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Cybermobbing Experten werben für mehr Aufklärung

Der Papst in Daunenjacke: ein Foto, das viral ging und gefälscht war. In einem Gespräch der Kinderkommission sprachen Experten über Gefahren im Internet. Denn Deepfakes spielen auch beim Cybermobbing eine Rolle.

Ein Mädchen sitzt im Halbdunkel vor ihrem Bildschirm und starrt darauf.

Viele Schüler und Schülerinnen sind von Cybermobbing betroffen. Oft fällt es schwer, sich jemandem anzuvertrauen.© Shutterstock/Burdun Iliya

Vor kurzem kursierte ein Foto des Papstes im Internet, das ihn in einer dicken weißen Daunenjacke zeigte. Das Bild ging viral, war aber gefälscht. Sogenannte Deepfakes sind Bilder oder Videos, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz bearbeitet wurden. Oft sehen sie täuschend echt aus. Solche Fotos oder Videos können witzig sein, aber sie können auch eingesetzt werden, um jemanden zu mobben. Dann spricht man von Cybermobbing.

Manipulierte Aufnahmen

Auf diesen manipulierten Bildern oder Videos sind Personen zu sehen, die etwas sagen oder machen. Die Situation hat so aber nie stattgefunden. Derartige Bilder oder Videos können auch in politischen Zusammenhängen eingesetzt werden, etwa im Wahlkampf, um Fake News über einen Kandidaten zu verbreiten. Manchmal werden sogar Gesichter von Personen in pornografische Aufnahmen eingefügt. Das ist ein schwerer Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte und kann eine Straftat sein.

Schlimme Folgen für Betroffene

Deepfakes können auch erzeugt werden, um Mitschüler zu erniedrigen. So haben laut einer Studie schon rund 17 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland Erfahrungen mit Cybermobbing gemacht.

Die Auswirkungen für die Betroffenen sind schlimm: Sie stehen rund um die Uhr unter Stress, auch Depressionen oder sogar Suizidgedanken können eine Folge sein. Im Unterschied zum Offline-Mobbing kann Cybermobbing schnell sehr viele Personen erreichen. Aber so richtig trennen kann man zwischen Off- und Online-Welt hier gar nicht. Oft findet das Mobbing in beiden Bereichen statt. Hinzu kommt, dass die Inhalte, sobald sie einmal im Netz sind, lange dort zu finden sind.

Die Gesetzeslage

In Deutschland gibt es kein spezielles Mobbing-Gesetz. Oft geht es aber im Zusammenhang mit Cybermobbing um Dinge wie Beleidigung, Verleumdung, Erpressung oder die Verbreitung von Bildern und Videos ohne Erlaubnis. Das sind alles einzelne Straftatbestände, zusammen können sie strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Gespräch der Kinderkommission

In einem öffentlichen Fachgespräch der Kinderkommission haben Experten über die Risiken gesprochen, denen Jugendliche im Internet begegnen. Die Experten haben Hinweise gegeben, wie Jugendliche, ihre Eltern und Lehrkräfte mit diesen Tücken umgehen können.

Die sechsköpfige Kinderkommission ist ein Unterausschuss des Familienausschusses und vertritt die Interessen von Kindern und Jugendlichen im Parlament.

„Nicht mit Verboten kommen“

Einer der geladenen Experten war Cem Karakaya, der auf Internetkriminalität spezialisiert ist. Man könne der jungen Generation nicht mit Verboten kommen, so Karakaya, sondern müsse ihnen für die Gefahren die Augen öffnen. Dazu müsse man ihre Sprache sprechen. Das Smartphone sei viel mehr als ein Mobiltelefon und könne somit leider auch ein Einfallstor für Kriminalität sein kann, betonte er.

Rollenspiele mit den Jugendlichen

Um die Jugendlichen für Themen wie Cybermobbing zu sensibilisieren, macht Karakaya Rollenspiele mit ihnen. Es geht beispielsweise um eine Hass-Gruppe, in der eine Person gemobbt wird und ein Fake-Video in Umlauf gebracht wird. Alle verstünden nach so einem Rollenspiel, dass niemand so etwas erleiden möchte. Niemand trete nach diesem Intensivkurs noch einer Hass-Gruppe gegen Klassenkameraden bei, so Karakaya.

