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Berufsausbildung Was junge Leute erwarten

Sie lieben ihre Eltern und sind ein bisschen politischer als ihre Vorgänger, erfuhren die Mitglieder der Enquete-Kommission zur Berufsbildung. Außerdem seien der jungen Generation weiche Faktoren wichtiger als Geld.

Menschen in einem Cafe.

Was junge Berufstätige wollen: Spaß am Job, Privatleben, erst an dritter Stelle viel Geld. © picture alliance

Die Zielgruppe im Bundestag

Wie tickt sie eigentlich, diese Jugend? Um diese Frage zu beantworten, lud sich die Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" am 1. April unter anderem zwei Experten ein: einen Ex-Azubi und eine Auszubildendenvertreterin. Von den beiden wollte die Kommission erfahren, was sie von ihren Berufen erwarten. Und welche Rolle Ansehen, Gehalt, Work-Life-Balance und so weiter spielen.

Auszubildende gesucht

Doch erst einmal ging es um die Probleme der Wirtschaft und nicht die der Jugend. Thomas Weise von der Industrie- und Handelskammer der Region Stuttgart sagte: "Die Betriebe in unserer Region tun sich schwer, geeignete Auszubildende zu finden." Das sei für ihn einer der Gründe, warum er mehr über junge Menschen und deren Berufswahl wissen möchte - damit die Unternehmen darauf reagieren können und attraktiver werden.

Flachen Hierarchien und Abwechslung

Marc Calmbach hat junge Leute sogar wissenschaftlich "vermessen". Im Rahmen der IHK-Jugendstudie des Sinus-Instituts aus dem Jahr 2014 wurden über 1.000 Internetnutzer zwischen 14 und 24 Jahren befragt. Auffällig sei, so Calmbach, dass die weichen Faktoren bei den befragten Jugendlichen deutlich wichtiger gewesen seien als die monetären. Heißt: An erster Stelle stehen der Spaß an der Tätigkeit, die Vereinbarkeit mit dem Privatleben und die Übereinstimmung des Berufs mit den eigenen Fähigkeiten. Erst danach äußerten die Befragten, sie würden auch gern viel Geld verdienen. In den Unternehmen seien ihnen Betriebsklima und Karriereaussichten sowie flache Hierarchien und abwechslungsreiche Aufgaben wichtig.

Nicht nur Ansprüche

Und was finden die jungen Berufstätigen überhaupt nicht gut? Veraltete Technik am Arbeitsplatz, viele Überstunden, Arbeit am Wochenende sowie Tätigkeiten, die mit dem eigenen Aufgabengebiet nichts zu tun haben. Aber, so Calmbach, die Jugend hat nicht nur hohe Ansprüche: "Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse, dass sehr viele junge Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und sich weiterzubilden", berichtete er.

Y und Z

Die regelmäßigen Shell-Jugendstudien gelten als Gradmesser für die junge Generation. Klaus Hurrelmann, der Autor dieser Studien, sortierte die Jugendlichen erst mal in ganz junge und etwas weniger junge Leute – die Generationen Y und Z. Die Vertreter der Y-Generation seien zwischen 1985 und 2000 geboren und digital aufgewachsen. Alle Studien zeigten, dass diese Menschen viele Dinge pragmatisch angingen: flexible Entscheidungen, eine offene Haltung, aber auch Sondieren und Taktieren gehörten zu ihren prägenden Eigenschaften– auch, weil diese Generation wisse, dass nichts sicherer sei als die Unsicherheit.

Politisch aber nicht rebellisch

Gleichzeitig dränge nun die Generation Z (also die nach dem Jahr 2000 Geborenen) auf den Arbeitsmarkt. Aufgrund des Fachkräftemangels müssten die nicht mehr um ihre Jobs zittern. Dadurch seien sie auch politischer als noch die Generation Y, sagte Hurrelmann. Andererseits seien diese Jugendlichen so wenig rebellisch und sehr eng mit der Familie verbunden wie kaum eine Generation zuvor: "So dicht wie heute war die Bindung an die Eltern selten".

Abitur ist Standard-Abschluss

Aber nun zur Berufsbildung, um die es ja eigentlich gehen sollte. "Dass weniger junge Menschen das Abitur ablegen werden, ist ein Irrglaube", so Hurrelmann. Das Abitur sei immer mehr der Standard-Abschluss. Allerdings hält er das für keine negative Tendenz. Aber: Die berufliche Bildung müsse deshalb verstärkt in die Gymnasien dringen, betonte er. Heißt: Auch dort ist der Nachwuchs zu finden, nicht nur in den Haupt-, Real-, Mittel- und sonstigen Schulen.

Die Jugendvertreter

Magdalena Krüger, Auszubildendenvertreterin und stellvertretende Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung von Hilton Hotels München, sagte: "Für mich war nach dem Abitur das Argument, finanziell unabhängig zu werden, ausschlaggebend für die Ausbildung."

Matthias Weingärtner, Schüler an einer beruflichen Oberschule und Absolvent einer Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann, erzählte, ihm habe der Beruf nach dem Realschulabschluss gut gefallen, und die flachen Hierarchien seines Arbeitgebers hätten ihn überzeugt. Die Eltern der beiden hätten ihnen in die Berufswahl nicht reingeredet, sagten die beiden, Magdalena meinte jedoch: "Meine Freunde haben allerdings alle sehr klar ein Studium angestrebt und waren weniger begeistert davon, dass ich mich für die Hotelfachfrau-Ausbildung entschieden habe."

Veraltete Inhalte und einseitige Ausbildung

Aber es gab auch kritische Punkte: Die Inhalte an den Berufsschulen seien oftmals veraltet gewesen, erklärte Magdalena den Kommissionsmitgliedern. Zudem habe sie den Eindruck, dass sehr betriebsspezifisch ausgebildet und weniger Wert auf ein überbetriebliches Verständnis von Prozessen gelegt werde. Wenn E-Learning eingesetzt werde, fehle es zudem oftmals an einem pädagogischen Konzept, meinte sie.

Matthias stellte eine Leistungsbewertung in Form von Zeugnisnoten in Frage. Er plädierte für eine Art Beurteilung, die den Azubis mehr Hinweise auf ihre Stärken und Kompetenzen gebe und individueller gestaltet sei.

(DBT/ah)

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