Polizei Wohin bei Problemen?
An wen können sich Bürger oder Polizisten selbst wenden, wenn sie Fehltritte bei Ordnungshütern beobachten? Die Grünen wollen eine unabhängige Beschwerdestelle schaffen. Nicht alle finden das gut.
Grüne wollen Polizeibeauftragten
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag fordert einen unabhängigen Polizeibeauftragten des Bundes, an den Polizisten und Bürger sich gleichermaßen wenden können, wenn sie Missstände feststellen oder Fehlverhalten beobachten. Die Fraktion begründet das in ihrem Antrag zum Einen mit der Verantwortung und der Vorbildfunktion der Polizei. Zum Anderen schildert sie die "weitgehend bekannte Gesamtproblematik", dass "im Bürgerkontakt gesetzliche Grenzen überschritten, unverhältnismäßige Gewalt ausgeübt, Menschenrechte verletzt oder einzelne Bürgerinnen und Bürger – beispielsweise im öffentlichen Raum – diskriminiert oder unangemessen behandelt werden". In der Debatte am 22. März unterstützten auch andere Fraktionen die Idee eines neuen Ansprechpartners. Union und AfD waren dagegen – und auch die SPD sah keinen Handlungsbedarf.
Grüne: Gute Gründe und viele Ausreden
Die Grünen-Abgeordnete Dr. Irene Mihalic ist selbst Polizistin. Sie betonte, wie wichtig ein unabhängiger Ansprechpartner sowohl für die Bürger als auch für Polizisten sei, die Missstände aufdecken wollten. Schon jetzt gebe es ähnliche Ansprechpartner bei der Polizei in den Bundesländern. Sie sehe keine überzeugenden Argumente gegen einen Beauftragten, sagte Mihalic, dafür aber viele Ausreden – von Seiten der CDU/CSU. Was genau es mit dem Unterschied zwischen Bundes- und Landespolizei auf sich hat und welche 19 Polizeieinheiten es in Deutschland gibt, das haben wir hier schon einmal ausführlich beschrieben.
FDP: Diskussion ist nicht neu – und berechtigt
Die Ansicht der Grünen teilen grundsätzlich auch Linke und FDP. So sagte Benjamin Strasser (FDP), ein unabhängiger Polizeibeauftragter könne durchaus ein "Element der Qualitätssicherung" sein und ein Instrument, das das Vertrauen der Bürger in die Polizei stärke. Ein Generalverdacht gegenüber der Polizei sei nicht angebracht, allerdings werde die Diskussion um den Umgang mit internen Problemen der Ordnungshüter schon lange geführt.
Linke: 98 Prozent der Anzeigen abgeschmettert
Für die Linksfraktion wies Niema Movassat auf verschiedene Beispiele von Polizeigewalt oder problematische Entwicklungen hin. Angesichts des Bekanntwerdens von Drohbriefen gegen eine Opferanwältin aus den Reihen der hessischen Polizei sei es nötig, "endlich" die Diskussion um "strukturelle Fehlentwicklungen in der Polizei" zu führen. Im Jahr 2014 seien 98 Prozent aller Verfahren gegen Polizisten eingestellt worden; eine Anzeige gegen Polizisten bringe nichts – das dürfe in einem Rechtsstaat nicht sein. Eine unabhängige Polizeibeschwerdestelle könne hier helfen.
SPD: Alles Einzelfälle
Alles Einzelfälle, meinte Susanne Mittag (SPD). Grundsätzlich sei es falsch, der Polizei strukturelle Probleme und Rassismus zu unterstellen. Die bekannten Fälle nimmt sie allerdings ernst, denn sie meinte, der Vorschlag der Grünen sei "an sich eine gute Idee" – allerdings gebe es bereits vergleichbare Anlaufstellen in den Ländern und bei der Bundespolizei. Ihrer Meinung nach sei es ausreichend, wenn bei Verfehlungen einer Polizeidienststelle eine andere dagegen ermittle, dazu brauche es keinen unabhängigen Beauftragten.
Union: Polizei ist untadelig
Klar gegen einen Polizeibeauftragten äußerten sich Union und AfD. So dankte Josef Oster (CDU/CSU) ausdrücklich allen Polizeibeamten und bemängelte, dass dieser Dank im Antrag der Grünen komplett fehle. Das sei Ausdruck eines grundsätzlichen Misstrauens gegenüber Polizei und Staat. Oster sieht kein polizeiliches Fehlverhalten, sondern stattdessen Probleme mit Angriffen auf Polizisten. Für den geforderten Beauftragten sieht er keinerlei Notwendigkeit.
AfD: Kein Bedarf
Für die AfD sagte Lars Herrmann, ehemaliger Polizist, der Antrag sei absurd und ein "bösartiger Angriff" auf die Polizei. Die sei "Feindbild" der Grünen. Da die Polizeien Sache der Länder seien, sei der Antrag auch verfassungsrechtlich schwierig. Die Polizei sei notwendig, um beispielsweise Atommülltransporte zu schützen. Für einen Polizeibeauftragten gebe es hingegen "weder Bedarf noch Notwendigkeit".
(DBT/ah)