Thomas Röwekamp (CDU/CSU) „Mir gefällt der Streit um die beste Idee“
Am Ufer der Weser hat Leonie den Abgeordneten Thomas Röwekamp (CDU/CSU) getroffen. Die beiden sprachen nicht nur über Fußball, sondern auch über Bildungspolitik, die Klimakrise und die „Eiswette“.
Gespannt stehe ich an einem kleinen Kiosk am Osterdeich, direkt an der Weser. Der sogenannte „Werder-Kiosk“ ist ein beliebter Treffpunkt für Bremer und Fußballfans, genauer gesagt Fans des SV Werder Bremen – das Weserstadion liegt in unmittelbarer Nähe. Auch ich warte auf einen Werderfan. Und schon kurze Zeit später hält ein Fahrradfahrer in Polo-Shirt und weißen Sneakers neben mir an. Es ist Thomas Röwekamp, der seit 2021 für die CDU im Bundestag sitzt. Er wirkt lässig und freundlich, wir kommen schnell ins Gespräch und setzen uns auf eine Bank an die Weser.
Ein Ort mit dreifacher Bedeutung
Obwohl es fast 30 Grad heiß ist und die Sonne am blauen Himmel strahlt, kommen viele Jogger und Radfahrer an uns vorbei. Auf meine Frage, warum wir uns am Osterdeich treffen, antwortet der 55-Jährige, dass es sich bei unserem Treffpunkt auch um eine Station seiner Laufstrecke handelt. Etwa zwei- bis dreimal die Woche geht er laufen – zuletzt heute Morgen vor unserem Gespräch.
Der CDU-Abgeordnete berichtet, dass er ganz in der Nähe des Osterdeichs wohne und es genieße, eine so schöne Laufstrecke vor der Tür zu haben. Diese Stelle am Fluss sei aber auch durch die Nähe zum Weserstadion besonders, sagt er. Die Flutlichtmasten des Stadions ragen ein paar hundert Meter von unserer Bank entfernt in die Höhe. Als begeisterter Anhänger des SV Werder Bremen habe er eine Dauerkarte und gehe regelmäßig zu Spielen.
Und es gibt sogar noch einen dritten Grund, der diesen Ort für Röwekamp auszeichnet. Von hier aus könne man den ehemaligen „Punkendeich“ sehen. Ein alter Deichabschnitt, der Mitte des 19. Jahrhunderts in den heutigen Osterdeich integriert wurde. Jedes Jahr am 6. Januar finde hier ein ganz besonderes Schauspiel statt, erzählt der Abgeordnete, die sogenannte „Eiswette“. Dabei handelt es sich um eine alte Wett-Tradition, bei der früher vor allem Kaufmänner darum wetteten, ob die Weser „geiht oder steiht“ – plattdeutsch für „gehen oder stehen“. Man wettete also um die Frage, ob die Weser gefroren sein würde oder nicht. Im Anschluss versammelten die Männer sich zu einem Festessen. Noch heute wird diese Tradition in Form einer Zeremonie nachgestellt, Röwekamp hat in den vergangenen Jahren häufig als Darsteller mitgewirkt.
Verantwortlich für das ganze Land Bremen
Thomas Röwekamps Wahlkreis ist der Wahlkreis mit der Nummer 54, Bremen 1, der Bereich Mitte/Ost. Als einziger CDU-Abgeordneter aus dem Bundesland Bremen sieht er sich jedoch für das ganze Land verantwortlich. Die Freie Hansestadt Bremen ist ein Stadtstaat und das kleinste Bundesland Deutschlands. Es besteht aus den Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven. Letzteres erreicht man von Bremen nach ungefähr 50-minütiger Autofahrt Richtung Norden. Rund 676.000 Einwohner leben im Land Bremen.
Wer Bremen vertrete, der müsse einen großen Spagat hinbekommen, erklärt Röwekamp. „Auf der einen Seite sind Bremen und Bremerhaven sehr wirtschaftsstarke Standorte. Wir erwirtschaften hier eines der höchsten Bruttoinlandsprodukte pro Kopf aller Bundesländer und sind große Arbeitgeber für die gesamte Region“, sagt er. Auf der anderen Seite sei Bremen aber gleichzeitig auch das Bundesland mit der größten Kinderarmuts- und Arbeitslosenquote.
„Um Armut zu bekämpfen, brauchen wir Bildung“
Deshalb ist Bildungspolitik auch ein Herzensanliegen von Thomas Röwekamp, der verheiratet ist und drei Kinder hat. Bei vergleichenden Untersuchungen im Bereich Bildung schneide Bremen von allen Bundesländern seit vielen Jahren immer am schlechtesten ab. „Alle Kinder und Jugendlichen in ganz Deutschland sollten aber die gleichen Bildungschancen und -möglichkeiten haben“, so Röwekamp. Er werbe dafür, dass Bildungspolitik als nationale Verantwortung wahrgenommen werde, es in die Zuständigkeit des Bundes wachse und nicht von den Bundesländern einzeln geregelt werde. Das ist seiner Meinung nach eine der größten Aufgabe, die bewältigt werden müsse, um gegen Armut vorzugehen.
Bremen: „Ein Dorf mit Straßenbahnen“
Was Röwekamp an Bremen besonders schätzt? „Hier in Bremen ist alles überschaubar. Man braucht praktisch kein Auto“, sagt er. Den ganzen Wahlkampf habe er im Wahlkreis mit dem Fahrrad oder zu Fuß erledigen können. „Wenn man einen Wahlkreis zum Beispiel in Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern betreut, geht das nicht so einfach“, schildert er, „dort gibt es nämlich teilweise sehr große Entfernungen“. Die größte Entfernung im Land Bremen sei mit 60 Kilometern die Entfernung zwischen Bremen und Bremerhaven.
