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Johannes Fechner (SPD) „Kameras der Republik auf dich gerichtet“

Eric hat Johannes Fechner von der SPD auf einem Turm getroffen und mit ihm über den FC Bundestag, seinen Wunsch-Bundeskanzler und Lampenfieber gesprochen.

Abgeordneter und Autor

Selfie mit einem Bundestagsabgeordneten: Mitmischen-Autor Eric mit Johannes Fechner (SPD). © Eric Matt

Wenn Johannes Fechner es nach ganz oben schaffen möchte, muss er 240 Stufen emporsteigen. Dann steht der SPD-Bundestagsabgeordnete an der Spitze Deutschlands – nicht politisch, sondern geografisch. Denn in seinem Wahlkreis Emmendingen-Lahr in Baden-Württemberg stehe mit 53,20 Metern der höchste frei zugängliche Aussichtsturm Deutschlands, der Eichbergturm, sagt Fechner. Zwischen Matsch, Laubbäumen und einem Zeltlager ist der studierte Anwalt auch mal hier zum Gespräch anzutreffen.

Stammplatz im FC Bundestag

Der Turm bietet einen Blick auf den Schwarzwald mit seinem dichten Nadelwald, auf die Häuser der Universitätsstadt Freiburg und auf die nahegelegene französische Grenze. Doch warum ist ausgerechnet hier der Lieblingsort des Badeners? Steht der Eichbergturm auch symbolisch dafür, dass Herr Fechner selbst politisch noch hoch hinaus möchte?„Nein, hier geht es nicht um Personen oder Posten. Für die kommende Legislaturperiode habe ich ohnehin nur das Ziel, meinen Stammplatz beim FC Bundestag zu verteidigen“, entgegnet er schmunzelnd. Der FC Bundestag ist die Fußballmannschaft der Parlamentarier in Berlin und setzt sich aus Abgeordneten aller Fraktionen zusammen.

„Vermittler zwischen Bürgern und Politik“

Johannes Fechner ist rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sitzt daher auch im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Bundestages und bezeichnet sich als „Ur-Emmendinger“. Hier hat er Abitur und den Zivildienst gemacht, im nahegelegenen Freiburg Rechtswissenschaft studiert und dann in der Region als Anwalt gearbeitet. Nach vielen Jahren in der Kommunalpolitik – unter anderem auch als stellvertretender Oberbürgermeister seiner Heimatstadt – zog er dann im Jahre 2013 in den Deutschen Bundestag ein.

Fechner ist farblich Sozialdemokrat durch und durch: Rotes Auto, rote Krawatte, roter Kugelschreiber und selbst die Kuckucksuhr im Wahlkreisbüro ist rot, sagt er. Als Abgeordneter sehe er sich als „Vermittler zwischen Bürgern und Politik“. Dabei mache es ihm „Riesenspaß“, wenn er die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger annehmen, umsetzen und Verbesserungen erreichen könne.

Portraitfoto

Hoch hinaus: Johannes Fechner ist seit über 30 Jahren in der SPD und will wieder in den Bundestag. © Eric Matt

Über 200 Reden im Bundestag

Fechner wirkt entspannt. Dies aber sei nicht immer so, denn selbst nach acht Jahren Berufspolitik verspüre auch er noch Aufregung vor Veranstaltungen oder Gesprächen – wenn nicht sogar Lampenfieber. „Ich gehe noch immer mit großem Respekt vor das Rednerpult im Bundestag. Da sind die Kameras der Republik auf dich gerichtet“, so Fechner, der bereits über 200 Reden im Bundestag gehalten hat.

Es könnten noch einige weitere Reden hinzukommen, denn Fechner ziehe „durch den Listenplatz wieder sicher in den nächsten Bundestag ein“, sagt er. Anders sehe es beim Direktmandat im Wahlkreis aus, das er über die Erststimme bei der Bundestagswahl bekommen könnte, wenn er der Kandidat mit den meisten Stimmen wäre. „Ich kämpfe um jede Stimme aber niemand darf böse sein, wenn es mit dem Direktmandat nichts wird, weil bisher ging das immer an die CDU“, so Fechner.

