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Interview „Beim Kanzler direkt nachhaken“

Er ist einer, der am Mittwoch vor laufender Kamera mit dem Kanzler sprach: Wolfgang Strengmann-Kuhn. Der Grünen-Abgeordnete über kritische Fragen, Weiterbildung und „eine richtige Show“.

Portrait des Abgeordneten Wolfgang Strengmann-Kuhn

„Olaf Scholz kannte unsere Fragen vorab nicht“, erklärt Wolfgang Strengmann-Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen). Foto: Stefan Kaminski

Olaf Scholz hat seine erste Regierungsbefragung als Kanzler hinter sich gebracht. Was meinen Sie: Wie hat er sich geschlagen?

Er hat das souverän gemacht. Da hat er sich durchaus in die Tradition von Angela Merkel eingereiht. Sie hat das auch gut gemacht, war immer gut in den Themen drin, konnte auf alles antworten – und so war es bei Olaf Scholz jetzt auch. An der einen oder anderen Stelle hätte es ein bisschen konkreter sein können. Aber es ist auch klar, dass ein Kanzler auf vieles eher allgemein antwortet.

Was bringt es den Abgeordneten des Bundestages, regelmäßig Mitgliedern der Bundesregierung Fragen zu stellen?

Aus Sicht der Opposition ist es wichtig, der Regierung kritische Fragen zu stellen und auch nachhaken zu können. Es ist natürlich auch eine gute Gelegenheit, deutlich zu machen, wo man anderer Meinung ist. Manchmal erfährt man aus einer Antwort auch wirklich etwas, das man so noch nicht wusste.

Und als Fraktion, die die Regierung stützt, kann man in der Regierungsbefragung Themen setzen, die einem wichtig sind.

Die letzten Jahre war Ihre Fraktion in der Opposition. Da stellt man der Regierung natürlich kritische Fragen. Nun gehören Sie der Ampel-Koalition an, die die neue Regierung unterstützt. Dürfen Sie jetzt nur noch nette Fragen stellen?

Natürlich ist es uns erlaubt, auch mal nicht freundliche Fragen zu stellen. Die Fragen werden auch nicht mit der Bundesregierung abgesprochen. Olaf Scholz kannte unsere Fragen vorab nicht.

In einer Koalition ist man erst mal freundlich miteinander, klar. Aber wenn es unterschiedliche Positionen gibt, ist die Regierungsbefragung schon auch eine Möglichkeit, das aufzuzeigen. Das ist ja für die politische Kultur auch gar nicht schlecht. Schließlich besteht die Ampel-Koalition aus drei verschiedenen Fraktionen, die natürlich auch mal unterschiedliche Meinungen haben.

Was wollten Sie vom Bundeskanzler in seiner ersten Regierungsbefragung wissen?

Mir ging es um das Thema Weiterbildung. Vor allem wollte ich aus grüner Sicht deutlich machen, dass das Thema für uns wichtig für die ökologische und soziale Transformation zu ist, also für die Veränderungen unserer Gesellschaft und der Wirtschaft vor allem in den Bereichen Klimaschutz, Digitalisierung und Demographie.

Von Olaf Scholz wollte ich gerne wissen, welche Priorität das Thema für ihn hat. Denn das greifen dann ja zum Beispiel auch die Medien auf. Und wenn die schreiben „Für den Kanzler ist das Thema Weiterbildung ein wichtiger Punkt“, dann ist das etwas, worüber wir uns freuen.

Waren Sie zufrieden mit seiner Antwort?

Weitgehend. Es hätte an manchen Stellen noch ein bisschen konkreter sein können. Aber er hat deutlich gemacht, dass ihm das Thema wichtig ist und dass auch der Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil (SPD) mit Hochdruck daran arbeitet und man sich sicher sein kann, dass da bald was passiert. Diese Aussage zu bekommen, war eins meiner Ziele.

Sie haben schon viele Regierungsbefragungen miterlebt. Ist Ihnen eine besonders in Erinnerung geblieben?

Die erste Regierungsbefragung von Angela Merkel hat mich beeindruckt. Da habe ich gedacht: Wow, das hat sie wirklich brillant gemacht! Das war eine richtige Show.

Die Union hat sich lange dagegen gewehrt, dass auch der Bundeskanzler oder in dem Fall die Bundeskanzlerin befragt wird, während die Opposition das immer gefordert hatte. Dabei ist es für die Regierungsparteien eine gute Sache, sich so darstellen zu können. Und natürlich ist es auch für die Opposition eine gute Sache, beim Kanzler direkt nachhaken zu können. Für das gesamte Parlament ist es gut, wenn die Regierungsarbeit und die verschiedenen Positionen dazu im Bundestag so öffentlich verhandelt werden.

Über Wolfgang Strengmann-Kuhn

Der 57-jährige Grünen-Abgeordnete Wolfgang Strengmann-Kuhn hat Volkswirtschaft studiert und an verschiedenen Hochschulen gearbeitet, bevor er 2008 in den Bundestag einzog. Sein inhaltlicher Schwerpunkt ist Arbeitsmarktpolitik; entsprechend sitzt er im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.

(jk)

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