In Bremen selbst sei alles sehr nah beieinander, deshalb finde man in Bremen auch schnell die richtigen Ansprechpartner. „Ich habe viel Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern, da sie mir zum Beispiel auf der Straße oder beim Einkaufen begegnen“, erzählt er weiter. „Bremen ist eine Großstadt mit viel sozialer Nähe und kurzen Wegen – das zeichnet meinen Wahlkreis aus“. In Bremen sei alles sehr zentral und nicht zu anonym. „Bremen ist ein Dorf mit Straßenbahnen.“
Problematischer CO2-Ausstoß
Allerdings habe Bremen im Vergleich zu den anderen Bundesländern pro Kopf einen überdurchschnittlichen Ausstoß von klimaschädlichem CO2. Alle Maßnahmen der Vergangenheit hätten leider nicht dazu geführt, dass sich diese Tatsache nennenswert geändert hätte. Eine Ursache liege zum Beispiel darin, dass das Bremer Stahlwerk ungefähr die Hälfte der gesamten Bremer CO2-Emissionen verursache, erklärt Röwekamp. Seine Partei möchte deshalb erreichen, dass Stahl energieärmer produziert werde.
Außerdem stelle sich die CDU/CSU die Frage, wie erreicht werden kann, dass Personen mehr auf den öffentlichen Nahverkehr setzen und weniger Auto fahren. „Da sind Jugendliche schon oft ein Vorbild“, meint er, „während in meiner Generation ein Auto noch als Statussymbol gesehen wurde, nehme ich bei meinen eigenen Kindern heute wahr, dass ihr Bewusstsein anders ist.“ Er selbst habe sein Verhalten auch geändert: „Ich überlege mir immer ganz genau, ob ich zu Fuß gehe, mit dem Fahrrad oder der Straßenbahn fahre oder ob es nötig ist, das Auto zu benutzen“.
Klimakrise: „Brauchen kluge Entscheidungen“
Mit Blick auf die Klimakrise appelliert Thomas Röwekamp besonders an junge Menschen: „Es wird die Aufgabe der jüngeren Generationen sein, dafür zu sorgen, dass wir die industrielle und wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes durch kluge Entscheidungen in der Klima- und Umweltpolitik mit den ehrgeizigen Zielen der CO2-Reduzierung und der Reduzierung der Erderwärmung vereinbar machen.“
Ein weiteres wichtiges Thema für den Politiker: die Energieversorgung. Die verheerenden Auswirkungen des russischen Angriffskrieges hätten zu einem Energienotstand geführt. „Trotzdem muss es unabhängig davon darum gehen, dass wir und insbesondere junge Menschen das Leben energieschonender gestalten“, man müsse mehr auf Energiesparen achten und regenerative Energie fördern. Wieder appelliert Thomas Röwekamp an die Jugend: „Diejenigen, die heute jung sind, müssen ganz viele Innovation anstoßen, viele Ideen und besonders viel Umsetzungswillen mitbringen“.
Bremerhaven und die Bildungspolitik
Ich frage Thomas Röwekamp, ob er schon früh wusste, dass er einmal in die Politik gehen würde. Der gebürtige Bremerhavener erzählt, dass sein Weg in die Politik nicht geplant gewesen sei. Vielmehr habe es sich einfach so entwickelt. „Ich komme aus einem sehr politischen Haushalt“, erzählt er, „zu Hause wurde immer viel über Politik geredet“. Ihm persönlich sei die Bildungspolitik schon immer wichtig gewesen. „Als ich zu Beginn der 1980er Jahre in meiner Heimatsstadt Bremerhaven mit der dortigen Bildungspolitik nicht einverstanden war, kam ich erst zur Schülervertretung, dann zur Schüler-Union, anschließend zur Jungen Union und irgendwann bin ich dann in die CDU hineingerutscht“, erzählt er. Bis heute sei er mit viel Freude, Engagement und Leidenschaft dabei. Am Politikerdasein gefalle ihm besonders der „Streit um die beste Idee“, sagt er.
Arbeit als Abgeordneter, Anwalt und Notar
Thomas Röwekamp ist etwa die Hälfte des Jahres in Bremen, die anderen Hälfte in Berlin. Dort verbringe er sehr viel Zeit im Bundestag: Sitzungen, Termine, Besprechungen und Vorbesprechungen. Manchmal käme er vor zwei Uhr morgens nicht nach Hause. Es sei keine Seltenheit, morgens um 8 Uhr den Bundestag zu betreten und erst spät abends wieder zu gehen, „ohne zwischendurch mal an der frischen Luft gewesen zu sein“. Aber wer Politik mit Leidenschaft betreibe, dem mache auch die hohe Arbeitsbelastung nichts aus.
Der Arbeitsalltag in Berlin unterscheidet sich von Röwekamps Arbeit im Wahlkreis. In Bremen ist Röwekamp an vielen verschiedenen Orten im Einsatz. Denn er geht auch seinem Beruf als Rechtsanwalt und Notar nach. Oft besuche er Firmen oder werde als Redner zu Veranstaltungen eingeladen. „In Bremen habe ich ganz viele Termine außerhalb der politischen Blase, in der ich mich in Berlin immer bewege“, so Röwekamp. „Hier zählt vor allem der Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern.“
Zur Person
Thomas Röwekamp wurde 1966 in Bremerhaven geboren. Nach der Schule machte er eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Später studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Bremen und arbeitet seit 1997 als selbstständiger Rechtsanwalt und Notar. Röwekamp war von 1991 bis 2003 und von 2007 bis 2021 Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft, von 2003 bis 2007 Innensenator in Bremen. 2021 zog er in den Bundestag ein, er ist Mitglied im Verteidigungsausschuss. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.