Bildung Vorstoß für eine digitale Universität für Europa
Eric Matt
Eine umfassende digitale Universität für ganz Europa, das möchte die FDP-Fraktion – auch, damit Studenten Geld und Zeit sparen. Die anderen Fraktionen des Bundestages sind skeptisch.
Ein Kurztrip zum Eiffelturm in Paris, ein Ferienjob in Italien oder auch ein Studium in Bulgarien – die offenen Grenzen innerhalb der Europäischen Union machen das möglich. Jedenfalls in Nicht-Corona-Zeiten.
Diese Durchlässigkeit sollte nicht nur für die analoge, sondern auch für die digitale Welt im Bereich der Bildungspolitik gelten. So sieht das zumindest die FDP-Fraktion und hat einen Antrag für eine Digitale Europäische Universität in den Bundestag eingebracht.
Was ist die European Digital University?
In ihrem Antrag fordert die FDP-Fraktion die Bundesregierung auf, sich für die Gründung einer „European Digital University“ (EDU) einzusetzen. Damit greift sie eine Idee des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf, die dieser 2017 formuliert hatte.
Die FDP-Fraktion möchte „allen Europäerinnen und Europäern einen direkten, ortsunabhängigen Zugang zur besten Lehre des Kontinents“ verschaffen. Von überall hätten Studenten dann online Zugriff auf digitale Vorträge, Bücher und andere Inhalte, per Chat und Videogespräch könnten sie sich an den Vorlesungen und Seminaren beteiligen.
Das würde Zeit und Geld sparen. Wer etwa aktuell in Brüssel, Paris oder Barcelona studieren möchte, muss sich mit viel Aufwand eine Wohnung dort suchen, sie sich leisten können und auch umziehen.
Zugang für alle
Der FDP geht es auch darum, den Kreis der Studenten zu erweitern. Jeder soll sich einschreiben können – unabhängig von der persönlichen Lebenssituation, der sozialen und geografischen Lage. Die EDU könne zum Erststudium oder auch zur Weiterbildung genutzt werden. Es sei dann egal, ob man eine 45-jährige Chemikerin aus Warschau, ein 21-jähriger Maschinenbaustudent aus Berlin oder eine 52-jährige Erzieherin aus Paris sei. Durch die neue digitale Uni könnte jeder „ganz flexibel auf Lehrangebote der renommiertesten Professorinnen und Professoren ganz Europas“ zugreifen, formuliert es der FDP-Abgeordnete Jens Bandenburg. Die European Digital University stärke so „den gemeinsamen, grenzüberschreitenden Debattenraum und die europäische Identität“.
Die EDU soll dabei keine Konkurrenz, sondern eine zentrale Erweiterung des europäischen Hochschulnetzwerks sein, schreibt die FDP in ihrem Antrag. In Kooperation mit staatlichen und privaten Hochschulen aller Mitgliedstaaten der EU biete sie eine einzigartige Plattform für Lehrende und Lernende.
Der falsche Weg?
Andreas Steier von der CDU/CSU-Fraktion sieht das Vorhaben kritisch: „Eine europäische Hochschule für Digitalisierung, wie die FDP sie vorschlägt, ist aus meiner Sicht der falsche Weg; denn sie schafft mehr Bürokratie, mehr Verwaltung und parallele Strukturen.“ Er plädierte dafür, die Zusammenarbeit von Universitäten und Hochschulen in Europa weiter auszubauen und sie stärker zu vernetzen.
Auch AfD-Politiker Marc Jongen ist gegen die Einführung einer digitalen europäischen Universität. Unter anderem verwies er darauf, dass der Lockdown während der Corona-Krise gezeigt habe, „dass der Mensch als soziales Wesen auf reale Präsenz und Austausch auch beim Lernen nicht verzichten kann.“
„Fantasiewesen hinterherjagen“
Wiebke Esdar (SPD) glaubt nicht, dass das Vorhaben umsetzbar ist, da es zu viele offene Fragen gebe, etwa bei der Finanzierung. Die SPD sei gegen den Antrag, da man keinen „Fantasiewesen hinterherjagen, sondern Politik für die Menschen machen“ sollte.
Nicole Gohlke (Die Linke) sagte, dass eine internationale Universität eine schöne Vision sei. Der Antrag der FDP aber stelle eine „Mogelpackung“ dar, da sie gar keine neue Hochschule gründen, sondern lediglich bereits bestehende vernetzen wolle.
Grünen-Abgeordnete Anna Christmann äußerte, dass sie den „Vorschlag der europäischen Digitaluniversität irgendwie charmant“ finde, er aber einen Umweg zu dem eigentlichen Ziel darstelle. Sie erklärte, dass es jetzt sofort einer Digitalisierung und Europäisierung der Hochschulen bedürfe.
Die Debatte der Abgeordneten könnt ihr im Video anschauen:
Eric Matt
... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.