„Enormer Kraftakt“

„Hallo“, „Guten Morgen“ – während wir uns unterhalten, erreichen immer wieder Wanderer den Turm und grüßen freundlich. Im „Ländle“ – wie man hier liebevoll zu Baden-Württemberg sagt – scheint man sich zu kennen. Einige der Turmbesucher lauschen interessiert, was der Abgeordnete zu sagen hat. Als Parlamentarier habe er eine Hundert-Stunden-Woche, wodurch vor allem der „Kontakt zu Freunden unter die Räder“ komme, sagt der 48-Jährige.

Warum aber möchte er sich diesen Stress nun nochmal antun? „Ich habe schlicht noch sehr viele Ideen und habe auch noch viel vor“, zeigt sich Fechner ehrgeizig. Dazu gehöre beispielsweise, dass er sich für bezahlbaren Wohnraum und Verbraucherschutz einsetzen sowie Kriminalität effektiver bekämpfen wolle. Auch bisherige Erfolge sind für ihn ein Ansporn, weiterzumachen. Einer dieser Erfolge sei etwa die neue Rheintalbahn für Güterzüge, die „ein enormer Kraftakt“ gewesen sei, nun aber mehr Sicherheit und Lärmschutz für die Bürgerinnen und Bürger bringe.

Stadtszene

Freiburg im Breisgau ist die nächstgrößere Stadt neben dem Wahlkreis von Johannes Fechner. Dort hat der SPD-Abgeordnete auch studiert. © shutterstock

Kulturgutscheine für junge Menschen

Der Wahlkreis Emmendingen-Lahr ist eine ländliche und wohlhabende Region. Es gibt viele Handwerksunternehmen und nur wenige Menschen ohne Schulabschluss oder Arbeit. So liegt die Arbeitslosenquote hier bei nur 3,8 Prozent, weit geringer, als im Bundesdurchschnitt. Im Wahlkreis leben rund 298 000 Menschen, von denen mehr als jede vierte Person unter 25 Jahren ist.

„Die junge Generation will nach der Pandemie wieder Chancen haben. Sie möchte in die Schule, zur Uni oder auch die Ausbildung beenden“, erklärt Fechner. Hierfür hat der zweifache Vater volles Verständnis, denn „jetzt sind die Familien und die Jungen an der Reihe und müssen Schwerpunkt der Politik werden“. Um dies zu schaffen, möchte sich Fechner an seinen französischen Nachbarn orientieren, denn zu diesen schaue er „etwas neidisch und interessiert über die Grenze“. Dort nämlich gebe es Kulturgutscheine, mit denen junge Menschen kostenfrei ins Kino oder aufs Konzert gehen könnten. „Das fände ich auch für ganz Deutschland gut. Außerdem wäre es eine große Unterstützung für die Eventbranche“, so Fechner.

Wie verändert Corona den Wahlkampf?

Corona hat vieles verändert, auch in seiner Region – dazu zählt der Wahlkampf. „Der Hauptunterschied besteht darin, dass der Wahlkampf länger und daher auch teurer ist“, erklärt Fechner. Durch die Coronapandemie nämlich würden sich viele für eine Briefwahl entscheiden – und somit früher wählen gehen. Daher müsse „man schon früh auf dem Platz stehen und auch wirklich bis zur 90. Minute durchhalten“, sagt der Anhänger vom TSV 1860 München in bester Fußballersprache.

Wo landet die SPD?

Fechner, der seit über 30 Jahren SPD-Mitglied ist, zeigt sich optimistisch: „Zwanzig plus, da bin ich mir sicher. Wir haben in den letzten Wochen ziemlich aufgeholt. Der nächste Bundeskanzler heißt Olaf Scholz und führt eine Ampelkoalition an.“ Nun gilt es, abzuwarten, ob die Partei tatsächlich das Kanzleramt erobern kann. Falls dies nicht gelingen sollte, steht wenigstens ihr Abgeordneter Johannes Fechner an einer der Spitzen Deutschlands – dem Eichbergturm.

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