Zum Inhalt springen

Wilde Tiere Neue Regeln für Handel und Haltung

Der Handel mit wilden Tieren boomt. Einige Fraktionen sehen darin eine Gefahr für weitere Pandemien. Denn auch das Corona-Virus soll ursprünglich von einem wilden Tier stammen. Was will die Politik ändern?

Waschbär

Niedlich – aber gefährlich? Marderhunde könnten für die Übertragung von Corona-Viren auf den Menschen verantwortlich sein, vermuten Wissenschaftler. ©picture alliance / Zoonar/Jakub Mrocek

Wir Menschen rücken wilden Tieren immer mehr auf die Pelle. Viele Forscher sagen: Das ist nicht nur schlecht für die Tiere, sondern auch für uns. Weil der Mensch dem Lebensraum wilder Tiere immer näherkomme, gebe es mehr Krankheiten wie Tollwut, Ebola und die Vogelgrippe, vermuten die Experten.

Diese Krankheiten stammen nämlich ursprünglich von Tieren, man nennt sie „Zoonosen“. Das Wort leitet sich aus dem Griechischen ab: „zoon“ bedeutet Lebewesen, „nosos“ Krankheit. Die Bakterien, Parasiten, Pilze oder etwa Viren springen auf den Menschen über, wenn er mit kranken Tieren in Berührung kommt oder Tiere isst, die die Erreger in sich tragen.

Das Problem mit Wildtieren

Rund drei Viertel aller neuen Infektionskrankheiten sind Zoonosen. Die meisten von ihnen stammen von wilden Tieren. Das vermuten Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auch beim Corona-Virus. Sie denken, es könnte von Fledermäusen stammen und dann von anderen Wildtieren wie Marderhunden auf den Menschen übertragen worden sein. Der weltweite Handel mit Wildtieren gilt daher als Risiko für die Verbreitung der Krankheiten auf der Welt.

Ob Landschildkröten, Riesenschlangen oder exotische Papageien – auch in Deutschland werden jedes Jahr hunderttausende Wildtiere gehandelt. Deshalb fordern die Fraktionen CDU/CSU und SPD, FDP sowie Bündnis 90/Die Grünen neue Regeln für den Handel und das Halten von Wildtieren. Ende November 2020 stand das Thema erstmals auf der Tagesordnung des Bundestages, jetzt befasst sich der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit mit den Anträgen.

Was fordern die Fraktionen?

CDU/CSU und SPD sagen: Artenvielfalt und Gesundheit hängen zusammen. In ihrem Antrag heißt es, vor allem die stärkere Nutzung bislang ungestörter Lebensräume begünstige Zoonosen, aber auch der Wildtierhandel. Der sei außerdem sehr undurchsichtig. Zum Beispiel sei oft nicht klar, ob ein Tier aus der Natur stamme, man nennt das „Wildfang“, oder aus einer Zucht. Die Antragsteller fordern unter anderem, Tierhalter müssten besser über die Haltung aufgeklärt werden, es brauche mehr Regeln für Tierbörsen und bessere Kontrollen für den Onlinehandel sowie ein Verbot von Wildfängen.

„Bessere Regeln, statt Verbote“ fordert hingegen die FDP in ihrem Antrag. Ein generelles Handelsverbot von Wildtieren und Exoten gehe an der Lebenswirklichkeit vorbei. So zählten zum Beispiel Papageien zu den Wildtieren, auch wenn sie meist seit vielen Generationen gezüchtet würden. Außerdem verlagere ein Verbot den Handel in die Illegalität, wo er schwerer zu kontrollieren sei. Die FDP fordert stattdessen: „Der Wildtierhandel muss sich in Zukunft unbürokratisch, aber leicht und umfassend kontrollierbar in legalen Bahnen bewegen.“ Nur so ließen sich seine Risiken wirksam eindämmen. Das erfordere eine europaweite, womöglich weltweite Zusammenarbeit.

Um das Risiko für Zoonosen zu verringern, machen sich die Grünen in ihrem Antrag unter anderem dafür stark, den illegalen Wildtierhandel zu bekämpfen und den legalen einzudämmen. Außerdem sagen sie: Weil das Eindringen in die Lebensräume wilder Tiere neue Krankheiten begünstige, müsse die Regierung Naturschutz auch als Gesundheitsschutz begreifen und sich für den Erhalt der Artenvielfalt und den Schutz weltweiter Ökosysteme einsetzen.

Grüne fordern mehr Tempo

Nicht die Natur sei die Ursache der Corona-Pandemie, sagte Steffi Lemke (Grüne). „Sondern eher die Naturzerstörung.“ Man müsse die Katastrophe zum Anlass nehmen, um mehr und bessere Vorsorge zu treffen. Sie forderte: Die Verdrängung und Zerstörung von Natur müsse reduziert und dem Thema international mehr Bedeutung beigemessen werden.

