Aktuelle Stunde Debatte über steigende Kriminalität in Deutschland
Die Fälle von Gewaltkriminalität in Deutschland steigen an – das zeigt die Polizeiliche Kriminalstatistik 2023. Woran liegt das und welche Konsequenzen muss man daraus ziehen? Darüber haben die Abgeordneten in einer Aktuellen Stunde diskutiert.
Einen Tag nach der Vorstellung der „Polizeilichen Kriminalstatistik 2023“ hat der Bundestag am Mittwoch, 10. April 2024, über Ursachen und Konsequenzen der steigenden Kriminalität in Deutschland debattiert. Die Aktuelle Stunde war auf Verlangen der Unionsfraktion auf die Tagesordnung gesetzt worden.
Union: Stark gestiegene Ausländerkriminalität
Zu Beginn der Debatte beklagte Andrea Lindholz (CDU/CSU), dass die Zahl der registrierten Straftaten seit zwei Jahren rapide ansteige, nämlich um 11,5 Prozent im Jahr 2022 und 5,5 Prozent im vergangenen Jahr. Dieser Anstieg liege vor allem an mehr ausländischen Tatverdächtigen. Während die Zahl deutscher Tatverdächtiger in den vergangenen beiden Jahren um 4,6 Prozent beziehungsweise 1,0 Prozent gestiegen sei, habe die Zahl ausländischer Tatverdächtiger 2022 um 22,6 Prozent und 2023 um 17,8 zugenommen. „Deutschland wird seit zwei Jahren unsicherer, und das liegt vor allem an der stark gestiegenen Ausländerkriminalität“, fügte Lindholz hinzu.
Wer zielgerichtet Kriminalität bekämpfen wolle, könne nicht länger ignorieren, dass vor zwei Jahren 37 Prozent und im vergangenen Jahr 41 Prozent aller Tatverdächtigen Ausländer gewesen seien, wobei der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung 15 Prozent betrage. Eine zentrale Botschaft der Kriminalstatistik sei daher, dass das Land das Ausmaß illegaler Zuwanderung wie in den vergangenen beiden Jahren nicht mehr verkrafte. Gleichwohl setze die Ampel-Koalition „immer neue Anreize für noch mehr irreguläre Migration nach Deutschland“.
SPD: Schutz innerer Sicherheit hat höchste Priorität
Peggy Schierenbeck (SPD) hielt im Gegenzug der CDU/CSU vor, Ängste bei den Bürgern zu schüren. Deutschland sei jedoch nach wie vor eines der sichersten Länder der Welt sei. Mit Blick auf die „Polizeiliche Kriminalstatistik“ (PKS) konstatierte sie zugleich, dass man eine gestiegene Gewaltkriminalität, mehr Jugend- und auch mehr Ausländerkriminalität sehe. Dabei sorge der Anstieg der Kriminalität verständlicherweise für Beunruhigung. Einer der Hauptfaktor für den Anstieg hänge mit der Migrationsdynamik zusammen. Durch die hohe Zuwanderungsrate steige die Bevölkerungszahl und der Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung. Der überproportionale Anteil ausländischer Tatverdächtiger dürfe aber nicht zu einem Generalverdacht führen. Millionen Ausländer in Deutschland begingen keine Straftaten.
Schierenbeck betonte zugleich, dass der Schutz der inneren Sicherheit „nach wie vor höchste Priorität“ habe. Es helfe aber nicht, die PKS-Zahlen in einen „falschen Kontext zu setzen“. So zähle auch die erhöhte Mobilität nach der Pandemie zu den wichtigsten Faktoren für den Anstieg der Kriminalität. Ebenso spielten die aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Belastungen dabei eine große Rolle.
AfD warnt vor „Erosion der inneren Sicherheit“
Martin Hess (AfD) warf Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Versagen bei der „Gewährleistung des Schutzes und der Sicherheit der eigenen Bürger“ vor. Die Zahl der Gewaltdelikte weise mit mehr als 214.000 pro Jahr einen „historischen Höchststand“ auf. Während die Zunahme der Zahl deutscher Tatverdächtiger bei Gewaltdelikten 2,2 Prozent betragen habe, liege sie bei nichtdeutschen Tatverdächtigen bei 14,4 Prozent.