Außerdem klären diese Rollenspiele auf: Wie entstehen täuschend echte Deepfakes? Wie erkenne ich sie? Und es werde klar, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei. Karakaya forderte zudem, dass bei einem Mobbing-Vorfall der Täter die Schule wechseln müsse und nicht das Opfer, das dadurch doppelt bestraft werde.

Auch Erwachsene müssen dazu lernen

Auch Erwachsene müssten für diese Themen sensibilisiert werden, um ihre Kinder in der aktuellen Medienwelt begleiten zu können. Eltern und Lehrkräfte seien aber überfordert und desinteressiert, so Karakaya. Trotzdem gelte es, schnell zu handeln. Gegenseitiges Vertrauen und Kommunikation seien die beste Investition, um über die Gefahren im Internet aufzuklären, sagte der Experte und empfahl die Internetseite klicksafe.de. Die sei die beste Seite für Kinder, Eltern und Lehrer. Es sei wichtig den Kindern klarzumachen, dass sie nicht so viel Bildmaterial hochladen und sich mit Fantasienamen bewegen sollten.

Deepfakes oft nur schwer zu erkennen

„Auch erfahrene Experten können Deepfake nur zu etwa 50 Prozent richtig einordnen“, sagte der Cyber Security Engineer Sebastian Froede. Ein Cyber Security Engineer ist etwa für die Sicherheit der IT-Infrastruktur in einem Unternehmen zuständig. Deepfakes würden immer häufiger in allen qualitativen Ausführungen angewendet, so Froede. Es sei ganz einfach und jeder könne in wenigen Minuten ein Deepfake machen, man brauche nur ein Foto. Außerdem können man auch Sprachnachrichten manipulieren und sie so beispielsweise für Erpresseranrufe verwenden.

Wie kann ich überprüfen, ob Videos echt sind?

  • Wird das Video von einer seriösen Informationsquelle verbreitet?

  • Wann und wo ist das Video zum ersten Mal aufgetaucht?

  • Passen die Aussagen und das Verhalten der gezeigten Person zu dem, wie sie üblicherweise auftritt?


(Quelle: klicksafe.de)

Sensibilisierung: Mächtigstes Tool

Sensibilisierung sei das mächtigste Tool, über das wir verfügten, hob Froede hervor. Deshalb müsse man alle Menschen für die Gefahren aus dem Internet sensibilisieren. Nur so könne man sich schützen. Man könne Schülern beispielsweise zeigen, wie sie Deepfakes erkennen können, denn es passierten beim Erstellen der Fakes Fehler – etwa bei der Kleidung, bei Schmuckstücken oder an den Bildrändern.

Zur Aufklärung brauche es Schüler-Eltern-Projekte. Den jungen Leuten müsse man eine sichere und legale Spielwiese schaffen und dort einen Lerneffekt erzeugen, so Froede.

Weiteres Risiko: Identitätsdiebstahl

Ein weiteres Thema in dem Gespräch war Identitätsdiebstahl. Davon spricht man, wenn zum Beispiel der Social-Media-Account gehackt wird und unter dem eigenen Namen peinliche oder verbotene Inhalte gepostet werden. Dazu sagte Froede, es helfe nur, die eigene Sicherheit zu verbessern. Zu Erklärung: Das kann man etwa durch Zwei-Faktor-Authentisierung tun. Für den Log-in wird dann nicht nur ein Passwort benötigt, sondern auch ein Gerät, meistens das Handy, das man einrichten muss. Beim Log-in bekommt man so zusätzlich zum Passwort einen Code auf das Handy gesendet, den man ebenfalls eingeben muss.

Außerdem riet Froede, nicht zu viel zu posten, denn alle Daten im Netz seien dauerhaft irgendwo. Und Karakaya forderte, dass Identitätsdiebstahl in Deutschland endlich zu einem Straftatbestand werden müsse, um den Opfern besseren Schutz zu gewähren.

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