Serie: Zahl des Tages 27 Mal runde Tische für Profis
Manchmal sagen Zahlen mehr als Worte: Die mitmischen.de-Zahl des Tages zeigt euch den Bundestag aus einem ganz anderen Blickwinkel – und nebenbei erfahrt ihr interessantes Schlaumeier-Wissen. Heute geht’s um Profis.
Ob Umwelt, Bildung, Wirtschaft, Finanzen oder etwa Sport – Abgeordnete können sich nicht überall gut auskennen. Daher spezialisieren sie sich auf ein oder zwei Gebiete und arbeiten in den entsprechenden Fachzirkeln mit: den Ausschüssen des Bundestages. Dort geht es bei Gesetzentwürfen, Anträgen & Co. so richtig in die Tiefe. Was die Fachleute beraten und beschließen, landet dann als Empfehlung auf den Tischen aller anderen Abgeordneten. Alois Gerig (CDU/CSU) vom Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft erklärt, wie die Arbeit in den Ausschüssen genau funktioniert:
Wofür gibt es Ausschüsse im Bundestag?
Die Arbeit im Bundestag ist sehr vielfältig. Im Plenum besprechen wir ein riesiges Spektrum an Themen. Deshalb ist es gut, dass in den Ausschüssen die Fachleute zusammenkommen, um die Themen in der Regel vorab im Detail durchzugehen.
In jedem Ausschuss sind alle Fraktionen vertreten. Das ist ja das Schöne an der Demokratie, dass alle Seiten zu Wort kommen und man versucht, einen Kompromiss zu finden.
Wie arbeitet ein Ausschuss?
Wir haben ja 22 oder 23 Sitzungswochen im Jahr. In diesen Wochen kommen die Ausschüsse zusammen und beraten sich zu den Themen ihres Fachbereichs. Für die Sitzungen gibt es strenge Regeln. Zum Beispiel ist genau festgelegt, wer wie viel Redezeit bekommt. In der Regel setzen wir für eine Sitzung vier Stunden an – und die brauchen wir meistens auch, um eine breite Palette an Themen berücksichtigen zu können.
Gesetzesentwürfe von der Bundesregierung werden gewöhnlich von den Fraktionen geprüft. Jede Fraktion kann alleine oder gemeinsam mit anderen Fraktionen einen Änderungsantrag zum entsprechenden Entwurf aufstellen. Über diese Anträge wird während der Sitzung im Ausschuss diskutiert und anschließend abgestimmt. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses wird wiederum ins Plenum eingegeben.
Die Ausschüsse laden regelmäßig Experten zu Anhörungen ein. Wie wählen Sie die aus?
Jede Fraktion hat das Recht, Experten vorzuschlagen. Manchmal nutzen größere Fraktionen ihr Mehrheitsrecht und laden mehr als einen Sachverständigen zu einem Thema ein, dann sitzen auch mal neun Experten in einer Anhörung.
Auch von den externen Gästen werden ganz verschiedene Sichtweisen eingebracht. Wir haben uns zum Beispiel kürzlich in einer Anhörung mit dem Tabakerzeugnisgesetz beschäftigt. Dazu waren sowohl Gesundheitsexperten als auch Vertreter der Tabak-Industrie eingeladen. Hier gibt es naturgemäß unterschiedliche Interessen. Danach müssen die Meinungen bestenfalls zu einem Kompromiss zusammengeführt werden.
Was ist Ihre Aufgabe als Ausschuss-Vorsitzender?
In meiner Rolle aus Ausschuss-Vorsitzender bin ich parteineutral. Ich spreche dann nicht für meine Fraktion, sondern für den Ausschuss als Ganzes.
Gemeinsam mit den Obleuten aus allen Fraktionen bereite ich unsere Sitzungen vor. Während der Sitzung bin ich dann verantwortlich für einen geregelten Ablauf, ich sorge dafür, dass die Geschäftsordnung eingehalten wird. Oft nehme ich auch eine vermittelnde Rolle zwischen den verschiedenen Positionen ein und versuche darauf hinzuwirken, dass wir eine gemeinsame Lösung finden.
Was passiert aber, wenn Sie trotz ausgiebiger Debatte zu keinem gemeinsamen Ergebnis kommen?
Leider gelingt es nicht immer, einen Kompromiss zu finden. Wenn wir uns nicht einig werden, dann entscheidet auch im Ausschuss – wie im Plenum gemäß dem demokratischen Grundsatz – die Mehrheit. Meistens sind das dann die Koalitionsfraktionen.
Allgemeine Debatten mit unterschiedlichen Meinungen sind fruchtbar und wichtig, um alle Aspekte eines Themas auszuleuchten. Dabei wird die eigene Meinung an der einen oder anderen Stelle auch überdacht und man bewegt sich dann ein Stück weit auf andere zu.
Ihr Ausschuss beschäftigt sich mit Landwirtschaft und Ernährung. Sie sind selbst gelernter Landwirtschaftsmeister. Ist das wichtig, um die Themen, die Sie im Ausschuss behandeln, umfassend zu verstehen?
Es schadet auf jeden Fall nicht – aber es ist auch keine Voraussetzung. Dass ich die komplexen Strukturen in der Landwirtschaft gut kenne, hilft mir, die Sorgen der landwirtschaftlichen Betriebe zu verstehen. Aber man kann sich in diese Themen auch einarbeiten, ohne vom Fach zu sein.
Unser Ausschuss umfasst ein sehr weites Spektrum, von gesunder Ernährung, über Verbesserung des Tierwohls, Zukunftssicherung der Forst- und Fischereiwirtschaft, Garten- und Weinbau bis hin zur weltweiten Ernährungssicherung.
Welche Themen haben Sie in der letzten Zeit im Ausschuss besonders beschäftigt? Und welche liegen Ihnen persönlich besonders am Herzen?
Mir persönlich liegt natürlich der Erhalt der bäuerlichen Betriebe besonders am Herzen. Ich bin der festen Überzeugung, dass unsere Landwirte in Deutschland die qualitativ besten Lebensmittel weltweit produzieren. Darüber hinaus pflegen sie unsere schöne Kulturlandschaft. Diese Situation möchte ich stärken und erhalten – das sehen die meisten Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss auch so.
Ein anderes wichtiges Thema, das uns noch eine Weile begleiten wird, ist der Schutz des Waldes. Wir haben viel zu trockene Sommer. Durch das fehlende Wasser sterben manche Bäume ab, andere werden durch den Borkenkäfer geplagt und das Waldbrandrisiko steigt erheblich. Unsere Wälder sind wichtig im Kampf gegen den Klimawandel, Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen und ein Ort an dem wir Menschen uns erholen können. Aus diesem Grund ist mir der Schutz und Erhalt unserer Wälder ein großes Anliegen.
Über Alois Gerig
Alois Gerig, 64, sitzt seit 2009 für die CDU/CSU im Bundestag. Der Landwirtschaftsmeister aus Baden-Württemberg sitzt dem Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung vor. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.
(jk)