Schuld an der „Erosion der inneren Sicherheit“ sei der „grenzen- und verantwortungslose Vielfalts- und Multikultiwahn dieser Ampelregierung“, fügte Hess hinzu. Deshalb führe an einer „sofortigen Korrektur dieser verheerenden Migrationspolitik kein Weg vorbei“. Faeser denke aber „nicht im Traum daran“, diese Migrationspolitik zu korrigieren. Dabei habe sie schon längst die Kontrolle über die innere Sicherheit verloren. Dies bewiesen die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik. Jeder Tag, den die Ministerin im Amt bleibe, sei ein „schlechter Tag für Deutschland“.
Grüne: PKS-Zahlen ernst nehmen, ohne sie überzuinterpretieren
Marcel Emmerich (Bündnis 90/Die Grünen) mahnte, die PKS-Zahlen „ernst zu nehmen, ohne sie überzuinterpretieren“, und „ohne Schaum vor dem Mund“ über Ursachen zu sprechen. Dass bei den deutschen Tatverdächtigen ein Anstieg um ein Prozent registriert worden sei und bei den nichtdeutschen Tatverdächtigen um 13,5 Prozent, sei nur „die halbe Wahrheit“. Wenn man sieht, „dass die nichtdeutsche Bevölkerung angestiegen ist, und das ins Verhältnis setzt, dann relativiert sich das Ganze, und es ist im Vergleich zu vorher sogar um ein halbes Prozent gesunken“, fügte er hinzu.
Auch gehöre zu den Hintergründen, dass Migranten häufiger angezeigt würden. Auch sei ihr sozioökonomischer Hintergrund oft prekärer, und manche Taten könnten auch nur sie begehen. Das rechtfertige in keiner Weise Gewalt, sei aber zentral, „um zu verstehen, worauf es ankommt“. Es gehe nicht darum, die Menschen abzuschieben, sondern ihnen echte Perspektiven zu schaffen. Die Vorschläge der Union seien dagegen „billige Kurzschlüsse“ und „Push-Faktoren in die Kriminalität“.
FDP für offene Debatte über Präventionsmaßnahmen
Konstantin Kuhle (FDP) betonte, ein Ergebnis der Polizeilichen Kriminalstatistik sei, dass es mehr Gewaltkriminalität gebe. Dies sollte man nicht relativieren und nicht kleinreden, sondern eine offene Debatte über Ursachen und mögliche Maßnahmen führen. Dabei ließen sich unterschiedliche Gründe für den Kriminalitätsanstieg finden. So spiele „die Zunahme an Gelegenheiten, an Dynamik in der Gesellschaft durch das Ende der Corona-Pandemie“ eine Rolle, ebenso wirtschaftliche Perspektivlosigkeit.
Eine Rolle spiele aber auch, dass es „in bestimmten Kreisen gerade junger Männer mit Migrationshintergrund eine Gewaltgeneigtheit“ gebe. Darüber müsse man offen sprechen und müsse sich Gedanken darüber machen, wie man zusätzlich in Präventionsmaßnahmen investieren könne. Kuhle verwies zugleich darauf, dass die Koalition im Januar im Bundestag ein Gesetz verabschiedet habe, das die Abschiebung von Intensivtätern aus Deutschland erleichtere. Er erwarte, dass die Länder diese verschärften Abschieberegeln nun auch anwenden.
Forderung nach Sofortprogramm für Mehrfach- und Intensivstraftäter
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) plädierte für ein Sofortprogramm für Mehrfach- und Intensivstraftäter. „Ein Prozent der sächsischen nichtdeutschen Tatverdächtigen begehen 50 Prozent der Straftaten“, sagte Schuster und fügte an die Adresse der Bundesregierung hinzu: „Machen Sie Aufnahmezentren an den Großflughäfen und schaffen Sie die diplomatischen Möglichkeiten, dieses eine Prozent rückzuführen“.
Eine Rückführungsoffensive nur für Mehrfach- und Intensivstraftäter „wäre ein Sofortprogramm, das dramatisch die PKS 2024 entlasten wird“. Dazu müsse man auch bereit sein, Mehrfach- und Intensivstraftäter nach Syrien und Afghanistan abzuschieben.
Hier könnt ihr euch die ganze Debatte zur Aktuellen Stunde „Ursachen und Konsequenzen der Polizeilichen Kriminalstatistik 2023“ anschauen.
Dieser Artikel erschien zuerst auf bundestag.de.