Darüber hinaus müsse der internationale Wildtierhandel dringend begrenzt und eingeschränkt werden – zum Schutz der Artenvielfalt ebenso wie aus Tierschutzgründen und zum Schutz vor Pandemien. Die Regierung habe ihren Handlungsauftrag bislang verschlafen, kritisierte die Abgeordnete. „Wir brauchen mehr Tempo und mehr Handeln, nicht bloß Absichtsbekundungen.“

CDU/CSU: „Exoten sind in“

Die CDU/CSU-Fraktion sieht besonders beim Thema Wildtiere Handlungsbedarf: Der Wildtierhandel sei „weitgehend unreguliert und stark abhängig von Wildfängen“, sagte Klaus-Peter Schulze. Und die EU einer seiner Hauptabsatzmärkte. Auch Fraktionskollegin Silvia Breher meinte: „Exoten sind in.“ Immer öfter würden sie als Modetiere schnell auf einer Tierbörse mitgenommen oder im Internet bestellt.

Deshalb brauche es verbindliche Mindeststandards für den Verkauf von Wildtieren, ein Verbot von Wildfängen auf Tierbörsen und neue Regeln für den Onlinehandel. Vor allem aber gehe es um mehr Information: Wer sich für ein exotisches Tier entscheide, müsse wissen, worauf er sich einlasse. „So einfach, so ahnungslos darf die Haltung von Tieren, von Exoten in Deutschland einfach nicht bleiben“, sagte Silvia Breher in der Aussprache.

SPD: „Ein weltweites Milliardengeschäft“

Je enger der Mensch den wilden Tieren auf den Leib rücke, desto größer sei die Gefahr, sagte Carsten Träger (SPD). Weil das ein weltweites Problem sei, könne es auch nur in Gemeinschaft gelöst werden. Er forderte unter anderem ein EU-Verbot für den Import von Arten, die in ihren Heimatländern unter Schutz stehen und eine internationale Verfolgung und Bekämpfung von Wildtierkriminalität.

Fraktionskollegin Susanne Mittag sagte: „Der Handel mit Tieren und insbesondere der illegale Handel ist ein weltweites Milliardengeschäft.“ Das mache ihn für die organisierte Kriminalität sehr interessant. Corona habe bewirkt, dass das Thema stärker in die Wahrnehmung geraten sei.

AfD: Register für Halter und Züchter

Gegenwind kam von der AfD-Fraktion. Jan Ralf Nolte sagte: Wildfänge pauschal für Tierbörsen und den Onlinehandel zu verbieten, sei falsch. „Private Halter leisten einen Beitrag zum Arterhalt, den Zoos alleine so nicht leisten können.“

Der AfD-Abgeordnete forderte: Die Haltung der Tiere müsse sinnvoll geregelt und artgerecht sein. „Aber hören wir auf, die Exotenfreunde in Deutschland als Risiko zu betrachten. Sie sind eine Chance für den Artenerhalt.“ Die AfD wolle deshalb einen eigenen Antrag zu dem Thema einbringen und darin unter anderem ein bundesweites Melderegister für Exotenhalter und Züchter fordern.

FDP: „Regulieren und transparent machen“

Beim Thema Wildtiere sei Deutschland „nach wie vor völlig unterbelichtet“, sagte Judith Skudelny. Mit ihrem Antrag wolle die FDP-Fraktion den Handel und das Halten von Wildtieren „erstmals richtig und umfassend regulieren und transparent machen.“ Skudelny forderte unter anderem, geschützte Wildtiere digital zu dokumentieren und Tierhalter besser über die Gefahren aufzuklären.

Allerdings, sagte Skudelny, sei das Corona-Virus nicht mit einem Tier nach Deutschland gekommen, sondern mit einem Menschen. Der Schlüssel zum Erfolg laute deshalb: Aufklärung und internationale Zusammenarbeit.

Linke fordert striktes Regelwerk

Kirsten Tackmann (Die Linke) kritisierte: Beim Wildtierhandel werde das Infektionsrisiko bisher nahezu komplett ausgeblendet. Die Linksfraktion fordere deshalb ein striktes Regelwerk. Dabei gehe es nicht darum, das Halten von Wildtieren generell zu verbieten. Das trage schließlich zum Artenschutz bei und verdiene „Respekt und Anerkennung“.

Allerdings kenne sie auch die „riskanten und dunklen Seiten des Handelns mit Wildtieren“, sagte Tackmann. Unter anderem sei der Handel unreguliert und es gebe viele Wildfänge. Die Linksfraktion forderte deshalb bereits 2020, den Import wilder Tiere so lange auszusetzen, bis es bessere Regeln gebe.

Die ganze Debatte findet ihr auch auf bundestag.de oder im Video.

Du hast auch Lust, bei uns mitzumischen?

Schreib für uns!

Mehr zum Thema