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Laden-Besitzerin „Wenn fertig ist, dann ist halt fertig“

Eric Matt

Vor einem halben Jahr eröffnete Lara Goldgräbe ihr Lebensmittelgeschäft in Haslach. Gerade begann es zu laufen. Dann kam Corona. Der Laden liegt in einem Bahnhof – an schlechten Tagen kommen nur noch zwei Kunden.

Ladenbesitzerin sitzt auf dem Tresen ihres Öko-Ladens.

Zu Beginn der Krise habe sie „große Panik“ empfunden, sagt Lara Goldgräbe. Inzwischen hat sich das dank der Soforthilfen des Bundes etwas gelegt. © privat

Sie haben Ihren Lebensmittelladen „Eco am Bahnhof“ vor gut einem halben Jahr eröffnet. Wie lief das Geschäft bis zur Corona-Krise?

Aller Anfang ist schwer, in den letzten Monaten vor der Corona-Krise hat es sich aber deutlich gebessert. Nun aber hat sich auf einen Schlag alles verändert.

Wie groß sind die wirtschaftlichen Konsequenzen für Ihren Laden?

Seit Beginn der Corona-Krise habe ich einen Umsatzeinbruch von 40 bis 50 Prozent. An einem Tag hatte ich sogar nur zwei Kunden. Das war ein absoluter Tiefpunkt. Mein Geschäft liegt ja in einem Bahnhofsgebäude, das ist das größte Problem. Normalerweise kann ich immer davon ausgehen, dass nachmittags viele Berufspendler kommen und einkaufen gehen. Momentan aber ist es am späten Nachmittag wie ausgestorben.

Wie fühlen Sie sich in dieser belastenden Situation?

Ich muss ehrlich sagen, dass ich anfangs große Panik verspürt habe. Alles war unsicher und ich wusste nicht, wie es weitergehen würde. Das hat sich durch die Soforthilfen des Staates dann zum Glück etwas gelegt. Aber dennoch ist es natürlich eine angespannte Lage.

Wie lief der Kontakt mit den zuständigen Behörden für die Soforthilfe?

Ich habe Mitte März beim Land Baden-Württemberg Soforthilfen beantragt und diese auch sehr schnell bekommen. Es war ein reibungsloses Verfahren, das innerhalb von ein bis zwei Wochen bewilligt wurde. Aber ich weiß auch von einem Kollegen, dem diese Soforthilfen leider verwehrt wurden. Er hat einen Fahrradladen und da Fahrrad-Reparaturen, die den größeren Anteil seines Umsatzes ausmachen, weiter erlaubt sind, bekommt er keine Unterstützung.

Öko-Laden von innen

„Ich desinfiziere mehrmals am Tag die Türgriffe“, sagt Lara Goldgräbe. Fair gehandelte Masken hat sie sogar schon vor Corona in ihrem Laden verkauft. © privat

Haben Sie auch gezielte Hygienevorschriften von offizieller Seite bekommen?

Nein, überhaupt nichts. Das überrascht mich wirklich. Egal, ob von der IHK oder den zuständigen Behörden: Ich habe keinerlei Vorschriften oder Zusatzinformationen bekommen. Ich muss mich somit über Radio und Fernsehen selbst auf dem Laufenden halten.

Fühlen Sie sich da im Stich gelassen?

Im Stich gelassen würde ich nicht sagen, da ich persönlich selbst dazu in der Lage bin, mich eigenständig zu informieren. Dennoch finde ich dieses Verhalten irritierend und sehr fahrlässig, denn es macht es insgesamt schwieriger, eine möglichst effektive Eindämmung des Virus zu erreichen.

Was würden Sie sich hier von der Politik wünschen?

Man sollte versuchen, eine klare Linie zu fahren, sodass wir das Virus auch wirklich bekämpfen können. Dieses ständige Hin und Her zwischen Beschränkungen und Lockerungen verunsichert alle Bürger und Unternehmer. Der Lockdown hatte noch nicht einmal richtig begonnen, da wurde schon wieder über Lockerungen nachgedacht.

Was haben Sie denn selbst verändert, um Infektionen vorzubeugen?

Obwohl wir es auch früher in Sachen Hygiene genau genommen haben, wurde das jetzt natürlich noch verschärft. Ich desinfiziere mehrmals am Tag Türgriffe und Flächen, mit denen meine Kunden in Kontakt kommen könnten, und auch der Sicherheitsabstand wird natürlich penibel eingehalten.

Jetzt kommt auch noch die bundesweite Maskenpflicht hinzu.

Ganz genau, obwohl das für mich nichts Neues ist. Ich verkaufe in meinem Geschäft schon länger fair gehandelte Masken und habe diese die letzten Wochen auch schon öfters getragen. Insofern begrüße ich diese Maßnahme.

Außenansicht eines Ladens mit Aufschrift 'Bio'

Vor dem Laden ist es jetzt meistens leer. © privat

Sie bieten nicht nur Bio-Produkte an, sondern verkaufen viele dieser Produkte auch unverpackt. Ist das in Zeiten von Corona nicht problematisch?

Ich denke, dass ich einen guten Weg gefunden habe, indem nur noch ich die unverpackten Produkte abfülle und somit nicht jeder Kunde damit in Kontakt kommt. Davor desinfiziere ich mir selbstverständlich die Hände.

Haben Sie auf die veränderte Situation bereits mit konkreten Maßnahmen reagiert? Beispielsweise mit einem Lieferdienst, Online-Shop oder Ähnlichem?

Ich habe schon öfters darüber nachgedacht. Das Problem aber ist, dass ich noch keine allzu große Stammkundschaft habe und die Resonanz somit wohl recht bescheiden ausfallen würde.

Wie lange hält Ihr Geschäft diese Ausnahmesituation wohl noch aus?

Das ist schwer zu sagen, da ja keiner wirklich weiß, wie es weitergeht und wann die Pandemie zu Ende ist. Sollte der jetzige Zustand anhalten, denke ich, dass ich den Laden bis Ende September weiterführen könnte.

Haben Sie einen Plan B oder möchten Sie darüber noch gar nicht nachdenken?

Sollte es so weit kommen, wird mir diese Entscheidung abgenommen. Als Unternehmerin bin ich bei Zahlungsunfähigkeit schließlich dazu verpflichtet, Insolvenz anzumelden. Ganz plump formuliert: Wenn fertig ist, dann ist halt fertig.

Über Lara Goldgräbe

Lara Goldgräbe ist 26 Jahre alt und studierte Betriebswirtin. Vor ihrer Selbstständigkeit war sie stellvertretende Filialleiterin in einer Buchhandlung in Berlin. Nach ihrer Rückkehr in den Schwarzwald hat sie sich darüber geärgert, dass es im ländlichen Raum so schwer ist, nachhaltig zu leben, weshalb sie sich dazu entschlossen hat, selbst aktiv zu werden und ihren Öko-Laden zu eröffnen.

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
Mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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