Airlines Streit um Billigflieger
Nils Hummel
Für 13 Euro nach London? Damit Airlines solche Flugpreise anbieten können, schuften ihre Mitarbeiter oft unter schlechten Bedingungen. Das kritisiert die Linksfraktion und fordert mehr Mitbestimmung für Piloten, Flugbegleiter und Co. Nils erklärt, worum es geht.
Für 13 Euro nach London
Es ist einfach zu verlockend: Der nächste Urlaub steht an, am besten weit weg. Da kommt dann meist doch nur das Flugzeug in Frage. Und teuer muss es mittlerweile ja nicht mehr sein. Denn es gibt sogenannte Billigflieger. Gerade einmal rund 13 Euro kostet ein Zwei-Stunden-Flug von Frankfurt am Main nach London, wenn man Glück hat. Da kommt man gar nicht auf die Idee, sich zu fragen, wie sich solche Preise überhaupt zusammensetzen.
Beschäftigte leiden?
Die Links-Fraktion hat genauer hingeschaut und kommt zu dem Ergebnis: Das geht nur "auf dem Rücken der Beschäftigten und auf Kosten der Flugsicherheit". Die Abgeordneten setzten daher kürzlich im Bundestag das Thema Billigfluglinien auf die Tagesordnung. Konkret ging es um die Fluggesellschaft Ryanair.
Dass die irische Fluggesellschaft ihre Mitarbeiter zum Teil auf inakzeptable Art und Weise behandele – darin waren sich die Fraktionen bei der Debatte am 19. Oktober einig. Was jedoch die Politik dagegen tun könne, darüber herrschte Uneinigkeit.
Anlass der Debatte war ein Antrag der Links-Fraktion. Sie will die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiter von Luftfahrtunternehmen stärken und das Streikrecht beim Anbieter Ryanair ausbauen.
"Billig-Airlines" mischen den Markt auf
Ryanair, Easyjet und Germanwings – alles Namen von Flugairlines, die uns täglich, nicht zuletzt auch in den Nachrichten, begegnen. Und diese Airlines haben sich ein klares Ziel gesetzt: die Eroberung der (deutschen) Marktanteile in der Flugbranche.
1992 wurde der europäische Luftverkehr liberalisiert: Die Zulassungsbedingungen für Fluggesellschaften wurden vereinheitlicht, Beschränkungen und Preisvorgaben fielen weg. Das galt erst nur EU-weit, später kamen auch andere Flugziele hinzu.
Mit niedrigen Preisen breitete sich beispielsweise Ryanair nun zunächst innerhalb des britischen Marktes aus. Doch schnell konnten die Airline ihr Angebot europaweit ausweiten. Und diese Strategie funktioniert bis heute, wie eine Umfrage von Ryanair zeigt. 48 Prozent der Ryanair-Passagiere sind von anderen Airlines zum irischen Billigflieger gewechselt, 37 Prozent von Auto oder Bahn – und zwar oft aufgrund des Preises.
13 Euro plus x
Ganz so preiswert wie sie auf den ersten Blick scheinen sind die Tickets der Billig-Airlines übrigens oft nicht. Es lauern manchmal versteckte Kosten, die während oder nach der Buchung den Preis doch noch schnell in die Höhe treiben können.
Während bei Airlines wie Lufthansa ein großer Koffer und die Sitzplatzreservierung meist im Preis inbegriffen sind, ist das bei Billigfliegern nicht selbstverständlich. Wenn man zu zweit oder dritt bucht, werden die Sitzplätze zufällig ausgesucht. Um garantiert zusammenzusitzen oder um vielleicht an einem Fensterplatz die Aussicht zu genießen, muss man oft draufzahlen – zum Teil mehr als den eigentlichen Flugpreis.
Extra zahlen müssen Fluggäste auch für Snacks und Getränke. Und auch Umbuchungen sind bei den Billig-Linern in der Regel teuer. Die Extrakosten, die Airlines so den Passagieren aufbrummen, machen insgesamt etwa 25 Prozent des gesamten Umsatzes aus.
Warum so preiswert?
