diesem Jahr ist, kannst du hier nachlesen).

Neben den Reden enthält das Programm der Plenarveranstaltung immer auch eine künstlerische Darbietung. So wurden unter anderem bereis Texte rezitiert und Stücke von Komponisten gespielt, die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung waren.

Die Jugendbegegnung

Ebenfalls zu diesem Anlass findet alljährlich seit 1997 eine vom Bundestag organisierte mehrtägige Jugendbegegnung mit deutschen und ausländischen Jugendlichen statt, die unter anderem aus den europäischen Nachbarstaaten, Israel und den USA anreisen. Aufgrund der Corona-Pandemie ist das in diesem Jahr leider nicht möglich.

In diesem Jahr steht der Gedenktag im Zeichen eines Jubiläumsjahres: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland.

(lh)

Mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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