Ryanair und Co. sparen allerdings auch Kosten. So starten und landen sie oft nicht auf den bekannten internationalen Airports, sondern auf kleineren Provinzflughäfen, wo die Gebühren niedriger sind.
Hinzu kommt: Während deutsche Airlines sich an deutsche Arbeitsgesetze halten und sie nach hiesigem Recht Steuern bezahlen müssen, wird Ryanair zum Beispiel nach irischem Recht behandelt. Dort gelten für Urlaub, Kündigungsfrist oder Probezeiten andere Regelungen.
Zudem greift Ryanair auf Leiharbeiter zurück, was aus Sicht der Links-Fraktion problematisch ist. Den zwischengeschalteten Verleihfirmen fehlten die notwendigen Lizenzen, sie seien also nicht von deutschen Behörden zur Arbeitnehmerüberlassung zugelassen, hatten die Linken nach einer entsprechenden Auskunft des Bundesarbeitsministeriums im Oktober erklärt.
"Wir zahlen die Zeche"
Bernd Rützel (SPD) zitierte in der Debatte im Bundestag eine Flugbegleiterin so: "Wenn ihr glaubt, ihr könnt für 20 Euro irgendwohin fliegen, dann nur deshalb, weil wir für euch die Zeche bezahlen. Weil man beim Flugzeug nicht einen Flügel weglassen und am Material sparen kann, weil das Ding dann nicht mehr fliegt, wird bei den Menschen gespart."
Die Forderungen
Gewerkschaften aus ganz Europa, darunter auch Deutschland, fordern daher von dem irischen Unternehmen eine Anwendung des jeweiligen nationalen Arbeitsrechts und damit auch einen Tarifvertrag in Deutschland. Tarifverträge sind Abmachungen zwischen einzelnen Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden auf der einen Seite und Gewerkschaften als Vertreter der Arbeitnehmer auf der anderen Seite. Darin sind Regelungen zu Löhnen, Urlaubsansprüchen oder Kündigungsfristen festgehalten.
Zudem fordern deutsche Gewerkschaften, dass es Betriebsräte auch für Beschäftigte im Flugbetrieb geben soll. Das Gesetz sieht eine Beschäftigtenvertretung für solche Arbeitnehmer zwar schon als Möglichkeit vor - das greift aber nur, wenn die Geschäftsleitung einverstanden ist.
Was will die Linke?
Hier setzt die Kritik der Links-Fraktion an. "Die Strategie von Ryanair, sich so weiterhin Wettbewerbsvorteile auf dem Rücken der Beschäftigten und auf Kosten der Flugsicherheit gegenüber anderen Wettbewerbern zu verschaffen, darf nicht zum Erfolg führen", heißt es in dem Antrag. Pascal Meiser führte in der Debatte weiterhin aus: "Auch das grundgesetzlich garantierte Streikrecht wird ganz offen torpediert – mit Lügen, Einschüchterungen und Abmahnungen."
Die Linke verlangt von der Bundesregierung konkret die Streichung eines Paragrafen im sogenannten Betriebsverfassungsgesetz. Dadurch sollen die in Deutschland stationierte Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen uneingeschränkte betriebliche Mitbestimmungsrechte erhalten.
Geteilte Meinungen
Der Antrag stößt in den anderen Fraktionen auf geteilte Meinungen. Wilfried Oellers (CDU/CSU) ist bislang noch nicht von dem Vorhaben der Linken überzeugt, will sich den Vorschlag jedoch noch einmal gründlich anschauen. Die AfD-Fraktion kritisierte die Gewerkschaften, die "ihren Job nicht machen" und lehnt deshalb den Antrag ab.
Die FDP sieht in dem Linken-Antrag die "Untergrabung" der Sozialpartnerschaft. Heißt: Die ganze Sache ist zwischen den "Sozialpartnern", also Unternehmen und Gewerkschaften auszuhandeln, sie gehe den Staat nichts an. Unterstützung erhalten die Linken von den Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen.
Wie geht es weiter?
Der Antrag der Fraktion der Linken wurde erst einmal an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen. Dort wird er jetzt weiter beraten. Die ausführliche Debatte im Plenum könnt ihr euch hier in der Mediathek anschauen.
Nils Hummel
Nils Hummel
ist Schüler